Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Das auf einem starken Export und Wachstum fußende Geschäftsmodell lahmt: steigende Preise, wachsende Unsicherheiten, jetzt auch noch eine chaotische, unberechenbare US-Politik fordern die Wirtschaft enorm. Und das immer enger werdende regulatorische Korsett belastet zusätzlich. Besonders für die regionalen Kreditinstitute, die als verlässliche Partner von Mittelstand und Privatkunden agieren, wird der Spielraum zunehmend begrenzt. Was vielleicht als Reaktion auf die Finanzmarktkrise erst mal gut gemeint war, ist aber nicht immer gut gemacht. Eine überbordende Regulierung behindert nicht nur die Banken und Sparkassen selbst, sondern auch die Unternehmen, die sie unterstützen sollen – mit weitreichenden Folgen für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und den gesellschaftlichen Wohlstand.
Regulierung ist notwendig – aber sie muss mit Augenmaß erfolgen. In den zurückliegenden Jahren sind die Anforderungen an Kreditinstitute und Unternehmen immer weiter gestiegen. Neue Dokumentationspflichten, strengere Prüfprozesse und aufwendige Berichtspflichten binden Ressourcen, die anderswo dringend gebraucht würden – beispielsweise für Investitionen in Forschung, Digitalisierung oder den Ausbau neuer Geschäftsfelder. Diese bürokratischen Hürden sind nicht nur ein Problem für Finanzinstitute. Sie betreffen die gesamte Wirtschaft. Unternehmen müssen immer mehr Zeit und Geld in die Erfüllung regulatorischer Anforderungen stecken, anstatt sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren: Wertschöpfung und Innovation und vor allem Dienst am Kunden. Das treibt die Kosten in die Höhe – für Unternehmen, für Kreditinstitute. Ja letztlich für uns alle als Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die neue Bundesregierung steht vor einer großen Aufgabe: Sie muss die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. Dazu gehört es, die richtigen Themen entschlossen anzugehen und unnötige bürokratische Hürden abzubauen. Im jetzt verhandelten neuen Koalitionsvertrag stehen dazu viele richtige Punkte.
Natürlich wird es keine schnellen Lösungen geben. Jede politische Entscheidung muss sorgfältig umgesetzt werden – und das braucht Zeit. Doch gerade deshalb ist jetzt entschlossenes Handeln gefragt. Es reicht nicht, nur neue Regeln zu schaffen und einen Investitionspakt für Deutschland zu adressieren. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass der Dschungel der bestehenden Vorschriften nicht die Umsetzung der richtigen Ziele konterkariert und als Wachstumsbremse wirkt.
Stabiles wirtschaftliches Umfeld ist nötig
Auch nachgeordnete Behörden wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) oder die Deutsche Bundesbank müssen sich ihrer unterstützenden Rolle bewusst sein. Es darf nicht darum gehen, Unternehmen und Kreditinstitute mit immer neuen kleinteilig durchdeklinierten Anforderungen zu überfordern, sondern Aufgabe muss es sein, mit Augenmaß ein stabiles und gleichzeitig flexibles wirtschaftliches Umfeld zu ermöglichen.
Doch nicht nur die Politik ist gefragt. Wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftlicher Wohlstand sind Aufgaben, die uns alle betreffen. Unternehmen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentner, Gewerkschaften – sie alle müssen ihren Beitrag leisten, um Deutschland zukunftsfähig zu machen.
Umdenken in der Arbeitswelt
Dazu gehört auch ein Umdenken in der Arbeitswelt. In den vergangenen Jahren war der Trend klar: weniger Wochenarbeitsstunden, mehr Freizeit. Doch angesichts der aktuellen Herausforderungen müssen wir uns fragen, ob dieser Weg so weiter tragfähig ist. Der Fachkräftemangel ist bereits jetzt ein ernstes Problem. Ein nachhaltiges Modell wird nur dann funktionieren, wenn alle bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und ihren Beitrag zu leisten – und das gilt übrigens für alle Generationen.
Eigenverantwortung bedeutet aber nicht nur, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, sondern auch die eigene finanzielle Zukunft aktiv zu gestalten. Sparkassen sehen es zunehmend als ihre Aufgabe, ihre Kundinnen und Kunden in diesem Bereich noch besser zu beraten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die sogenannte Notfall-Liquidität. Wer finanziell abgesichert sein will, sollte zwei bis drei Monatsgehälter als kurzfristig verfügbares Polster auf einem separaten Konto halten. So lassen sich unvorhergesehene Ausgaben – etwa eine Autoreparatur oder eine defekte Waschmaschine – problemlos stemmen, ohne in finanzielle Engpässe zu geraten.
Jeder Einzelne kann seinen Teil beitragen
Deutschland hat mit seiner sozialen Marktwirtschaft ein starkes Fundament. Doch dieses System kann nur dann langfristig erfolgreich bleiben, wenn jede und jeder Einzelne seinen Teil der Verantwortung übernimmt. Es kann nicht alles auf die Allgemeinheit umgelegt werden – finanzielle Sicherheit beginnt bei jedem selbst. Und der Ruf nach der Hilfe des Staates, also der Allgemeinheit, ist dann richtig, wenn die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft sind!
Die Herausforderungen unserer Zeit erfordern mehr als nur kurzfristige politische Maßnahmen. Sie verlangen eine gesellschaftliche Neuausrichtung, die auf Eigenverantwortung, wirtschaftliche Vernunft und unternehmerische Freiheit setzt. Wohlstand ist nicht selbstverständlich, sondern muss erarbeitet werden. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen gemeinsam an einer Zukunft arbeiten, die von Stabilität, Innovation und Fairness geprägt ist. Die Sparkassen vor Ort stehen bereit, diesen Wandel zu unterstützen – mit fairen Finanzierungsangeboten, kompetenter Beratung und einem klaren Bekenntnis zur Verantwortung für Kunden und Gesellschaft. Doch um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir weniger Bürokratie und mehr unternehmerische und persönliche Freiheit. Denn nur so bleibt unsere Region und damit auch Deutschland in Zukunft wirtschaftlich stark.
Zur Person
Karl-Josef Esch steht seit 2015 an der Spitze der Kreissparkasse (KSK) Mayen. Zuvor zog es ihn – nach seiner Ausbildung bei der KSK und verschiedenen Stationen dort – als Vorstandsmitglied zur Kreissparkasse nach Ahrweiler. Esch engagiert sich zudem in verschiedenen Gremien der S-Finanzgruppe. Seit April ist er auch Obmann der rheinland-pfälzischen Sparkassen. Ehrenamtlich engagiert er sich unter anderem beim Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. red