Novelle des Landesjagdgesetzes
So nimmt Umweltministerium zur Jäger-Kritik Stellung
Ein Jäger geht bei Sonnenuntergang mit seinem Hund auf die Jagd. Seit mehreren Jahren laufen die Jägerinnen und Jäger in Rheinland-Pfalz Sturm gegen eine vom Umweltministerium vorangetriebene Neufassung des Landesjagdgesetzes. Jetzt beginnt eine entscheidende Phase im Gesetzgebungsprozess.
Patrick Pleul/dpa

Seit mehreren Jahren laufen Jäger in Rheinland-Pfalz Sturm gegen die Novelle des Landesjagdgesetzes. Bevor eine entscheidende Phase im Gesetzgebungsprozess beginnt, bezieht das Umweltministerium zur Jäger-Kritik Stellung. Dabei gibt’s eine Neuigkeit.

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Seit Jahren tobt um das neue Landesjagdgesetz eine Debatte. Das Gesetzesvorhaben soll eigentlich zum 1. April 2026 in Kraft treten. Am Montag teilt das Umweltministerium auf Nachfrage mit: Das Gesetz soll mit allen nachgelagerten Rechtsvorschriften (Landesjagdverordnung, Verwaltungsvorschriften, Mustersatzungen) zum 1. April 2027 zu Beginn des Jagdjahres rechtsverbindlich werden.

Jäger im ganzen Land protestieren gegen den Gesetzesvorschlag der Mainzer Ampelkoalition (SPD, Grüne und FDP). Am 25. Juni sollen die Demonstrationen in einer großen Kundgebung in Mainz gipfeln. Dann soll parallel im Landtag (14 Uhr) die Expertenanhörung im Umweltausschuss des Landtags (17. Juni) ausgewertet werden. Wir haben vor der Umweltausschusssitzung das Mainzer Umweltministerium von Ministerin Katrin Eder (Grüne) mit den Einwänden und Sorgen der Jägerschaft konfrontiert – und um eine Stellungnahme gebeten.

Auf die Frage unserer Zeitung, ob das Ministerium bereit ist, mit den Jägern noch einmal über den vorliegenden Entwurf zu sprechen, antwortet ein Sprecher: Der Gesetzentwurf sei dem Parlament übermittelt worden. Demnach liege „die Federführung“ nun in dortiger Hand. Der Sprecher sagt: „Demnach hat unser Haus keinen Einfluss mehr auf den weiteren Gesetzgebungsprozess und auf eine mögliche inhaltliche Anpassung des Entwurfes.“ Der Sprecher betont aber: Das Ministerium halte den Entwurf „für einen guten Kompromiss“. Ihm sei ein breiter Beteiligungsprozess vorausgegangen.

„Das Umweltministerium hält den Entwurf für einen guten Kompromiss, dem ein breiter Beteiligungsprozess vorausgegangen ist.“
Ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums

Die Ministerin selbst sagt unserer Zeitung: „Der Entwurf des Landesjagdgesetzes dient dem Schutz des Waldes in Zeiten des Klimawandels. Er soll den Baumnachwuchs und die Artenvielfalt im Wald sichern und damit gute Bedingungen für Wald und Wild schaffen. Die Jägerschaft spielt hierbei eine wichtige Rolle.“ Eder erklärt, dass durch das Gesetz aus ihrer Sicht Natur- und Tierschutz verbessert und Bürokratie abgebaut würde. Die Grünen-Politikerin spricht von einem „sorgsam ausgehandelten Kompromiss“ aus vier Jahren intensiver Zusammenarbeit mit allen wichtigen Akteuren im Jagdrecht. Es liege nun am Parlament, „mit der Verabschiedung des Gesetzes den Weg für klimafitte Wälder frei zu machen“.

Eder wiederholt also noch einmal: Nach Willen der Landesregierung soll das Jagdmanagement mehr auf die Walderneuerung als Folge des Klimawandels ausgerichtet werden. Doch genau dagegen regt sich Widerstand, vor allem vonseiten des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz.

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder.
Helmut Fricke/dpa

In einem Thesenpapier hält der Landesjagdverband Eder etwa vor, dass im Ganzen alles Handeln im Wald dem Ziel eines prosperierenden Wirtschaftswaldes untergeordnet werden solle. Der Sprecher der Umweltministerin antwortet dazu: Junge Bäume besäßen noch kein tief reichendes Wurzelwerk, sodass sie gegenüber den durch den Klimawandel häufiger auftretenden Trockenphasen empfindlich seien und ihr Wachstum beeinträchtigt werde. Der Sprecher ergänzt: In gleicher Weise wirke auch der Wildverbiss, der bei Überschreiten eines bestimmten Ausmaßes zu einer Baumartenarmut führe.

