Mit Hunden auf ASP-Suche
Vierbeiner haben die Nase ganz weit unten
Drahthaarmix Bärchen macht seine Sache gut, in Windeseile hat er das Stück Wildschwein in einer der Kisten erschnüffelt und zeigt Interesse daran.
Charlotte Krämer-Schick

Bei der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) setzt das Land Rheinland-Pfalz verstärkt auf den Einsatz von Kadaverspürhunden. Doch bevor die Vierbeiner nach Schweinen suchen können, müssen sie ausgewählt und trainiert werden.

Konzentriert hält Bärchen die Nase am Boden und stoppt abrupt an einer von vier Holzkisten. Von dieser lässt der Rüde nicht mehr ab, bis sein Frauchen ihn dazu auffordert und ihn belohnt. In der Kiste befindet sich ein Stück eines Wildschweins. Dass der Drahthaarmix es erschnüffelt hat und Interesse daran zeigt, ist schon mal ein gutes Zeichen. So könnte er geeignet sein als Kadaverspürhund.

Im Juni des vergangenen Jahres hat die Afrikanische Schweinepest (ASP) auch Rheinland-Pfalz erreicht. Um sie einzudämmen, setzt das Land zum einen auf den Einsatz von Wärmebilddrohnen. 42.600 Hektar seien bis zum Stichtag 29. Januar bereits abgeflogen worden. Zum anderen spielen ASP-Kadaverspürhunde eine tragende Rolle, mit ihnen wurden 4200 Hektar abgesucht. „Über kurz oder lang werden wir circa 200 Kadaverspürhundegespanne brauchen“, schätzt der landesweit zuständige Ausbildungsleiter Hartmut Frohnweiler. Denn die kommen immer dann und dort zum Einsatz, wo Drohnen nicht weiterhelfen. Doch bevor diese Hund-Mensch-Teams auf Kadaversuche gehen können, prüft der Förster und Schweißhundeführer aus dem Hunsrück sie auf ihre Tauglichkeit. Anschließend durchlaufen sie eine Ausbildung, die sie mit einer Eignungsprüfung abschließen.

Ist der Hund sozialverträglich? Und auch gegenüber Menschen freundlich? Das stellt der ehemalige Leiter des Veterinäramts Rhein-Hunsrück, Theodor Schellen, fest, indem er die Chips der Hunde ausliest. Dackel Franz aus Ludwigshafen lässt das brav mit sich machen.
Charlotte Krämer-Schick

26 Hunde samt Besitzer aus ganz Rheinland-Pfalz, von Ludwigshafen bis Neuwied, von der hessischen Grenze bis zu der nach Luxemburg, sind an diesem Freitagmorgen nach Gemünden im Hunsrück gekommen. Auch eine Dame aus dem Saarland ist dabei. An vier Stationen will Frohnweiler mit einem Team aus zehn Helfern sehen, wie geeignet Hund und Hundeführer für die Suchenarbeit sind. „Zuerst schauen wir, wie sozialverträglich der Hund ist – in Bezug auf andere Hunde und auf Menschen“, sagt Frohnweiler.

Dackel Franz aus Ludwigshafen, der von seinen Besitzern auf den Arm genommen wird, lässt sich vom ehemaligen Leiter des Veterinäramtes Rhein-Hunsrück, Theodor Schellen, ganz entspannt seinen Chip auslesen. Damit ist der erste Test schon bestanden. Nachdem alle weiteren 25 Chips ausgelesen sind, geht Schellen mit seiner Dackeldame Fränzi kreuz und quer durch die Reihe, in der sich Hunde und Führer aufgestellt haben. Von Weimaraner über Pudel, Labrador und Retriever bis zum Dackel oder Jack Russel Terrier, die Vierbeiner bleiben fast alle cool und zeigen nur wenig Interesse an Fränzi. Damit kann es für alle Gespanne zu den nächsten Stationen gehen.

Wie sich die Hunde fremden Artgenossen gegenüber verhalten, prüft Theodor Schellen, indem er mit seiner Dackeldame Fränzi im Zickzack durch die Reihe der Bewerber geht.
Charlotte Krämer-Schick

Um zukünftig ausreichend viele Suchengespanne im Land vorhalten zu können, haben das Umweltministerium, Landesforsten, der Landesjagdverband, der Malteser Hilfsdienst und der Landesverband des Jagdgebrauchshundeverbands eine Kooperation gebildet. Ihr Ziel: die Etablierung einer dezentralen Ausbildung von ASP-Kadaverspürhunden.

Als das Umweltministerium auf Frohnweiler zukam und ihn fragte, ob er sich vorstellen könne, diese Ausbildung landesweit zu koordinieren, sagte er ganz spontan zu. „Ich bin quasi im Hundezwinger großgeworden“, sagt der Förster lachend. Wenn er etwas ausgefressen habe als Kind, habe er sich stets bei der Drahthaarhündin in der Kiste versteckt, erzählt er. Bei der Ausgestaltung seiner neuen Aufgabe habe ihm das Ministerium freie Hand gelassen. „Aber dass der Aufbau einer solchen Hundestaffel nicht allein geht, war mir gleich bewusst“, sagt er. Daher habe er eine Art Mentorenmodell eingeführt, das er vor vielen Jahren einmal in der Pfalz kennengelernt habe.

Heißt: Im ersten Schritt wurden Personen gesucht, die nach einer intensiven Schulung als Mentoren für die Ausbildung der Suchengespanne fungieren. Landesweit solle es circa 25 solcher Mentoren oder Ausbilder geben – mindestens einen pro Landkreis. „Aus 80 Bewerbern haben wir die qualifiziertesten ausgewählt“, sagt Frohnweiler. Darunter seien etwa Verbandsrichter und Ausbilder von Rettungshunden oder Spürhunden. „Es ist unglaublich, wie viele Kompetenzen wir in Rheinland-Pfalz haben“, ist er erstaunt.

