Kann eine Einwegsteuer helfen?
So groß ist das Verpackungsproblem in Rheinland-Pfalz
Immer mehr überfüllte Mülleimer prägen das Koblenzer Stadtbild. Einwegverpackungen machen einen erheblichen Teil davon aus. Die Stadt prüft daher derzeit die Einführung einer Verpackungssteuer.
Viktoria Schneider

Mit einer Verpackungssteuer möchte Tübingen die riesige Menge an Einwegverpackungen reduzieren. Andere Städte – wie Koblenz oder Bad Kreuznach – denken ebenfalls über eine solche Steuer nach. Doch wie viel Müll fällt in unserer Region überhaupt an?

Aktualisiert am 10. März 2025 15:35 Uhr

In der Fußgängerzone, am Bahnhof, am Flussufer: Wo viele Menschen zusammenkommen, entsteht schnell eine Menge Müll. Oft werden mitgebrachte Getränke- oder Essensverpackungen einfach achtlos liegen gelassen. In Tübingen in Baden-Württemberg soll eine Steuer auf Einwegverpackungen den Müllberg kleiner werden lassen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Steuer bestätigt hatte, denken nun Dutzende andere Städte in Deutschland darüber nach, ähnliche Steuern einzuführen – so auch Koblenz und Bad Kreuznach. Denn Zahlen aus unserer Region zeigen: Das Problem mit Verpackungsmüll ist groß.

227 Kilogramm davon wirft der Durchschnittsdeutsche pro Jahr weg, berichtet die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unserer Zeitung, auf Rheinland-Pfalz heruntergerechnet seien das rund 285 Millionen Einwegbecher und etwa 225 Millionen Einwegboxen. „Deutschland hat ein Verpackungsmüllproblem“, betont die DUH deshalb.

Obwohl in Deutschland seit Januar 2023 eine Mehrwegangebotspflicht gilt, nehmen nur wenige Menschen diese Möglichkeit wahr. Und so gelangen immer noch viele Einwegverpackungen in die Umwelt.
Viktoria Schneider

Die Becher, Boxen und Teller aus Einwegmaterialien landen nämlich viel zu oft auf der Straße. Eigentlich ist ihre Entsorgung klar geregelt: Die Hersteller müssen nach dem Verursacherprinzip für sie aufkommen, erklärt das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite.  Dafür bezahlen sie private Unternehmen, die die Abfälle einsammeln, sortieren und weiterverwerten.

Wenn die Verpackungen in öffentlichen Abfallbehältern landen oder illegal entsorgt werden, kümmern sich die Kommunen darum, sagt Pressesprecher Dietmar Brück vom Umweltministerium Rheinland-Pfalz. Das Gleiche gelte für Veranstaltungen, bei denen der Verpackungsmüll oft gemeinsam mit dem Restmüll erfasst werde. Dann müssen die städtischen Abfallbetriebe ausrücken. Doch wie viel Verpackungsmüll fällt in diesen Bereichen überhaupt an?

Steuer wird in Koblenz und Bad Kreuznach geprüft

Im Auftrag der Firma Remondis entsorgt der städtische Bauhof in Bad Kreuznach die sogenannten Leichtverpackungen, zu denen die Gelben Säcke gehören, teilt Pressesprecherin Isabel Gemperlein von der Stadtverwaltung mit. V on Januar bis September 2024 sind 1132 Tonnen Leichtverpackungen angefallen, i m Jahr zuvor waren es 1610 Tonnen. Für 2024 rechnet die Stadt mit einem leichten Anstieg, die Schlussrechnung liege aber noch nicht vor. Besonders viel Müll habe es in der Neustadt und im Pariser Viertel gegeben, so Gemperlein.

