Papst Franziskus hatte am Mittwoch verkündet, dass es keine Ausnahmeregeln zum Pflichtzölibat und dem Diakonat für Frauen geben wird. Auch nicht in einer abgelegenen und dünn besiedelten Region in Südamerika. Zwei Drittel der Teilnehmer der vom Papst einberufenen Amazonassynode hatten sich zuvor für eine Lockerung ausgesprochen, weil dort kaum noch Priester zu finden sind.
„Wir hatten uns wenigstens den kleinen Finger erhofft“, sagt Hanspeter Schladt, der Sprecher von „Wir sind Kirche“ in der Diözese Trier, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir sind wirklich sehr enttäuscht.“ Gerade was die Gleichberechtigung in der Kirche angeht, sieht der Neuwieder großen Handlungsbedarf. „Seitdem Frauen die Initiative Maria 2.0 gegründet haben, bin ich allerdings großer Hoffnung.“ Diese Initiative setzt sich für eine völlige Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der katholischen Kirche ein – und fordert auch das Priesteramt für Frauen.
„Ein finsterer Tag für viele Frauen“
Monika Humpert, die Sprecherin der sehr aktiven Maria-2.0-Gruppe in Frankfurt, ist entsetzt über die Entscheidung: „Das war ein ganz finsterer Tag für viele Frauen.“ Dabei spielt das Zwangszölibat für Priester auf den ersten Blick den Frauen in die Karten. Würde das Zölibat aufgehoben, würden sich wohl wieder mehr Männer für das Priesteramt entscheiden – und das Diakonat oder gar das Priesteramt für Frauen rückt in weite Ferne. Aber: „Die Hoffnung, dass sich mal irgendetwas verändert in dieser Struktur, die durch das Zölibat geprägt ist, wurde damit zunichtegemacht“, sagt Humpert. Und diese enttäuschte Hoffnung macht sie wirklich zornig. „Für mich ist das Zölibat eine Obsession, gewissermaßen ein Fluch, an dem die Kirche zugrunde geht. Denn sie verliert das Wichtige aus den Augen.“ Das Wichtige, das ist für sie das Miteinander der Gläubigen, eine Glaubensgemeinschaft, die alle einschließt. Auch die Frauen. Aber die Kirchenmänner hätten „eine Parallelwelt geschaffen“, kritisiert die Maria-2.0-Sprecherin. Die Parallelgesellschaft Kirche sei von der Lebenswirklichkeit der Gläubigen weit entfernt. „Hätte der Papst eine Frau, vielleicht eine Tochter, würde er vieles wahrscheinlich anders sehen.“
„Frauenbild des Papstes ist unfassbar“
Diese Ansicht teilt auch Andrea Kleber aus dem rheinhessischen Nieder-Olm, die sich in der dortigen Maria-2.0-Gruppe engagiert. Dass Papst Franziskus Frauen das Diakonat verweigert, hat sie nicht überrascht, aber „mich hat die Art und Weise wirklich verletzt“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wie sich ein Papst oder überhaupt ein Mann heutzutage hinstellen kann und ein Frauenbild heraufbeschwört, das die Frauen als Dienende und Empfangende darstellt, ist unfassbar.“ Papst Franziskus hatte geschrieben: „Die Frauen leisten ihren Beitrag auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben.“ Auch Monika Humpert ist empört über dieses Frauenbild: „Ich kann mir jetzt gut vorstellen, wie sich Frauen in Saudi-Arabien fühlen. Im Grunde machen wir so die Erfahrung, wie es ist, in einer Diktatur zu leben. Für uns ist es eben eine spirituelle Diktatur.“
Wie geht es nun weiter? Werfen die Frauen nun die Brocken hin? Andrea Kleber sieht es pragmatisch: „Mit dem, was ich leiste, unterstütze ich auch das System. Aber noch bin ich nicht bereit aufzugeben.“ „Wir sind die Veränderung“, sagt Humpert. „Wir versuchen, selbst in einer guten Weise Kirche zu sein – ohne auf die Männer zu warten.“ Ihre Gruppe trifft sich regelmäßig, hält Gottesfeiern nur für Frauen ab, mit Jazz und starken eigenen Beiträgen. Das gefällt nicht allen, „aber man kann es nicht jedem recht machen“.