Bevor es für Hunde und Führer an die einzelnen Stationen geht, erklärt Hartmut Frohnweiler den Ablauf der Sichtung.
Charlotte Krämer-Schick

Auf einer Wiese am Waldrand hat das Team eine Schleppe gelegt. Dort sollen die Hunde zeigen, wie suchfreudig sie sind. Mit tiefer Nase geht es die Spur entlang – und das ohne Leine. „So lässt sich auch der Gehorsam überprüfen, und wir sehen, wie gut sich der Hund von seinem Führer lenken lässt“, sagt Frohnweiler. Hunde, die sofort anfangen zu jagen und nicht mehr abrufbar sind, fallen gleich raus. Doch an diesem Morgen bleiben alle Bewerber brav auf der Spur. „Die haben wirklich alle super gehört“, lobt er.

Auch Bärchen, der Drahthaarmix aus dem Westerwald, macht seine Arbeit gut. Eigentlich ist er mit seiner Besitzerin Katharina Roßen und seinem Hundekumpel Jack, einem Dackelmix, als Flächensuchhund und Mantrailer bei der Rettungshundestaffel am Rothaarsteig unterwegs. Roßen hatte nach einer sinnvollen Arbeit für und mit ihren Hunden gesucht, seit 15 Jahren ist sie nun schon aktiv. Da war es für sie naheliegend, sich auch als ASP-Kadaverspürhundegespann zu bewerben. Ganz gespannt ist sie, wie sich ihr Rüde an der vierten Station, der Pendelsau schlägt.

Mitten im Wald hat das Team ein Holzgestell mit einem beweglichen Balken aufgebaut, auf dem sich ein Stück Schwarzwild befindet. Findet der Hund über seinen Geruchssinn den Weg zur Sau, wird diese plötzlich bewegt. „Es gibt Hunde, die zeigen sich ängstlich, andere gehen sofort dran“, sagt Frohnweiler. Der dreijährige Rüde Bärchen indes zeigt sich völlig entspannt und unbeeindruckt, hält etwas Abstand und bellt. Jack hingegen nähert sich der Sau von hinten, um sie dann eher gelangweilt zu passieren. „Beide Hunde haben die Stationen souverän gemeistert“, ist Besitzerin Roßen stolz. Bärchen kann sich in Sozialverträglichkeit, Gehorsam, Führigkeit, Suche, Passion/Arbeitswille, Nasenleistung, Interesse an Spielzeug/Futter und Interesse am Zielgeruch über die Prädikate „sehr gut“ und „gut“ freuen.

Die Pendelsau, die gut getarnt unter Ästen aufgebaut ist, wird plötzlich bewegt, sobald sich ein Hund nähert. Mancher Vierbeiner reagiert verängstigt, andere gehen dirket dran, sagt Hartmut Frohnweiler. Dieser Golden Retriever zeigt in jedem Fall Interesse.
Charlotte Krämer-Schick

Alle 26 Hunde mit ihren 22 Besitzern werden an diesem Morgen als geeignet eingestuft. Nun soll bald die Ausbildung der inzwischen mehr als 100 ausgewählten Gespanne beginnen. Frohnweiler schätzt, dass sie einmal pro Woche mit ihren Mentoren trainieren werden, um die Qualität sicherstellen zu können. Zudem gebe es nun eine Menge zu tun. „Die Geruchskonditionierung muss zu Hause stattfinden bei der sogenannten Stubendressur, die Hunde müssen den Aasgeruch des Wildschweins kennenlernen und diesen dann auch anzeigen“, erklärt er. Finden und anzeigen soll der Hund später alles, was vom Wildschwein zu riechen ist – vom Kleinstteil bis zum ganzen Stück. „Das muss alles weg“, macht Frohnweiler deutlich, denn jedes noch so kleine Teil könne bis zu einem Jahr lang infektiös sein.

Er schätzt, dass die ersten Hunde frühestens in vier bis sechs Monaten einsatzfähig sind. Zudem hofft er, dass mindesten 50 Prozent der ausgewählten Gespanne bis zu einer ersten Prüfung, die für August geplant ist, durchhalten. Um das gesetzte Ziel von 200 Gespannen zu erreichen, rechnet er mit drei Jahren. Läuft alles nach Plan, sollen langfristig 30 bis 40 Hunde ausgebildet werden.

Bewerbung als Mentor oder Hundeführer möglich

Das Land Rheinland-Pfalz setzt bei der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) auch auf sogenannte ASP-Kadaverspürhunde. Um zukünftig Suchengespanne in ausreichender Anzahl vorhalten zu können, werden Personen gesucht, die nach einer intensiven Schulung als Mentoren für die Ausbildung von Suchengespannen fungieren sollen. Die Ausbildung der Mentoren und der zukünftigen Gespanne werde sich an den Richtlinien zur Ausbildung von Kadaverspürhunden (KSH) in Rheinland-Pfalz mit abschließender Feststellung der Einsatzfähigkeit orientieren, heißt es seitens des Ministeriums. Wer Interesse hat, als Mentor oder als Kadaverspürhunde-führer aktiv zu werden, kann sich im Internet unter www.kadaverspuerhundeausbildung.wald.rlp.de bewerben. Dort finden sich auch die Richtlinien zur Ausbildung. Weitere Infos gibt es beim landesweit zuständigen Ausbildungsleiter, Hartmut Frohnweiler, per E-Mail an hartmut.frohnweiler@wald-rlp.de oder unter der Mobilnummer 01522/8850584.

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