Kritik des Landesrechnungshofs
Verschwenden Finanzämter unser Steuergeld?
22 Finanzämter gibt es in Rheinland-Pfalz. Könnten sie durch verbesserte Arbeitsabläufe Geld sparen? Laut Rechnungshof ja - in Millionenhöhe.
Bernd Wüstneck. picture alliance/dpa

Die Finanzämter treiben bei den Bürgern Steuern ein, um den Staat am Laufen zu halten. Aber wirtschaften sie selbst auch sorgfältig oder geben sie Millionen von Euro zu viel aus – Geld, das anderswo fehlt? In Rheinland-Pfalz gibt es aktuell Kritik.

Verschwendet ausgerechnet das Landesamt für Steuern mit seinen 22 Finanzämtern Steuergeld in Millionenhöhe? Dies prangert jedenfalls der Landesrechnungshof als unabhängige Instanz an, nachdem sich Prüfer die Arbeitsabläufe genauer angeschaut haben. Ein Fazit: Allein in Geschäftsstellen der Finanzämter könnten bis zu 77 Vollzeitstellen eingespart oder für andere Aufgaben eingesetzt werden. „Dies entspricht Personalkosten von jährlich bis zu 6,6 Millionen Euro“, stellt die Rotstiftbehörde fest. Sie wird inzwischen von Präsident Marcel Hürter geleitet. Von 2011 bis 2016 saß er mit Finanzministerin Doris Ahnen in der SPD-Landtagsfraktion, die er jetzt unparteiisch kontrollieren musste.

Ob sich etwa durch mehr Digitalisierung und Verzicht von einzelnen Aufgaben Millionen einsparen oder sinnvoller einsetzen lassen, prüft das Landesamt nun. Dies teilt sein Sprecher Marius Spohr auf Anfrage zur Kritik und zu Vorschlägen des Rechnungshofs mit. Zum 1. Januar 2024 gab es in den Geschäftsstellen insgesamt 248,4 Vollzeitstellen.

Belege werden quer durchs Land transportiert

Aber die Finanzaufsichtsbehörde in Speyer verlangt noch mehr Hausaufgaben vom Landesamt. Denn der tägliche Belegtransport zwischen dem Landesamt für Steuern in Koblenz und den Finanzämtern im ganzen Land sei schließlich „nicht wirtschaftlich“. Würden die Belege per Post verschickt, ließen sich jährlich 273.000 Euro einsparen, rechnen die Prüfer vor. Werde die steuerliche Ausgangspost der Finanzämter zentral beim Landesamt in Koblenz ausgedruckt und versandt, fielen jährlich noch einmal 240.000 Euro weniger an Kosten an.

Auch die Pfortendienste nahm die Rotstiftbehörde ins Visier. Eine Durchgangskontrolle sowie die Information etwaiger Besucherinnen und Besucher sei nicht erforderlich. Einen „ausschließlichen Pfortendienst“ soll es auch nach Ansicht des Landesamtes für Steuern (LfSt) nicht geben. Deshalb werde die Praxis nochmals überprüft. Es soll sichergestellt werden, dass das während der Öffnungszeiten der Ämter an den Pforten eingesetzte Personal mit anderen Aufgaben betraut wird. Dabei soll es aber am Service keine Abstriche geben, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung.

Nach der Kritik des Rechnungshofs sind die Telefonzentralen in der Finanzverwaltung ebenfalls überbesetzt. An vier Finanzämtern waren 23,4 Mitarbeiter in Vollzeit tätig, die jährlich etwa 700.000 Anrufe entgegennahmen. Aber mindestens 80 Prozent aller Anrufe könnten automatisiert vermittelt werden. Ersparnis: zwölf Vollzeitstellen, so die Kontrolleure.

Grundsätzlich kann sich auch das Koblenzer Landesamt eine (Teil-)Automatisierung über ein Sprachdialogsystem vorstellen, erklärt Sprecher Marius Spohr. Nur: „Die aktuellen technischen Möglichkeiten unterstützen diese Funktion noch nicht.“ Ein Austausch oder eine Aktualisierung der entsprechende Soft- und Hardware sei wegen der Größe der rheinland-pfälzischen Steuerverwaltung kurzfristig nicht möglich, heißt es auf Anfrage.

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