Hoteleinsturz an der Mosel
Wie kam es zum Pfusch beim Umbau des Kröver Hotels? 
Das Hotel im Moselort Kröv war im vergangenen August teils eingestürzt. Zuvor waren Risse in der Hauswand zu sehen.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Eine Ursache für den Einsturz des Hotels in Kröv liegt schon mehr als 40 Jahre zurück: Der für den Hotelanbau zuständige Architekt soll sich nicht an Vorgaben der Bauaufsicht gehalten haben. Warum wurde nicht kontrolliert?

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Das Gutachten zum Hoteleinsturz in Kröv im August vergangenen Jahres nennt zwei Ursachen, die zu dem Unglück geführt haben, bei dem zwei Menschen starben. Zum einen wird ein Statiker beschuldigt, im vergangenen Jahr den labilen Zustand des in den 1980er-Jahren auf einen alten Gebäudeteil aufgebauten Hotelkomplexes nicht erkannt zu haben. Die von dem Statiker in Auftrag gegebenen Arbeiten, die noch am Tag des Einsturzes durchgeführt wurden, seien unzureichend und nicht fachgerecht gewesen. Ursache für den Einsturz war ein Materialversagen in der Aufstockung des Hotelgebäudes.

Laut dem Gutachten soll der damalige Statiker und Architekt verschiedene Vorgaben der Baugenehmigungsbehörde nicht beachtet und umgesetzt haben. Wie kann das sein? Erfolgt nach einer Baugenehmigung keine Kontrolle mehr, ob die von der Baubehörde gemachten Vorgaben eingehalten werden?

Ensemble stand unter Denkmalschutz

Die Ursprünge des ehemaligen Hotels Reichsschenke – Zum Ritter Götz in der Ortsmitte des Moselortes Kröv gehen bis in das Jahr 1685 zurück. Zu dieser Zeit soll das markante Wohnhaus, in dem später eine beliebte Weinstube war, gebaut worden sein. Im Laufe der Zeit wurde das Haus um- und angebaut.

Seit 2008 stand das historische Ensemble unter Denkmalsschutz. Anfang der 1980er-Jahre wurde der hintere Teil um einen zweieinhalbgeschossigen Bau aufgestockt für einen Hotelanbau. Und bei diesem Bau wurden dann offenbar die entscheidenden Fehler gemacht, die – unter Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände – in der Katastrophe vom 6. August des vergangenen Jahres mündeten. Diese Fehler wurden beim Bau des Hotels in Kröv gemacht:

Laut dem Leitenden Trierer Staatsanwalt Peter Fritzen hat sich der damalige Statiker – zugleich Architekt – bei dem Anbau nicht an Vorgaben des Prüfstatikers der Baugenehmigungsbehörde gehalten. Das habe dazu geführt, dass die Last aus der neuen Konstruktion für die erhaltene alte Bausubstanz zu hoch gewesen sei und letztlich zu einer Überlastung der Struktur geführt habe.

Bis Sommer vergangenen Jahres hielt die Konstruktion. Dann traten erste Risse in der Giebelwand des Hotelanbaus auf. Als Grund nennt der von Fritzen beauftragte Gutachter Fäulnis in tragenden Holzbauteilen. Diese hätten daraufhin nachgegeben und zu Spannungen und damit auch zu Rissen im Mauerwerk geführt.

„Holz darf nass werden. Aber wenn es dauerhaft hoher Feuchtigkeit ausgesetzt ist, verrottet es.“
Bausachverständiger Ernst-August Münke

„Holz mag alles, aber keine Feuchtigkeit. Holz darf nass werden. Aber wenn es dauerhaft hoher Feuchtigkeit ausgesetzt ist, verrottet es“, sagte kurz nach dem Unglück der Hannoveraner Bausachverständige Ernst-August Münkel unserer Redaktion. Und weiter: „Viele Mängel lassen sich auch von Bausachverständigen nicht auf den ersten Blick erkennen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.“

Es gebe auch keine Verpflichtung eines Hausbesitzers, regelmäßig die Standfestigkeit seiner Immobilie zu kontrollieren oder kontrollieren zu lassen. Laut des Tüv Süd sind Betreiber von öffentlichen oder gewerblich genutzten Gebäuden für deren ordnungsgemäße Instandhaltung verantwortlich und trügen mögliche Haftungsrisiken.

Der Hoteleinsturz bedeutete einen Großeinsatz für Rettungskräfte und Feuerwehr.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Der Tüv weist zudem auf die Richtlinie 6200 des Vereins Deutscher Ingenieure hin. Diese lege die Anforderungen an die regelmäßige Überprüfung der Stand- und Verkehrssicherheit sowie Dauerhaftigkeit von Bauwerken fest, „um deren Zustand und Gebrauchstauglichkeit zu beurteilen“.

Wie kann es aber sein, dass bei dem Anbau des Hotels vor über 40 Jahren von der zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde, die bei der Kreisverwaltung angesiedelt ist, nicht kontrolliert wurde, ob die bei der Baugenehmigung gemachten Vorgaben eingehalten werden?

Eine regelmäßige Überprüfung erfolge nicht, teilte die für die obere Bauaufsicht zuständige Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz nach dem Unglück im vorigen Jahr mit. Überprüfungen würden nur im Zusammenhang mit spezifischen Anlässen oder neuen Baumaßnahmen durchgeführt. Grundsätzlich seien bei geplanten Baumaßnahmen spezielle Regularien einzuhalten, die vorschreiben, wann und wie eine statische Prüfung erforderlich ist.

Das ist die Aufgabe der Bauaufsicht

Ein Bauherr reicht den von einem Architekten gefertigten Bauplan bei der zuständigen Behörde ein. Diese prüft den Plan vor allem rechtlich und fachlich, etwa ob vorgegebene Abstände und Höhen eingehalten werden. Danach wird eine schriftliche Baugenehmigung erteilt, die gegebenenfalls Auflagen und Bedingungen erhält.

Verantwortlich für deren Einhaltung ist grundsätzlich der Bauherr. Die Bauleitung obliegt in der Regel einem Architekten. Die Bauaufsichtsbehörde kontrolliert allenfalls stichprobenartig den Fortgang der Arbeiten und die Einhaltung der Vorgaben.

Laut aktuell geltendem Landesbaugesetz kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass bestimmte Arbeiten erst fortgesetzt werden, „wenn sie von ihr oder einer von ihr beauftragten Person geprüft worden sind“. Zu dieser Prüfung gehört auch die Kontrolle der Standsicherheit und Statik eines Baus. Nach Angaben der Landesvereinigung der Prüfingenieure für Baustatik muss eine baustatische Prüfung bei Wohngebäuden, Gewerbeimmobilien und öffentlichen Bauten erfolgen.

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