In ein paar Wochen gibt es in den Schulen am letzten Schultag vor den Sommerferien Zeugnisse – schon heute verteilte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Schulnoten für den Radverkehr in ganz Deutschland. In Berlin stellte die Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer den ADFC-Fahrradklima-Test 2024 vor. Bei dem Test schneidet Rheinland-Pfalz schlecht ab. Die Fahrradfreundlichkeit der Städte in unserem Bundesland wird im Schnitt mit der Schulnote 4,2 bewertet (1 = sehr gut, 6 = ungenügend), wie der ADFC am Dienstag informiert.
Damit komme Rheinland-Pfalz schlechter als jedes andere Flächenbundesland beim ADFC-Fahrradklima-Test 2024 weg. In den Nachbarbundesländern Hessen und Baden-Württemberg liegt nach ADFC-Angaben die Durchschnittsnote bei 3,8, NRW erreicht eine 4,1. Der Radfahrer-Interessenverband spricht von einem „deutlichen Handlungsbedarf bei der Radverkehrsförderung in Rheinland-Pfalz“.
Zu den weiteren zentralen Ergebnissen für das Bundesland: Die Stadt Koblenz schaffte es laut ADFC mit einer Gesamtnote von 4,0 auf Platz 16 der fahrradfreundlichsten Städte zwischen 100.000 und 200.000 Einwohnern. In Rheinland-Pfalz steht Koblenz sogar an der Spitze der zehn größten Städte.
Koblenz macht Fortschritte
Die Rhein-Mosel-Stadt konnte sich beim Fahrradklima-Testergebnis in den zurückliegenden Jahren deutlich verbessern – von 4,7 (2020) auf 4,3 (2022) auf nun 4,0. Der ADFC spricht von einem „bundesweit bemerkenswerten Aufwärtstrend“ – auch wenn die Stadt mit einer 4,0 lediglich weiter im ausreichenden Bereich liege. Besonders positiv bewerten die Koblenzer Radfahrer nach ADFC-Angaben die Fahrradförderung, die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und die Öffnung der Einbahnstraßen in die Gegenrichtung.
Wo Licht ist, ist auch Schatten: Die Stadt Neuwied landet dem ADFC zufolge zum wiederholten Mal am Ende der Städte zwischen 50.000 und 100.000 Bürgern. Die Deichstadt erreicht die Note 4,5. Damit belegt sie bundesweit Platz 106 von 113, „abgeschlagen am Ende der Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern in Rheinland-Pfalz“, wie der Fahrradklub mitteilt. Besonders negativ sähen die Umfrageteilnehmer die Sicherheit im Straßenverkehr. Fast drei Viertel hätten der Stadt bei diesem Punkt die Note mangelhaft oder ungenügend gegeben. 94 Prozent der Befragten ist das Thema aber wichtig.
Windhagen bundesweit fast Letzter
Ein noch schlechteres Ergebnis als Neuwied erzielt Windhagen (Kreis Neuwied) beim ADFC-Fahrradklima-Test 2024. Mit der Note 4,91 strandet die Ortsgemeinde auf dem vorletzten Platz bundesweit (Platz 422 von 423) in der Kategorie der Kommunen unter 20.000 Einwohnern.

Pendlerrouten für Radfahrer lassen auf sich warten
Eigentlich sollen bis zur nächsten Wahl 2026 alle sieben Pendlerradrouten im Land fertig sein. Startklar sind rund 30 von 350 Kilometern der Radschnellverbindungen. Die Kritik, dass es nicht vorangeht, wird lauter.
Der Landesvorsitzende des ADFC Rheinland-Pfalz, Bernd Lohrum, kritisiert die Ergebnisse: „Rheinland-Pfalz darf beim Radverkehr nicht länger Schlusslicht sein.“ Die rheinland-pfälzischen Städte lägen beim Test weit hinten – und schnitten schlechter als alle anderen Flächenländer ab. „Das ist ein eindeutiges Alarmsignal“, mahnt Lohrum. Er fordert die Landesregierung auf, den Radverkehr „endlich zur Chefsache zu machen“, die Radverkehrsförderung zu priorisieren und die Kommunen deutlich besser zu unterstützen.
„Die Landesregierung muss den Radverkehr endlich zur Chefsache machen und die Kommunen deutlich besser unterstützen.“
Bernd Lohrum, Vorsitzender des ADFC Rheinland-Pfalz.
Der ADFC-Landesverband erklärt weiter: „Rheinland-Pfalz braucht ein deutlich stärkeres Engagement des Landes, von ausreichender Finanzierung über den zügigen Ausbau sicherer Radinfrastruktur bis hin zur personellen Unterstützung der Kommunen.“ Auch die Städte und Gemeinden im Bundesland seien aufgerufen, mutige Maßnahmen für den Radverkehr zu ergreifen. Positivbeispiele wie Landau – mit der Note 3,34 eine der radfreundlichsten Städte in RLP – oder die Fortschritte in Koblenz zeigten, dass entschlossenes Handeln vor Ort zu spürbaren Verbesserungen führe. Sichere und breitere Radwege, konsequente Falschparker-Kontrollen auf den Radspuren, mehr Abstellmöglichkeiten und eine bessere Verkehrsführung an Baustelle seien einige Maßnahmen, die das Fahrradklima deutlich verbessern könnten.
Zum Fahrradklima-Test:
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist nach Auskunft des Fahrradklubs eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrer. Er wird alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt. Rund 213.000 Radfahrer haben bei der Online-Befragung laut ADFC abgestimmt. 1.047 Städte kamen in die Wertung, davon 34 aus Rheinland-Pfalz, darunter auch die Landeshauptstadt Mainz, die sich im Ranking nicht verbessern konnte. In der Städte-Kategorie 200.000 bis 500.00 Einwohner stagniert sie mit der Note 3,97 auf Platz 10 von 25.
Der ADFC ist nach eigenen Angaben mit über 240.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland. bas