Dabei sei eine Vielfalt an Baumarten im Sinne einer Risikostreuung enorm wichtig, damit sich die heranwachsenden Wälder an den Klimawandel anpassen könnten. Dies diene dem Klimaschutz, der Bereitstellung des Rohstoffes Holz, der Ökologie des Waldes. Und letztlich dem Erhalt des Lebensraumes der Wildtiere, so der Sprecher. Von einer einseitigen Ausrichtung könne daher nicht die Rede sein.

Dem Vorwurf, dass mit dem Gesetzentwurf Dam- und Muffelwild eliminiert werden solle und nur mehr geschossen werden solle, tritt der Sprecher ebenfalls entgegen. Niemand fordere die Ausrottung von Dam- und Muffelwild. Das Gesetz sehe wie bisher vor, dass diese nicht heimischen Wildarten nur innerhalb bestimmter Gebiete gehegt und außerhalb dieser Gebiete nicht geduldet werden dürften. Die Regelung entspreche der sogenannten Berner Konvention: In der Konvention verpflichteten sich die Vertragsparteien, die Ansiedlung nicht heimischer Arten streng zu überwachen und zu begrenzen.

Ein weiterer Kritikpunkt des Landesjagdverbands lautet: Die Rotwildhegegemeinschaften verlören weitestgehend das Recht zur selbstbestimmten Abschussplanung und sollten einer zentralen Aufsicht durch die Obere Jagdbehörde in Neustadt an der Weinstraße unterstellt werden. Der Sprecher der Ministerin entgegnet: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Die Rotwildhegegemeinschaften, die künftig Rotwildbewirtschaftungsgemeinschaften heißen sollen, könnten den Abschussplan für ihren Zuständigkeitsbereich selbstständig erstellen.

Ministerium: Gesetz soll erst zum Jagdjahr 2027 in Kraft treten

Auch zur Kritik, Pächter und Jagdgenossenschaften würden zum Spielball von Behördenwillkür, und keiner wisse, was komme, nimmt der Sprecher Stellung. Er vermutet, dass damit kritisiert werden soll, dass die Landesjagdverordnung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorliege und somit offen sei, wie die Regelungen im Gesetzentwurf im Detail umgesetzt werden sollten. Der Sprecher erklärt: Das Gesetz solle erst zum Jagdjahr 2027 in Kraft treten. So könnten alle Neuerungen in der Jagd zu diesem Zeitpunkt gebündelt umgesetzt werden. Auf Nachfrage macht der Sprecher klar: Das Gesetz soll mit allen nachgelagerten Rechtsvorschriften (Landesjagdverordnung, Verwaltungsvorschriften, Mustersatzungen) zum 1. April 2027 zu Beginn des Jagdjahres in Kraft treten.

Das Ministerium habe außerdem angekündigt, die Verordnung „in einem breiten Austausch mit den Verbänden zu entwickeln“. Der Sprecher sagt weiter: „Ergänzend ist festzustellen, dass in dem Entwurf behördliche Anordnungen lediglich die Ultima Ratio darstellen.“ Im Gesetz werde ausdrücklich die Kooperation zwischen Grundeigentümern und Jagdausübenden gestärkt. Das sei das Gegenteil von „Behördenwillkür“.

Jagdgebrauchshundeverband ruft zur Teilnahme an Demonstration auf:

Der Jagdgebrauchshundeverband Rheinland-Pfalz ruft in einem Schreiben an Jäger, Jagdgenossenschaften, Hundeführer, Bauern, Winzer, Grundeigentümer, Naturschützer und Tierfreunde dazu auf, bei der Demonstration gegen die Novelle des Landesjagdgesetzes am 25. Juni in Mainz teilzunehmen. Der Jagdgebrauchshundeverband kritisiert vor allem das Verbot der Arbeit an der vorübergehend flugunfähigen, lebenden Ente scharf. Der Verband fordert einen sofortigen Stopp des „überhasteten Gesetzgebungsverfahrens“, eine Rückkehr zu „Transparenz, Beteiligung und Sachverstand“ sowie ein Jagdgesetz, „das wildbiologisch fundiert, praxistauglich und tierschutzgerecht ist“. Der Verband warnt davor, dass das Gesetz Fakten schaffe – und in anderen Bundesländern als Blaupause dienen könne. Im Brief heißt es: „Wer jetzt schweigt, riskiert, später keine Stimme mehr zu haben.“ bas

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