Als unsere Zeitung Yannick Noack nach dem Sterne-Regen erreicht, ist zwar nicht zu sehen, ob ihn die Freude über den gerade errungenen Erfolg noch strahlen lässt. Das Gespräch findet übers Handy statt. Es ist dem frisch gekürten Zwei-Sterne-Koch aber deutlich anzuhören, dass er glücklich über das ist, was in den letzten Tagen geschehen ist – und in den Monaten zuvor: In der vergangenen Woche ist das Koblenzer Restaurant “Gotthardt’s by Yannick Noack“ im Hotel Fährhaus vom Gourmetführer „Guide Michelin“ mit zwei Sternen ausgezeichnet worden. Erkocht hat sie Yannick Noack.
Fährhaus-Inhaber ist der Koblenzer Unternehmer Frank Gotthardt. Das Restaurant trägt also seinen Namen, aus gutem Grund aber auch noch den des Spitzenkochs Noack: Er baute es im vergangenen Jahr auf – „von null an“, sagt Noack. Er plante die Küche und das Restaurant, schrieb das Konzept, entwickelte Gerichte: „Es ist ein großes Glück, so etwas mit völlig freier Hand tun zu dürfen“, sagt er. Um all das umzusetzen, war Tempo angesagt: Sieben Wochen hatte er Zeit, bevor das „Gotthardt’s by Yannick Noack“ dann im Dezember 2024 eröffnete. Mit Noack als Küchenchef, selbstverständlich.
Deutschlands jüngster Zwei-Sterne-Koch
Und jetzt, ein halbes Jahr später, heißt es im „Guide Michelin“: „Es hat schon etwas Exklusives, dieses kleine Restaurant im Hotel Fährhaus mit seiner reizvollen Lage direkt am Moselufer, dem wertig-eleganten Ambiente und nur 20 Plätzen, von denen sich vier am Chef’s Table in der offenen, von überall gut einsehbaren Küche befinden.“ Gelobt wird Noacks klassisch basierte und modern-kreativ interpretierte Küche.
Der Gastroführer erinnert zudem daran, dass Noack an anderer Stelle in einer anderen Küche ziemlich erfolgreich gewesen ist: im „Purs“ in Andernach. 2023 holte er auch dort zwei Sterne, 29 Jahre alt war er da. Einen jüngeren Zwei-Sterne-Koch als Yannick Noack hat es in Deutschland bislang nicht gegeben. Jetzt ist er 31, hat die Küche gewechselt, ein Restaurant aufgebaut und lässt jetzt zwei Sterne über dem Moselufer leuchten. Was für ein Ritt. Ja, es sei wirklich viel passiert in den vergangenen Monaten, meint Noack am Telefon. Er klingt sehr zufrieden.

Doch was bedeutet es ihm, dass er sich auch am neuen Standort wieder in die überschaubare Schar der Zwei-Sterne-Köche gekocht hat, die es in Deutschland gibt? Keine 50 sind es. „Erst einmal ist es für das Restaurant unglaublich wichtig, dass wir in der Kürze der Zeit so ein Standing und so ein Niveau erreicht haben“, sagt er. Vom „Guide Michelin“ ausgezeichnet und empfohlen zu werden, bezeichnet Noack als elementar für den Erfolg eines Restaurants – „einhergehend mit der Buchungslage“. Auch für die Stadt Koblenz sei es eine Würdigung und ein Gewinn, wenn sich noch ein Restaurant in der Spitzengastronomie etabliere. Ein Zwei-Sterne-Haus gab es bislang in der Stadt an Rhein und Mosel nicht.
Und auch für ihn persönlich, erzählt er, war die Michelin-Auszeichnung vor ein paar Tagen natürlich wichtig. Er hat einen Anspruch an sich als Spitzenkoch, als jemand, der schon einmal zwei Sterne erkocht hat. „Aber so etwas schafft man nicht allein. So ein Erfolg steht und fällt mit den Menschen“, betont Noack. Er meint sein Team.
„Gerade bei so einem offenen Konzept, wie wir es haben, wo wir super-nah am Gast arbeiten, bekommt man jede Emotion mit, da kann man sich nicht verstecken.“
Yannick Noack
Zu fünft arbeiten Noack und seine Leute in der Küche, drei Personen sind es im Service, einer davon ist der Sommelier. Acht Personen also. Im Schnitt sind sie unter 30 Jahre alt – und doch begleiten sie Noack teils schon seit Jahren durchs Berufsleben. „Meinen Sous-Chef kenne ich schon seit zehn Jahren“, erzählt der Spitzenkoch und ergänzt, dass die ganze Truppe schnell zu einem Team gewachsen ist. „Wir machen sogar viel in unserer Freizeit zusammen.“ Und es harmoniere in Küche und Service: „Gerade bei so einem offenen Konzept, wie wir es haben, wo wir super-nah am Gast arbeiten, bekommt man jede Emotion mit, da kann man sich nicht verstecken“, meint Noack.

