Katrin Eders Kehrtwende
Wolf bald im Jagdrecht – doch die Debatten gehen weiter
Der Wolf, hier in einem Wildpark aufgenommen, ist in Rheinland-Pfalz ein Politikum - und bleibt es vorerst wohl auch.
Philipp Schulze. picture alliance/dpa

Grünen-Umweltministerin Katrin Eder beugt sich dem politischen Druck und will den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen. Doch was bedeutet das überhaupt? Und was ändert sich konkret? Reaktionen und Einordnungen.

Immer dann, wenn der Wolf wieder reißt, kochen die Emotionen hoch. Nicht nur bei betroffenen Tierhaltern. Die insgesamt etwa acht erwachsenen Wölfe im Land werden schnell zum Politikum. So auch beim jüngsten Fall in der Eifel, als mutmaßlich ein Wolf ein gerade geborenes Kalb tötete. Für die CDU war klar: Das Raubtier solle bejagt und nicht betreut werden. Eine „Trendwende Wolf“, forderten die Christdemokraten wie zuvor auch häufig schon die Freien Wähler.

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) hatte sich in der Vergangenheit immer gegen schnellere Abschüsse gewehrt. Ebenso, den streng geschützten Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Doch nun die Kehrtwende. Am Mittwoch sagte Eder, dass der Wolf nun doch ins Jagdrecht soll. Das Ende des Politikums?

Zuletzt war nicht nur der Druck aus der Opposition wieder größer geworden. Auch innerhalb der Ampel forderte vor allem FDP-Mann Marco Weber, der zugleich Bauernpräsident ist, ein schärferes Vorgehen. „Endlich“, sagte Weber am Mittwoch – „unsere Argumente haben überzeugt.“ Auch die Interessengemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (IGJG) sieht sich bestätigt: „Nicht nur für die Tierhalter in den Mittelgebirgsregionen, sondern auch für die Grundeigentümer und Jagdgenossen ist dies ein wichtiges Signal, dass ihre Sorgen endlich von der Politik wahrgenommen werden“, erklärte der Vorsitzende Josef Schwan.

Keine realen Konsequenzen für den Wolf

Dass sich Eder dem Druck nun beugt, hat für die Wölfe aber zunächst gar keine realen Konsequenzen. Der Schritt ist eher als politisches Symbol zu sehen. Denn entscheidend dafür, ob ein Wolf abgeschossen werden darf, ist nicht das rheinland-pfälzische Jagdrecht. Zumal das neue Gesetz noch nicht einmal im Landtag war und nach Verabschiedung eine einjährige Schonfrist gelten soll.

Der Wolf ist nach EU- und Bundesregeln weiter ein streng geschütztes Tier. Zum Abschuss freigegeben wird er derzeit nur nach Einzelfallprüfung und wenn er Schutzzäune überwunden und gerissen hat. Wie hoch die Hürden sind, zeigte sich zuletzt im Fall eines Tieres aus dem Westerwald, dessen Abschuss von einem Gericht gestoppt wurde.

„Wir haben gegen sechs Abschussgenehmigungen geklagt und alle sechs Klagen gewonnen“, hatte der Vorsitzende der im Westerwald ansässigen Naturschutzinitiative (NI), Harry Neumann, kürzlich bei einer Veranstaltung gesagt. „Entschieden haben darüber die Gerichte, nicht wir als Verband. Wenn es aber zu ernsthaften Problemen käme, würden wir in den sauren Apfel beißen und einer Entnahme zustimmen – die Kriterien waren jedoch noch nie erfüllt.“

Für den Naturschutzbund Nabu Rheinland-Pfalz ist Eders Schritt einer in die falsche Richtung. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht täusche scheinbare Sicherheit vor, kritisierte die Nabu-Landesvorsitzende Cosima Lindemann. Im schlimmsten Fall könne dies sogar zu mehr Rissen von Nutztieren führen – und zwar, wenn das Vertrauen auf einen möglichen Abschuss dazu führe, dass noch häufiger auf Maßnahmen zum Herdenschutz verzichtet werde. „Auch können Wölfe an ungeeigneten Zaunanlagen ihr Jagdverhalten trainieren und lernen, diese zu überwinden.“

Der umwelt- und forstpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nico Steinbach, teilte mit, dem Dialog mit den Jägern komme für die praktische Umsetzung eine elementare Rolle zu. Steinbach ergänzte: „Heute ist ein guter Tag für den ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz.“ Die AfD sprach von einem längst überfälligen Schritt.

„Der Wolf ist für den ländlichen Raum ein zunehmendes Problem. Die Jägerinnen und Jäger stehen hierbei zu ihrer Verantwortung gegenüber unseren Partnern vor Ort, und wir stehen insbesondere den betroffenen Landwirten bei. Wir wollen aber auch nicht zum Sündenbock werden.“
Dieter Mahr, der Präsident des Landesjagverbands Rheinland-Pfalz

Auch der Landesjagdverband, der bislang alle Entwürfe des neuen Jagdgesetzes vehement angegangen war, sieht durch das nun vorgesehene spätere Inkrafttreten der Novelle Raum und Zeit, um alle noch offenen Fragen auch zum Wolf sorgfältig zu klären. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht sei zwar im Grundsatz positiv, allerdings dürften die Jäger nicht zum Sündenbock werden, betonte Präsident Dieter Mahr. Der Verband hat mit Blick auf den Wolf klare Forderungen, teilte er weiter mit. Insbesondere dürften die Mittel der Jagdabgabe keine Verwendung für den Wolf finden. Außerdem brauche es klare Regelungen in Bezug auf die gesetzlich vorgeschriebene Hegepflicht.

Mehr Abschüsse von Problem-Wölfen könnte es erst dann geben, wenn EU und Bund den Schutzstatus senken, was laut Umweltministerium bald passieren dürfte. Das neue Jagdrecht regelt allerdings auch dann nur, wie der Wolf in der Praxis geschossen werden darf — nämlich von Jägern, was bislang nicht so ist. Dass der Wolf in Rheinland-Pfalz heimisch ist, werde durch das neue Jagdgesetz sogar betont, sagt die Umweltministerin. Das Raubtier bleibt also ein Politikum.

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