Die Pflegeversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Steigende Kosten und die demografische Entwicklung machen die Finanzierung von Pflege schwierig. Denn die Gesellschaft wird immer mehr Ältere zu versorgen haben. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Eine nachhaltige und generationengerechte Reform des Pflegesystems ist nötig. Der Koalitionsvertrag sieht eine „große Pflegereform“ vor. Dazu soll eine Arbeitsgruppe Inhalte erarbeiten. Warum Eigeninitiative und eine zusätzliche kapitalgedeckte Vorsorge Teil der Lösung sein können?

Die gesetzliche Pflegeversicherung gerät immer mehr in eine finanzielle Schieflage. Ihre Leistungen decken die tatsächlichen Kosten bei Weitem nicht ab. Pflegeheimbewohner müssen im Durchschnitt etwa 3200 Euro monatlich aus eigener Tasche zahlen – zusätzlich zu den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Diese finanzielle Belastung wird sich nicht ändern und eher noch größer, wenn das System so bleibt.
Ein Lösungsansatz: Wenn staatliche Pflegeleistungen auf dem heutigen Niveau eingefroren und die Rahmenbedingungen für eine private kapitalgedeckte Pflegevorsorge verbessert würden, könnte dies mehr Bürgern dazu verhelfen, sich rechtzeitig zusätzlich abzusichern.
„Steuerliche Anreize würden wahrscheinlich mehr Menschen motivieren, sich finanziell privat abzusichern.“
Debeka-Chef Thomas Brahm
Zusätzlicher Effekt: Durch ergänzende Vorsorge könnten ausufernde Beiträge in der sozialen Pflegeversicherung langfristig verhindert werden. Eine Senkung des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung würde zum einen die Verschuldung zulasten der jungen Generation verhindern, zum andern sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer finanziell entlasten. Steuerliche Anreize würden wahrscheinlich mehr Menschen motivieren, sich finanziell privat abzusichern.
Schon in jungen Jahren wäre private Absicherung möglich
Durch geringere Pflichtbeiträge in der sozialen Pflegeversicherung wäre schon in jungen Jahren eine private Absicherung möglich – bei einer vergleichbaren finanziellen Belastung. Denn eins ist klar: Eine gute Versorgung im Pflegefall ist nur mit privater Eigenvorsorge möglich. Die gesetzliche Pflegeversicherung war immer als Basisabsicherung gedacht.
Viele Menschen unterschätzen Pflegekosten und sind sich der Versorgungslücke in der Pflege nicht bewusst. Besonders junge Erwachsene sehen oft keine Notwendigkeit, sich frühzeitig abzusichern. Hier ist Aufklärung dringend erforderlich. Die staatlich geförderte Pflege-Zusatzversicherung, bekannt als „Pflege-Bahr“, ist vielen Bürgern unbekannt.
Politik muss Rahmenbedingungen schaffen
Dabei ist eine vollständige Absicherung der Pflegekosten für beispielsweise 35-Jährige schon für weniger als 40 Euro monatlich möglich. Je früher man anfängt, desto geringer sind die monatlichen Beiträge.
Die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine zusätzliche kapitalgedeckte Vorsorge fördern und den Bürgern bessere Möglichkeiten zur Eigenvorsorge bieten. Private Pflegezusatzversicherungen können hier ein Teil der Lösung sein.
Zur Person
Unser Gastautor Thomas Brahm, Chef des Koblenzer Versicherers Debeka, wurde in Bonn geboren und machte seine Ausbildung bei der Debeka-Geschäftsstelle in Bonn. Später hatte er dann verschiedene Führungspositionen in Koblenz, Köln, Hannover und Berlin inne. Seit dem Jahr 2007 ist er Mitglied des Debeka-Vorstands, seit dem 1. Juli 2018 Debeka-Vorstandsvorsitzender. Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und Mitglied des Präsidiums des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist er seit dem 1. Januar 2023. Die Freizeit verbringt er gern mit der Familie.