Deutlich mehr Verpackungsmüll gab es in Koblenz, wo der Kommunale Servicebetrieb im vergangenen Jahr 2909 Tonnen Leichtverpackungen entsorgte, berichtet Pressesprecher Thomas Knaak unserer Zeitung. Nicht mit eingerechnet sei der Kehricht, also das, was Kehrmaschinen oder Handkehrer entsorgen. Konkrete Abfallschwerpunkte nennt Knaak nicht, sagt aber: „Dort, wo viele Menschen zusammenkommen, wird auch mehr Müll aufgefunden.“

In Koblenz wurden im vergangenen Jahr 2909 Tonnen sogenannte Leichtverpackungen - dazu gehören Gelbe Säcke - durch den Kommunalen Servicebetrieb entsorgt.
Viktoria Schneider

Rund 550 Tonnen Abfall entsorgen die Servicebetriebe Neuwied pro Jahr, erklärt Geschäftsfeldleiter Frank Schneider. Etwa 40 Prozent davon machen Verpackungen aus, also rund 220 Tonnen. Hotspots seien die Fußgängerzonen in der Innenstadt, die Goetheanlage und das Deichvorland. Insgesamt schätzen die Servicebetriebe das Problem aber nicht höher ein als in anderen vergleichbaren Städten. „Das Verpackungsaufkommen entspricht dem Durchschnitt einer Stadt mit circa 60.000 Einwohnern“, sagt Schneider.

In Montabaur entsorgt der städtische Bauhof jährlich rund 50 Tonnen aus öffentlichen Müllbehältern, berichtet Christina Weiß von der Verbandsgemeindeverwaltung Montabaur. Es wird aber keine Statistik darüber geführt, wie viel davon Verpackungsmüll ist. Abfallschwerpunkte seien etwa der Bereich um den ICE-Bahnhof und den Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB), in der Fußgängerzone in der Innenstadt und am Großen Markt.

„Grundsätzlich ist die Verpackungssteuer ein hilfreiches Mittel, um die Abfallmenge zu reduzieren und eine Kreislaufwirtschaft zu befördern.“
Das rheinland-pfälzische Umweltministerium äußert sich positiv zum Thema Verpackungssteuer.

Um die Menge an Müll zu verringern, denken mehrere Kommunen über die Einführung einer Verpackungssteuer nach. Schon kurz, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Steuer in Tübingen für rechtmäßig erklärt hat, stellten die Bad Kreuznacher Fraktionen von CDU, Grünen und Freien Wählern entsprechende Anträge im Stadtrat. Das Kämmereiamt prüfe derzeit, ob eine solche Steuer umsetzbar ist und zu welchen Konditionen sie möglich ist, erklärt die Stadtverwaltung. Erst dann werde die Thematik erneut in den städtischen Gremien behandelt.

In Koblenz haben die Fraktionen der Freien Wähler und von Die Linke Anträge für eine Steuer in den Stadtrat eingebracht. Dieser hat nun beschlossen, die Stadtverwaltung mit der „Erstellung einer Verpackungssteuersatzung“ zu beauftragen. Die Verwaltung soll in Zusammenarbeit mit dem Städtetag Rheinland-Pfalz und anderen Kommunen die Steuer prüfen und den Stadtrat „zu gegebener Zeit“ informieren, berichtet Stadtsprecher Knaak.

Die Stadt Montabaur habe sich bislang nicht mit der Einführung einer Verpackungssteuer befasst, heißt es aus der VG-Verwaltung. Sie zeigt sich aber interessiert: „ Wir nehmen den Impuls aus Tübingen und Karlsruhe aber auf, um das Thema für uns zu prüfen, ebenso mögliche Alternativen“, sagt Pressesprecherin Christina Weiß.

Ähnliches berichtet die Stadtverwaltung Neuwied. „Bisher gab es noch keine Initiative in die Richtung“, erklärt Pressesprecher Ulf Steffenfauseweh, „aber es wird sicher in der Politik diskutiert. Früher oder später werden bestimmt Anträge kommen.“

Das rheinland-pfälzische Umweltministerium äußert sich zur Verpackungssteuer wie folgt: „Ob eine Gemeinde sich entscheidet, eine Verpackungssteuer einführen zu wollen, obliegt ihr. Grundsätzlich ist die Verpackungssteuer ein hilfreiches Mittel, um die Abfallmenge zu reduzieren und eine Kreislaufwirtschaft zu befördern.“

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