Mittelrhein – Der erste seilgezogene Steillagenvollernter feierte Premiere am Mittelrhein.
Auf diese technische Innovation warten die mittelrheinischen Steillagenwinzer schon lange. Im Weinberg von Weinbaupräsident Gerhard Lambrich in Oberwesel-Dellhofen wurde der huckepack auf einem einachsigen Spezialanhänger mit zwei Seilwinden befestigte Vollernter als Prototyp erstmals ausprobiert.
Bereits 2007 so ein Gerät in Bernkastel-Kues vorgestellt. 2008 gab es erste Probeuntersuchungen, 2009 wurde der Vollernter als Bundesprojekt, kombiniert mit Pflanzenschutz, begonnen.
Nun präsentierte das Landwirtschaftsministerium im Rahmen der Grünen Woche unter dem Motto „Mit Köpfchen im grünen Bereich“ neue Ideen und Technologie, wie es im Bereich Weinbau in ein paar Jahren aussehen könnte. „Die Erfahrung der Flachlagen hat gezeigt, dass die Lese mit dem Vollernter auch mit dem Qualitätsgedanken der Winzer vereinbar ist, wenn die Pflege des Weinbergs stimmt,“ sagte Minister Hendrik Hering bei seinem Besuch in Oberwesel-Dellhofen. Nach seiner Ansicht birgt diese technische Neuerung einen Rationalisierungsschub für den Steillagenweinbau.
Der Arbeitskräftemangel für die Handlese ist auf dem Vormarsch, beklagen die Steillagenwinzer vom Mittelrhein. Mit dem Vollernter könnten die Kosten für die Lese halbiert werden. Eine Mehrzeilenbearbeitung ist Zukunftsmusik, an der bereits komponiert wird. Hoch modern ist das neue fünf Tonnen schwere Arbeitsgerät für die Winzer. Mit 86 PS befährt es die Steillage mit Reifen statt Raupenketten. Eine automatische Bremse und die beiden Seilwinden auf dem Transportanhänger sorgen für Sicherheit. Schwachpunkte aus Sicht von Weinbaupräsident Lambrich sind derzeit noch der Anhänger und ein paar kleine Kinderkrankheiten, die aber schnell in den Griff zu bekommen sind. So ist der Anbau weiterer Arbeitsgeräte für den mehrzeiligen Arbeitseinsatz und für den Pflanzenschutz vorgesehen.
Skeptisch sind dennoch einige Winzer. „Ob ich das noch in meiner aktiven Winzerzeit erleben werde, ist fraglich,“ murmelte einer bei der Vorstellung des Vollernters. Begeistert waren sie dennoch von der Demonstration des fünf Tonnen schweren Arbeitsgeräts, das in fünf bis zehn Jahren zum Einsatz kommen soll.
Dafür muss der Weinberg eine Zeilenbreite von mindestens 1,50 Meter (optimal 1,80 Meter) haben, die Steigung darf maximal 60 Prozent betragen. Eine stabile Drahtrahmenerziehung der Reben ist ebenso erforderlich, wie ein oberer Weganschluss für die An- und Abfahrt. Dieser muss mindestens fünf Meter breit sein (drei Meter Weg und 2 x 1 Meter Grenzabstand).