Künftig wird nicht mehr der älteste Landtagsabgeordnete als Alterspräsident die erste und damit konstituierende Landtagssitzung nach einer Wahl leiten, sondern der dienstälteste Parlamentarier. Entscheidend ist somit die Zugehörigkeit zum Mainzer Landtag. Der Änderung der Geschäftsordnung stimmten am Donnerstag die Fraktionen von SPD, CDU, Grüne, FDP und die parlamentarische Gruppe der Freien Wähler zu, die AfD votierte dagegen.
Der Landtag schließt sich damit einer Regelung an, die bereits für den Bundestag und andere Länderparlamente gilt. Neben der Bestimmung zum Alterspräsidenten sieht die Änderung der Geschäftsordnung außerdem vor, dass Vorsitzende von Fachausschüssen künftig mit einer einfachen Mehrheit abberufen werden können. Aktuell ist dafür noch eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Michael Hüttner verwies als SPD-Vize-Fraktionschef in der aktuellen Debatte darauf, dass bei der bisherigen Regelung zum Alterspräsidenten unberücksichtigt geblieben sei, ob der Abgeordnete parlamentarische Erfahrung besitzt oder nicht. Hüttner sagte: „Für die Aufgabe der Alterspräsidentschaft bedarf es aber parlamentarischen Wissens und Erfahrung.“
Blick von Mainz nach Erfurt
Der Parlamentsgeschäftsführer der CDU-Fraktion, Marcus Klein, sprach die chaotischen Szenen bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags im September an. Die Landtagsabgeordneten in Erfurt konnten seinerzeit nicht einmal ihre Beschlussfähigkeit feststellen und auch keinen Landtagspräsidenten wählen. Die Sitzung war schließlich abgebrochen worden, nachdem der AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler Parlamentariern das Wort entzogen, Abstimmungen nicht zugelassen und eine von vielen Landtagsmitgliedern als parteiisch kritisierte Rede gehalten hatte. Klein sagte: „Das war unwürdig, das war verwerflich, das war ganz schlecht. Das schließen wir mit der Änderung aus.“
Carl-Bernhard von Heusinger, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, nannte die konstituierende Sitzung einen „demokratischen Schlüsselmoment“. In solchen Momenten zeige sich, wie belastbar die demokratische Kultur sei. Von Heusinger kritisierte, dass in Thüringen AfD-Alterspräsident Treutler „seine Rolle parteipolitisch instrumentalisierte“. Der Koblenzer sprach von einem „Angriff auf demokratische Institutionen von innen“. Das dürfe in einem funktionierenden Parlament nicht passieren.
Marco Weber, Parlamentsgeschäftsführer der FDP-Fraktion, sagte, dass das Alter allein kein Garant für Weisheit sei – „schon gar nicht für demokratische Kompetenz“. Das Parlament müsse sich zuerst durch Respekt und Würde auszeichnen, nicht durch Kalkül und Krawall.
„Alter alleine ist kein Garant für Weisheit und schon gar nicht für demokratische Kompetenz.“
FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Weber
AfD-Parlamentsgeschäftsführer Damian Lohr warf den anderen Fraktionen vor, die Modifikation aus politischem Kalkül vorzunehmen. Lohr fragte: „Was machen Sie, wenn in 20 Jahren der dienstälteste Abgeordnete aus der AfD-Fraktion kommt?“ Bei den vergangenen konstituierenden Landtagssitzungen in Mainz war die Mainzer FDP-Abgeordnete Cornelia Willius-Senzer (81) jeweils Alterspräsidentin.