Demografischer Wandel, Kostensteigerungen und Inflation – all das geht auch an den großen christlichen Kirchen im Land nicht spurlos vorüber. Dazu kommen die sinkenden Mitgliederzahlen. Die Kirchen überprüfen ihre Finanzen, müssen sparen. In einer Serie beleuchtet unsere Zeitung, was das für ihre Angebote im sozialen, kulturellen oder Bildungsbereich bedeutet. Ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz: Zum Jahresende schließt das Bistum Trier das Jugendhaus Marienburg bei Zell an der Mosel. Was heißt das für die Jugendarbeit?
135 Millionen Euro sollen im Bistum Trier bis zum Jahr 2035 eingespart werden. Dazu ist im vergangenen Jahr ein Haushaltssicherungskonzept erstellt worden. In fast allen Handlungsfeldern sollen die Kosten demnach gesenkt werden. Die Angebotsvielfalt möchte das Bistum jedoch „so qualitativ hochwertig wie möglich“ weiterführen, schreibt der Bischöfliche Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg im Geleitwort zum Konzept. Doch von dem Haushaltssicherungskonzept „wird der Bereich der Jugendarbeit weniger stark betroffen sein als andere“, teilt die Bischöfliche Pressestelle mit.
Eine Ära auf der Marienburg geht zu Ende
Dennoch ist die Entwicklung mit Abschieden verbunden: Zum 31. Dezember geht eine mehr als „70-jährige Ära der Jugendarbeit“ auf der Marienburg zu Ende, schreibt das Bistum. Zuletzt dort angesiedelt waren die FachstellePlus für Kinder- und Jugendpastoral Marienburg und Wittlich inklusive der Kirche der Jugend (für den Visitationsbezirk Trier) sowie die Jugendbildungsstätte in der Trägerschaft Bistum Trier TBT mbH.
Die Fachstelle Jugend werde ihren Sitz künftig ganz nach Bombogen, einem Stadtteil von Wittlich, verlegen. Noch auf der Suche nach einem neuen Standort sei die Kirche der Jugend. Die bisherige Hausleitung der Marienburg ziehe mit ins Robert-Schumann-Haus nach Trier. Denn auf zwei Etagen des Tagungs- und Gästehauses wird ab kommendem Jahr das neue Jugendhaus des Bistums untergebracht sein. Dazu war es auf Umwegen gekommen.
Die Marienburg als Standort für die Jugendarbeit zu erhalten, „wurde umfassend geprüft und hatte sich als nicht wirtschaftlich und damit als nicht zukunftsfähig erwiesen“, schreibt die Bischöfliche Pressestelle. Gleiches gelte für das Haus Sonnental in Wallerfang nahe Saarlouis, das ebenfalls zum Jahresende aufgegeben werden soll. In beiden Häusern stünden „umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten“ an – die Kosten hätten laut Bistum bei rund 20 Millionen Euro gelegen. „An einem Standort wie der Marienburg, an dem der baulichen Entwicklung, zum Beispiel in Bezug auf Barrierefreiheit und Brandschutz, deutliche Grenzen gesetzt sind, schien dies nicht verantwortbar“, heißt es.
Kloster Himmerod scheidet als Alternative aus
Für die zwei aufgegebenen Häuser sollte ursprünglich ein zentrales im ehemaligen Konventgebäude des Klosters Himmerod in der Eifel entstehen. Doch aufgrund der Baukosten- und Energiepreissteigerungen im Jahr 2022 hätten die geplanten Baukosten von 15 Millionen Euro „bereits im Vorfeld um zwei Drittel auf rund 25 Millionen“ angepasst werden müssen, erklärt die Bischöfliche Pressestelle. Bei der Entscheidung gegen das neue Jugendhaus in der einstigen Abtei sei der Trierer Bischof Stephan Ackermann der Empfehlung der zur Haushaltssicherung eingesetzten Lenkungsgruppe und des Diözesanverwaltungsrats gefolgt. Nun also das Robert-Schumann-Haus.
Direkt von den Umstrukturierungen betroffen ist Jugendpfarrer Peter Zillgen. Er gehört zum Team der Kirche der Jugend Marienburg. Zillgen will deutlich machen: Nur weil Dienststellen von der Burg verschwinden, tun es nicht ihre Angebote. Und: Nicht alles, was bisher auf der und um die Marienburg herum stattgefunden hat, wird eingestellt. „Das ,Oben-Air-Festival' gibt es weiterhin, weil es auf ehrenamtliche Füße gestellt wurde“, erklärt Zillgen. Auch der Junge Chor Marienburg würde nun von Ehrenamtlichen geführt.
Wir waren nicht die Jugendkirche für Zell, sondern für den ganzen Visitationsbezirk Trier.
Jugendpfarrer Peter Zillgen über die Kirche der Jugend auf der Marienburg, die auch mit neuem Standort weiter in die Fläche wirken werde
Und durch das Engagement der Initiative ProMarienburg bleibe die Kirche oben auf der Burg als Kirche erhalten. Sie soll künftig als Mehrgenerationenkirche „zu einem Ort von Kirche im Pastoralen Raum Cochem-Zell“ werden, erklärt das Bistum, das diesen jährlich mit bis zu 10.000 Euro für Miete und Nebenkosten fördern will. „Dass die Kirche geöffnet bleibt, darüber kann man sich nur freuen – auch für die vielen Wanderer, die dort oben einkehren“, betont Peter Zillgen. Für die anderen Gebäude wird nach Bistumsangaben ein Pächter gesucht, dem die Räumlichkeiten im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages überlassen werden sollen.