Sein Team ist für den 31-Jährigen auch ein wichtiger Resonanzkörper, wenn er neue Gerichte entwickelt. Gemeinsame Probeessen sind beispielsweise Usus, dann dreht sich am Tisch alles um die Frage, ob auf dem Teller alles stimmig ist. Bis ein neues Gericht steht und den Weg auf die Speisekarte findet, kann es mitunter Wochen dauern, erzählt Noack. Geschmackliche Nuancen verfeinern, an der Textur arbeiten, kurzum: so lange an einem Gericht arbeiten, bis alles Sinn ergibt. „Das kann beim ersten Probekochen passieren – manchmal aber auch erst im zehnten Versuch.“ Wenn er neue Speisen kreiert, lässt sich der 31-Jährige von der Frage leiten, „was die Natur in höchster Qualität zu welcher Jahreszeit liefert“.

Sterneküche in Koblenz: Herr Noack, ist Kochen Kunst?
Der jüngste Zwei-Sterne-Koch Deutschlands kocht nun in Koblenz: Yannick Noack erzählt im Interview, wieso er nicht im Purs in Andernach geblieben ist, ob er den dritten Stern bereits im Blick hat – und was er in der heimischen Küche gerne zubereitet.
Mit welchen Speisen er die Kritiker des „Guide Michelin“ bei ihrem Besuch überzeugt hat, weiß er nicht vollständig. Im Beitrag über das „Gotthardt’s by Yannick Noack“ heißt es: „Gerichte wie „Bretonische Seezunge, Wirsing, rote Paprika, Ochsenmark“ und „Reh, Pistazie, Cherry Coke, Rote Beete“ sind feinsinnig gearbeitet und zeigen eine schöne Finesse.“ Bewusst wahrgenommen, dass Tester des Gourmetführers am Tisch sitzen, hat es Noack seinerzeit nicht. Sie geben sich per se nicht zu erkennen. „Aber natürlich entwickelt man mit den Jahren schon ein Gefühl dafür, ob ein Gast möglicherweise nicht doch ein Kritiker ist.“
Fährt er in so einem Fall gleich noch einmal mehr seiner Kochkunst auf? „Nein, wir kochen ja nicht extra für Tester, sondern per se auf höchstem Niveau für unsere Gäste“, sagt Noack. Zudem: „In der Küche kann man aktuell am Tag vielleicht noch 15 bis 20 Prozent Einfluss auf die Qualität der Speisen nehmen: Wir bereiten viel vor, fermentieren, legen ein, Saucen brauchen drei, vier Tage, bis sie perfekt sind. Die Vorbereitung ist schon absolut entscheidend“, erklärt der Spitzenkoch. Er verrät allerdings noch: „Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Tester im Haus ist, schaue ich noch einmal genauer auf die Teller, bevor sie rausgehen.“