Was ist die wichtigste Voraussetzung, um dem fortschreitenden Artensterben entgegenzuwirken? Wenn es nach Susanne Müller geht, dann ist es das Bestimmen von Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Die promovierte Biologin erklärt: „Nur wenn bekannt ist, welche Arten verschwinden, können die Auswirkungen auf die ökologischen Zusammenhänge bewertet werden.“ Müller gehört einer Gruppe aus Fachleuten an, die bei der Stiftung Natur und Umwelt (SNU) Rheinland-Pfalz das Projekt „ArtenWissen RLP“ ins Leben gerufen haben. Ziel ist es, Kurse und Initiativen zur Ausbildung von Artenkennern zu bündeln und zentral zu koordinieren. Da das im März dieses Jahres gestartete Projekt nun seit etwas mehr als einem halben Jahr existiert, zog die SNU erstmals ein Zwischenfazit.
„Wir wollten eine zentrale Anlaufstelle für all jene schaffen, denen Artenvielfalt und Artenkenntnis wichtig sind und die entweder mehr Wissen auf diesem Gebiet erwerben oder aber ihre Kompetenzen an andere weitergeben wollen“, blickt Jan Schmitt zurück, der das Projekt federführend begleitet. „Nach einigen Monaten stellen wir fest, dass die Nachfrage nach unseren Kursen sehr groß ist. Eine Herausforderung besteht allerdings darin, genügend Referenten mit entsprechender Ausbildung zu finden“, lautet sein Resümee. Viel Lob erhalte die SNU zudem von Natur- und Umweltschutzverbänden aus ganz Rheinland-Pfalz.
Stiftung wünscht sich mehr Artenkenner
Die Projektverantwortlichen betonen, dass ArtenWissen RLP ein Angebot für jedermann sei. Verschiedene Niveaustufen ermöglichen dem Naturinteressierten ohne jegliche Vorkenntnisse ebenso eine Teilnahme wie dem Experten, der über berufliches Know-how in der Artenlehre verfügt. In den Schulferien finden außerdem Kurse für Kinder statt. „Für eine fundierte Erfassung der Artenbestände benötigen wir mehr Menschen, die über entsprechendes Wissen verfügen. Deshalb ist unser Adressatenkreis derart groß. Wir wollen den Weg zur Stärkung der Biodiversität gemeinsam mit der gesamten Gesellschaft gehen“, stellt Schmitt klar.
Der Rückgang der Artenvielfalt ist nichts Abstraktes, sondern etwas, das wir hier vor Ort beobachten können.
Biologin Susanne Müller
In Zusammenarbeit mit dem Bundesweiten Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz (Banu) besteht für Naturliebhaber auch die Möglichkeit, sich ihre Artenkenntnis nach bundesweit einheitlichem Standard zertifizieren zu lassen. Selbst wenn das Wissen über eine bestimmte Organismengruppe jenseits eines von der SNU angebotenen Kurses erworben wurde, kann man einen entsprechenden Qualifikationsnachweis erhalten. Differenziert werden dabei die drei Niveaustufen Bronze, Silber und Gold. „Für jemanden, der ein Studium im Bereich Biologie anstrebt oder einen Beruf in diesem Feld ausübt, kann ein solches Zertifikat karrierefördernd sein“, ist sich Schmitt sicher.
Das Kursangebot ist jahreszeitenabhängig
Da viele der im Rahmen des Projekts ArtenWissen RLP angebotenen Kurse und Veranstaltungen möglichst praxisnah sein und daher in freier Natur stattfinden sollen, richtet sich das Programm immer ein wenig nach den Jahreszeiten. „Im Frühjahr starteten wir mit Pflanzenkursen, bevor mit dem einsetzenden Sommer die Hochphase mit einer großen Fülle an Veranstaltungen begann. Wenn nun der Winter anbricht, müssen wir unser Angebot wieder etwas reduzieren“, so Schmitt. In der kalten Jahreszeit sei allerdings keine vollständige Flaute zu erwarten, sondern dann stehe die Beschäftigung mit Pilzen, Flechten und Moosen hoch im Kurs.
Völlig unabhängig von der Jahreszeit wolle man für das Thema Artensterben sensibilisieren: „Der Rückgang der Artenvielfalt ist nichts Abstraktes, sondern etwas, das wir hier vor Ort beobachten können“, sagt Schmitt über das ernste Thema. Er hofft, dass die Aus- und Weiterbildung von Artenkennern einen Beitrag dazu leisten kann, den Artenschutz in Rheinland-Pfalz zu stärken.
Das aktuelle Bildungsangebot der SNU Rheinland-Pfalz finden Sie online unter www.ku-rz.de/artenwissen