Die Kirche der Jugend war bisher mit der FachstellePlus auf der Marienburg gekoppelt. „Die Fachstelle Marienburg ist vor allem ein Bürostandort, von wo aus wir Inhalte für die Fläche bereitgestellt haben“, erläutert Zillgen. Die Fachstelle biete Unterstützung für Ehrenamtliche, die mit den Kindern und Jugendlichen vor Ort arbeiten – dabei gehe es etwa um Material und Schulungen. Zum 1. Januar werden die bislang acht Fachstellen im Bistum Trier zu drei Fachstellen mit zwei Außenbüros fusioniert – um Kosten einzusparen, wie im Haushaltssicherungskonzept erläutert wird. „Aber das heißt nicht, dass wir uns zurückziehen oder unsere Arbeit einstellen“, betont Peter Zillgen.
Die Arbeit der Kirche der Jugend richte sich konkreter an die jungen Menschen selbst. Aber auch hier gelte: „Wir waren nicht die Jugendkirche für Zell, sondern für den ganzen Visitationsbezirk Trier“, betont der Jugendpfarrer. Die Kirche der Jugend ziehe nun von der Marienburg zunächst mit ins Robert-Schumann-Haus nach Trier. „Aber nicht in dem Sinne, dass die Hauskapelle unsere Jugendkirche wird“, sagt Zillgen. Nach einem geeigneten Kirchenstandort werde gerade gesucht. Doch: „Wir wollen mobile Angebote besonders stark machen, sodass wir uns nicht nur auf Trier fokussieren, sondern von dort auch in die Fläche hineinwirken.“ Kirche der Jugend für den ganzen Visitationsbereich zu sein, „ist und bleibt unsere Aufgabe“.
Was das neue Jugendhaus im Robert-Schumann-Haus angeht, „wird ein ganz neues Angebot entwickelt“, erklärt Zillgen. Im Unterschied zur Marienburg werde das Jugendhaus im Robert-Schumann-Haus nicht nur Übernachtungs- und Seminarräume bieten, „sondern wir wollen dort auch eigene Angebote machen“. Wie die Bischöfliche Pressestelle erklärt, werde es dafür zusätzlich ein pastorales und pädagogisches Team geben, das Aktionen etwa für Schulklassen oder Firmkurse anbietet. Das habe es an den bisherigen Standorten so nicht gegeben.
Bisherige Jugendarbeit soll im neuen Jugendhaus ausgeweitet werden
Damit werde auf neue Bedarfe junger Menschen reagiert. „Somit wird die bisherige Jugendarbeit, die auf der Marienburg geleistet wurde, nicht nur aufgefangen, sondern personell und inhaltlich sogar ausgebaut“, schreibt die Pressestelle. Auch sie betont, dass die Arbeit der Fachstelle sowie der Kirche der Jugend weiterhin nicht nur an einem Ort stattfinden, sondern ebenso Jugendarbeit vor Ort begleitet werde – unter anderem durch Projekte in den Pastoralen Räumen.
Auf der einen Seite muss das Bistum sparen, auf der anderen Seite soll sich die Jugendseelsorge „stärker zu einem Schwerpunkt in der Arbeit des Bistums“ entwickeln, wie es im Haushaltssicherungskonzept heißt. Ein Zwiespalt? „Ich glaube, diesen Zwiespalt empfinden auf den ersten Blick viele“, sagt Jugendpfarrer Peter Zillgen. Natürlich handele es sich um eine Reduzierung von Örtlichkeiten von zwei (Marienburg, Haus Sonnental) auf eine. „Aber nicht, um uns ins Off zu schicken, sondern wir werden in ein angepasstes Gebäude übersiedeln“, betont Zillgen.
Strukturen verändern sich, aber das Eine bleibt gleich: der Auftrag, jungen Menschen einen Vorschlag zu machen, wie sie ihrem Leben einen festen Halt aus dem christlichen Glauben heraus geben können.
Jugendpfarrer Peter Zillgen
Es sei der klare Wille des Bischofs, ein Jugendhaus zu haben, in dem „Bestärkungen aus dem Glauben heraus und lebensdienliche Glaubenserfahrungen wirklich möglich sind“. Und würde überall zurückgebaut und nicht in junge Menschen investiert, die den Glauben in die Zukunft tragen sollen, „dann könnten wir direkt dichtmachen“, glaubt Zillgen und fügt hinzu: „Aber das tun wir eben nicht, wir investieren in die Jugend.“
Doch das Robert-Schumann-Haus ist noch nicht der endgültige Standort des neuen Jugendhauses in Bistumsträgerschaft. Es würden Alternativen dazu gesucht, erklärt Zillgen. Denn laut Haushaltssicherungskonzept sollte das Haus in Trier mittelfristig eigentlich nicht mehr als bistumseigenes Tagungshaus weitergeführt werden. Wie geht Peter Zillgen persönlich mit den Veränderungsprozessen in seinem kirchlichen Arbeitsfeld um? „Es gab immer den erklärten Willen, wir sollen ein Jugendhaus bekommen“, sagt der Jugendpfarrer.
Er stehe hinter dem Auftrag eines solchen Jugendhauses, sehe darin große Chancen für die Weitergabe des Glaubens. „Strukturen verändern sich, aber das Eine bleibt gleich: der Auftrag, jungen Menschen einen Vorschlag zu machen, wie sie ihrem Leben einen festen Halt aus dem christlichen Glauben heraus geben können“, sagt Zillgen. "Dafür lohnt es sich, eine Zeit lang Ungewissheit auszuhalten.“