Die Staatsanwaltschaft Koblenz geht davon aus, dass in etwa drei Monaten mit dem Abschluss der Ermittlungen gegen den früheren Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, Frank Puchtler (SPD), gerechnet werden kann. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist unter anderem der Vorwurf des Verwahrungsbruchs und der Urkundenunterdrückung.
Bereits vor zwei Jahren, im Juni 2023, bestätigte die Staatsanwaltschaft unserer Zeitung, dass sie Ermittlungen gegen den pensionierten Kommunalpolitiker aufgenommen hat. Auf Nachfrage unserer Zeitung, warum sich die Untersuchungen so lange hinziehen, erklärt die Staatsanwaltschaft jetzt: „Die Ermittlungen dauern an, da unter anderem umfangreiche Unterlagen auszuwerten waren.“
Haftstrafe für Ex-Chef der Lebenshilfe
Die Unterlagen, die bei der Staatsanwaltschaft Koblenz gesichtet und geprüft werden, betreffen die Geschehnisse um die gemeinnützige Einrichtung Lebenshilfe Rhein-Lahn, die über Jahre hinweg einen integrativen Kindergarten im Ort Singhofen sowie Eingliederungshilfen für Kinder mit geistiger und körperlicher Behinderung, ambulante Eingliederungshilfen, Leistungen für Schulbegleiter und eine Geschäftsstelle in Nastätten betrieb. Dort ließ die Staatsanwaltschaft Koblenz am 9. Dezember 2021 Hausdurchsuchungen durchführen, drehte außerdem die Wohnhäuser des damaligen Geschäftsführers der Lebenshilfe auf Links und schickte den Mann wegen Fluchtgefahr für Monate in Untersuchungshaft.
Im Juni 2024 verurteilte das Landgericht Koblenz den geständigen Ex-Chef der Lebenshilfe wegen Veruntreuung von fast 560.000 Euro sowie Insolvenzverschleppung, vorsätzlichem Bankrott und Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren.

Fall Lebenshilfe: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Rhein-Lahn-Landrat Puchtler
Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen den früheren Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, Frank Puchtler (SPD, 61), wegen des Verdachts der Untreue sowie des Verwahrbruchs- und der Urkundenunterdrückung.
Durch die Taten ihres Geschäftsführers war die Lebenshilfe in die Insolvenz geraten, ging pleite, etwa 80 Mitarbeiter verloren ihren Job. Ein Scherbenhaufen, auch für den Rhein-Lahn-Kreis. Denn Landrat Puchtler soll trotz Signalen bezüglich des damaligen Geschäftsführers vor dessen Inhaftierung unter anderem durch Mitarbeiter der Lebenshilfe selbst, als auch entgegen Warnungen seiner eigenen Leute dafür gesorgt haben, dass stetig weiter Gelder des Kreises und über diesen auch Landesmittel flossen.
Insofern geht die Staatsanwaltschaft Koblenz dem Anfangsverdacht nach, dass der frühere Landrat den Tatbestand der Untreue zum Nachteil des Kreises verwirklicht haben könnte, indem er veranlasst haben soll, dass der Kreis Abschlagszahlungen an den bereits in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Träger der Lebenshilfe Rhein-Lahn und Rhein-Lahn gGmbH erbrachte und zugleich auf zeitnahe Abrechnungen der tatsächlich entstandenen Kosten verzichtete.
Schaden von 120.000 Euro entstanden
Hierdurch soll dem Kreis ein Schaden von circa 120.000 Euro entstanden sein. Die Summe entspricht exakt dem, was der frühere Landrat persönlich im Januar 2022 an die Kreisverwaltung Rhein-Lahn zahlte, offenbar um einen durch „Überzahlungen“ an die Lebenshilfe entstandenen Schaden auszugleichen. Nicht allein dieser Transfer ist seltsam, völlig obskur war bei dem Vorgang, dass Puchtler zunächst 197.000 Euro an die Kreiskasse überwies, man dort offenbar rechnete und dem Landrat 77.000 Euro wieder zurückgab…
Schwerer noch wiegt der strafrechtlich relevante Vorwurf des Verwahrungsbruchs und der Urkundenunterdrückung, dem die Staatsanwaltschaft Koblenz nachgeht. Es bestehe der Anfangsverdacht, so hieß es vor zwei Jahren, dass der Beschuldigte im Dezember 2021 Teile der Akten des Jugendamtes des Rhein-Lahn-Kreises der dienstlichen Verfügung entzogen hat. Also zu dem Zeitpunkt, als der Ex-Geschäftsführer der Lebenshilfe nach Hausdurchsuchungen in U-Haft kam. Der Vorwurf aus seiner eigenen Verwaltung war, dass Dutzende Blätter in den Akten fehlten, nachdem der Chef sie wieder zurückgegeben hatte. Was in diesen Unterlagen geschrieben stand, kann nur vermutet werden.