Nahende Landtagswahl
Welche Erkenntnisse die Wahl für Rheinland-Pfalz bringt
Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD, links) und Oppositionsführer Gordon Schnieder (CDU) treten bei der Landtagswahl 2026 gegeneinander an.
Helmut Fricke/dpa

AfD und CDU gewinnen, die SPD verliert - aber was bedeutet das für die Landtagswahlen in einem Jahr? Eine Analyse möglicher Auswirkungen der Bundestagswahl.

Die AfD schießt mit der Konfettikanone, die CDU jubelt verhalten, die SPD ist konsterniert. So lassen sich die Stimmungen am rheinland-pfälzischen Wahlabend zusammenfassen. Vorboten für die Zeit in einem Jahr? Die Parteien in Rheinland-Pfalz stehen nach der Bundestagswahl vor der Landtagswahl. Im Frühjahr 2026 werden die Rheinland-Pfälzer über ein neues Landesparlament abstimmen. Welchen Einfluss haben die Ergebnisse aus Berlin? Haben sie überhaupt einen? Und was bedeutet die Abwahl der Berliner Ampel-Parteien für die rheinland-pfälzische Ampel? Fünf Erkenntnisse:

  • Die SPD hat derzeit nichts mehr zu melden

Die Sozialdemokraten haben bei der Bundestagswahl in Rheinland-Pfalz historisch schlecht abgeschnitten. An die AfD verlor die SPD teils ehemalige Hochburgen. Und die CDU gewann bis auf eine Ausnahme alle Wahlkreise im Land. Aber, das pflegten einflussreiche Sozialdemokraten selbst am ernüchternden Wahlabend zu sagen: Die Landtagswahlen werden in Rheinland-Pfalz und nicht in Berlin gewonnen. Bisher gaben die Zahlen der SPD recht.

Trotz großem Abstand der CDU in vorherigen Umfragen gewann am Ende immer die SPD im Land. Und: „Für die SPD ist es günstiger, dass die Landtagswahl zeitlich weiter entfernt ist als ursprünglich geplant“, sagt der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun. Sollte Ministerpräsident Alexander Schweitzer bekannter und populär werden, hält Jun einen Sieg der SPD durchaus noch für möglich.

  • Die CDU muss ihren Kandidaten bekannt machen

Obwohl der Wahlsieg weniger deutlich ausfiel als gewünscht, kann die CDU durchaus Rückenwind für den nahenden Landtagswahlkampf verspüren. Aber auch Jun schränkt ein, dass kommendes Jahr andere Faktoren entscheiden als nur der Bundestrend – nämlich landespolitische Themen und Personen. „Das größte Defizit der CDU ist, dass Spitzenkandidat Gordon Schnieder im Land noch weitgehend unbekannt ist“, sagt der Politikwissenschaftler. Beim letzten Rheinland-Pfalz-Trend des SWR, einer repräsentativen Umfrage, kam Schnieder nur auf zwölf Prozent bei der Frage nach einer hypothetischen Direktwahl des Ministerpräsidenten. Allerdings stimmten auch nur 37 Prozent für Schweitzer. Die Mehrheit der Befragten tendierte weder zum einen noch zum anderen. Womöglich, weil sie keinen der beiden kannten.

  • Die Ränder werden auch in Rheinland-Pfalz stärker

Der größte Wahlsieger war die AfD. Bei der Landtagswahl 2021 kam die Partei noch auf 8,3 Prozent. Nun ist sie bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft im Land – mit mehr als 20 Prozent. Dieses Ergebnis auch 2026 zu halten, wird schwierig, wenn die Landespolitik wieder an Bedeutung zunimmt. Viel wird wohl auch davon abhängen, wie gut die neue Bundesregierung performt. Die AfD werde aber immer mehr zur relevanten politischen Kraft, sagt Jun.

der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun
Harald Tittel. dpa

Von den Linken lässt sich das zwar noch nicht behaupten. Allerdings hat die Partei in Rheinland-Pfalz mit 6,5 Prozent einen Überraschungserfolg eingefahren. Im Landtag spielte die Linke bislang nie eine Rolle und die Landespartei war lange zerstritten. Politikwissenschaftler Jun sieht aber einen Vorteil darin, dass sie als Oppositionspartei leichter Wähler binden könnte und diese nicht enttäusche. Aber die Partei sei besonders bei Jungwählern und in Großstädten stark, letztere seien in Rheinland-Pfalz nur begrenzt vorhanden. Das Bündnis Sahra Wagenknecht will Jun trotz des Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde noch nicht ganz abschreiben. Ein Jahr nach der Gründung sei das „kein schlechtes Ergebnis“. „Wenn Wagenknecht weitermacht, ist Wählerpotenzial vorhanden.“ Ausgang noch offen.

  • Die FDP kämpft gegen die Bedeutungslosigkeit

Die FDP war in Rheinland-Pfalz der zweitgrößte Wahlverlierer. 7,1 Prozentpunkte weniger als 2021 standen am Ende zu Buche. Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag und dem Rückzug ihrer Führungsfiguren werden sich die Liberalen in der außerparlamentarischen Opposition komplett neu ordnen müssen. Die FDP werde deshalb alles tun, um die Regierungsbeteiligung in Rheinland-Pfalz zu halten, sagt Politikwissenschaftler Jun. Dies sei aber keine leichte Aufgabe, da die Partei nun auf die bundespolitische Aufmerksamkeit verzichten müsse. In der mittlerweile zweiten Wahlperiode regieren sie in Mainz als kleinster Partner einer Ampel-Koalition. Dass die FDP keine Dauerkarte im Landtag gebucht hat, zeigte sich bereits 2011, als sie aus dem Parlament flogen. Nicht nur in Berlin, auch in Mainz müssen die Liberalen nun die Weichen neu stellen. Der Austritt von Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der zugleich Landesvorsitzender der Partei war, traf die FDP hart. Der Vorsitz ist noch immer vakant. Vergangene Woche hat die FDP durch einen plötzlichen Todesfall ihren Justizminister Herbert Mertin verloren.

Auf die Ampel-Koalition generell sieht der Trierer Forscher Jun indes keine „unmittelbare Auswirkung“. Alle drei Parteien hätten nach der Wahlschlappe nun „noch mehr Interesse, dass diese Koalition zusammenhält“. Auch die Grünen hatten sich ein besseres Ergebnis erhofft, allerdings immerhin das zweitbeste bei einer Bundestagswahl einfahren können.

  • In Berlin gibt es (noch) weniger Rheinland-Pfalz

Zwei Minister, drei Staatssekretäre – das war die Bilanz für Rheinland-Pfalz in der Ampel-Koalition in Berlin. Nun ist zwar noch kein neues Kabinett in Sicht, derart viele Posten werden für rheinland-pfälzische Politiker eher nicht herumkommen. Womöglich steigt aber der Einfluss der beiden Abgeordneten aus der Region Trier, Verena Hubertz (SPD) und Patrick Schnieder (CDU), in ihren Fraktionen noch weiter. Und CDU-Spitzenfrau Julia Klöckner hat womöglich Chancen auf einen Posten. Deshalb sei es verfrüht zu sagen, dass Rheinland-Pfalz in Berlin eine geringere Rolle spiele, sagt Jun.

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