An der bei einem Schiffsunfall beschädigten Moselschleuse St. Aldegund (Kreis Cochem-Zell) soll bereits am Samstag ein Notbetrieb anlaufen. Erste Binnenschiffe, die auf die Weiterfahrt warten, sollen dann in einer Testphase notgeschleust werden, sagte der Sprecher der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS). Es habe an dem betroffenen Schleusentor notdürftige Reparaturen gegeben. „Wir wollen zunächst schauen, wie es läuft.“ Wenn die Testphase planmäßig verlaufe, könnten Schiffe voraussichtlich ab Dienstag dann „zu Berg“ wieder geschleust werden.
Die Nachricht sorgt für ein gewisses Aufatmen beim Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB). Klappt es wirklich so schnell, wären die Auswirkungen auf die Schifffahrt überschaubar, wie ein Sprecher des Verbands gegenüber unserer Zeitung sagte. Rund 50 Schiffe warteten laut Generaldirektion auf die Weiterfahrt. Die Notschleusungen seien aber nur für Frachtschiffe gedacht. Bei Fahrgastschiffen mit Personen darauf werde aus Sicherheitsgründen zunächst darauf verzichtet.

Auch der BDB fordert derweil mehr Tempo beim Bau zweiter Schleusenkammern an der Mosel: „Es ist wichtig, dass der beschlossene und im Bundesverkehrswegeplan 2030 verankerte Ausbau der Moselschleusen zügig und mit höherem Tempo als bisher vorangetrieben wird“, sagte der Sprecher. „Gäbe es bereits die Redundanz durch die zweiten Schleusenkammern, hätte ein unplanmäßiger Schleusenausfall wie jetzt die Schifffahrt zwar behindert, aber nicht blockiert.“
Ein Fahrgastschiff hatte am Mittwoch – ein gutes halbes Jahr nach einem vergleichbaren Vorfall in Müden – das Schleusentor in St. Aldegund gerammt. Drei Menschen wurden verletzt, das Tor wurde stark beschädigt. Die Schleuse musste ihren Betrieb seither einstellen.
Dies stellt einen erheblichen Einschnitt für die regionale und überregionale Wirtschaft dar, erklärt Fabian Göttlich, Geschäftsführer Interessenvertretung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz, gegenüber unserer Zeitung: „Die Mosel ist eine zentrale Verkehrsachse für den Transport von Massengütern, Industrieerzeugnissen und Rohstoffen – insbesondere für die rohstoffintensive Industrie und Energiewirtschaft.“ Fällt die Schifffahrt aus, müssen die Transporte auf Straße oder Schiene ausweichen. Göttlich: „Das bedeutet höhere Kosten, mehr CO2-Ausstoß und eine stärkere Belastung der ohnehin überlasteten Infrastruktur.“
Das Landesverkehrsministerium hatte bereits angekündigt, das Sonntagsfahrverbot für Lkw, deren Lieferungen im Zusammenhang mit der Schleusensperrung stehen, aufzuheben. Außerdem soll die Ferienreiseverordnung dahingehend angepasst werden, dass Ausnahmen für entsprechende Lkw gelten. Die zuständigen Behörden werden außerdem gebeten, Großraum- und Schwertransporte, die die Schifffahrt auf der Mosel ersetzen, prioritär zu bearbeiten, hieß es aus dem Haus von Daniela Schmitt (FDP) am Freitag.

Nicht so dramatisch wie befürchtet
Nach dem Schleusenunfall am Mittwoch haben sich die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin sowie der Bundesverkehrsminister über die Situation in St. Aldegund informiert. Das ist der jetzige Sachstand.
Nicht nur Frachtschiffe sind von der Sperrung betroffen, in der aktuellen Hochsaison trifft sie zusätzlich die Fahrgastschifffahrt und damit touristische Anbieter. Kurzfristige Ausfälle führen zu abgesagten Kreuzfahrten und entgangenen Umsätzen, gibt die IHK zu bedenken – und fordert ein entschlossenes politisches Handeln, um die Mosel zukunftssicher aufzustellen: „Die bestehenden Einkammerschleusen sind nicht mehr zeitgemäß“, sagt Göttlich.
Zudem soll die Störungsresistenz erhöht werden: Ersatzteile wie Schleusentore müssen jederzeit verfügbar sein. Und: „Der Ausbau der Schleusen darf nicht an Haushaltszyklen oder Personalengpässen scheitern. Wir fordern verbindlich zugesicherte Mittel über die Legislaturperioden hinaus sowie zusätzliche personelle Ressourcen.“
Der Adressat solcher Forderungen schaute sich noch am Donnerstagabend die Lage in St. Aldegund an. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hielt sich bei seinem Besuch mit konkreten Versprechungen aber zurück. „Wir werden uns das jetzt genau anschauen: Was können wir wann, wo investieren?“, sagte er.