Rheinland-Pfalz. Nicht der leiseste Hauch eines Zweifels darf die Mitglieder der neuen Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz belasten, finden die Wirtschaftsjunioren Rheinland-Pfalz.
Und sie ziehen die Konsequenzen daraus: Sowohl der Landesvorsitzende, Andreas Nonnenmacher aus Koblenz, als auch der Landesgeschäftsführer, Matthias Ess aus Bad Kreuznach, haben ihre Wahl in das Gremium bereits angefochten.
Sie empfehlen den anderen gewählten Wirtschaftsjunioren, ihnen zu folgen und damit aktiv dazu beitragen, dass der Weg für eine Wiederholung der kompletten Abstimmung frei wird. Denn das ist nach den Regularien zunächst nur dann möglich, wenn in allen 37 Wahlgruppen, die nach Branchen und Regionen geordnet sind, Anfechtungen vorliegen.
In etwa zwei Dutzend der Gruppen ist es schon so weit. Denn rund um die Wahl kreisen Gerüchte. Schon während der Abstimmung im November gab es offenbar Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, an Räumen mit Wahlunterlagen wurden daraufhin die Schlösser ausgetauscht. Nicht ausreichend dokumentiert ist die Vernichtung von Reserve-Stimmzetteln. Ein Gutachter prüft jetzt, ob sich in den vorliegenden Unterlagen ein Manipulationsmuster entdecken lässt – oder Fingerabdrücke einer bestimmten Person zuzuordnen sind.
Für die Wirtschaftsjunioren ist vor diesem Hintergrund klar: Auf der Grundlage einer derart zweifelhaften Wahl kann niemand die nächsten fünf Jahre erfolgreich die Interessen der Wirtschaft vertreten. „Falls am Ende das Wahlergebnis nicht insgesamt zweifelsfrei festgestellt werden kann, ist der einzig konsequente Schritt, die Vollversammlung komplett neu zu wählen“, sagt Nonnenmacher. Landesgeschäftsführer Ess, seit fünf Jahren Mitglied der IHK-Vollversammlung und jetzt bestätigt, hat die Wahl nach eigenem Bekunden auch deshalb angefochten, „damit eine Klärung möglicher Unregelmäßigkeiten überhaupt herbeigeführt werden kann“.
Nonnenmacher ist zuversichtlich, dass der Ruf nach Neuwahlen Erfolg haben wird – auch deshalb, weil viele Mitglieder der Vollversammlung ehemalige oder noch aktive Wirtschaftsjunioren sind. „Wer das Wort vom ,ehrbaren Kaufmann' ernst meint, der muss jetzt dafür sorgen, dass das ,Parlament der Wirtschaft' diesem Anspruch und dieser Verpflichtung gerecht wird.“
Die Kandidaten der Wirtschaftsjunioren waren aus der Wahl sehr erfolgreich hervorgegangen und hatten teilweise bisherige Mitglieder mit bekannten Namen verdrängt – obwohl beispielsweise Nonnenmacher betont, er habe nicht aktiv um Stimmen geworben. Das Risiko, bei Neuwahlen nicht mehr zum Zug zu kommen, geht er bewusst ein: „Ich bin kein Postenjäger.“ Dennoch würde er gern in der künftigen Vollversammlung daran mitarbeiten, dass die IHK wieder ins Tagesgeschäft zurückkehren kann. „Miteinander verzahnt“ sollten die ehrenamtlichen Vertreter der Unternehmer und die hauptamtlichen Beschäftigten der Kammer aus seiner Sicht künftig agieren.
Aus Nonnenmachers Demokratieverständnis heraus dürfte sich die im November gewählte Vollversammlung erst gar nicht konstituieren – außer, um als einzigen Tagesordnungspunkt den Neuwahlbeschluss zu verabschieden. Dass der Modus für eine erneute Abstimmung verändert werden muss, ist für ihn klar: So soll künftig eine eindeutige Zuordnung der Wahlscheine möglich sein.
Von unserem Redakteur Jörg Hilpert