Es ist eine der schönsten und eine der strapaziertesten Landschaften in Deutschlands: das Mittelrheintal. 40 Burgen und Burgruinen mit Blick auf romantische Landschaft und ratternde Züge gibt es hier – und eine frühere Raubritterburg mit einem Zimmer, das ein halbes Jahr einem Blogger oder einer Bloggerin gehören wird. Eintauchen in das Leben im Mittelrheintal – und darüber mit Herz und offenen Augen bloggen, das ist die Aufgabe. Der Lohn sind sechs Monate atemberaubende Unterkunft in Burg Sooneck mit 2000 Euro Aufwandsentschädigung im Monat. Generaldirektion Kulturelles Erbe, unsere Zeitung und die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz sind gespannt auf die Bewerbungen.
Die Region: Über 65 Kilometer windet sich der Rhein zwischen Rüdesheim und Koblenz durch ein Tal, vorbei an mehr als 40 Burgen und Burgruinen, romantischen Orten und steilen Weinbergen. Das ist der Mittelrhein, eine der schönsten Landschaften in Deutschland. Er ist der deutscheste aller Flüsse. Schroffe Felsen, Schiffe, hochrangige Baudenkmäler, Fachwerk, Fernwanderwege, freundliche Bewohner, uralter Verkehrsweg, Kultur-Ader, Schmelztiegel vieler Kulturen, Sinnbild der Bewegung, Ziel von Millionen Touristen und Foto-Motiv seit Generationen. Seiner Besonderheit wegen ist das Obere Mittelrheintal seit 2002 Unesco-Welterbe.
Es ist aber auch eine der strapaziertesten Landschaften in Deutschland. Es ist das Nadelöhr des Verkehrs zwischen Nord- und Südeuropa. Hunderte von Zügen donnern täglich durch das enge Tal, riesige Containerfrachter quetschen sich durch die schmale Fahrrinne. Zum Lärm kommt die Platznot im engen Tal. Verfall nistet sich ein, mancherorts wirken ganze Straßenzüge wie aufgegeben. Und den 200.000 Bewohnern des Tals wie der Politik stellt sich längst die Frage nach der Zukunft der Region Mittelrhein.
Die Aufgabe: Das Spannungsfeld zwischen Rhein-Romantik und Mittelrhein-Realität ist unübersehbar – gerade für Menschen, die von außen kommen und diese faszinierende Region mit ihren Reizen und Hypotheken unvoreingenommen erleben. Und das soll der Burgenblogger tun. Er lebt, arbeitet und schreibt von Mai bis Oktober 2015 auf Burg Sooneck und damit im Mittelrheintal. Er erhält eine monatliche Aufwandsentschädigung von 2000 Euro brutto (Werkvertrag). Andere Projekte kann er von dort aus gern weiter vorantreiben, solange er sich genügend Zeit nimmt, um das Tal, seine Menschen, seine Vorzüge und Besonderheiten, seine Chancen und Probleme kennenzulernen – im Dialog mit möglichst vielen Menschen am Mittelrhein und den Gastgebern, überwiegend aber auf eigene Faust. Das dürfte auch sehr viel vielseitiger sein als der 2009 für sechs Monate vergebene „beste Job der Welt“: Der Brite Ben Southall (heute 39) setzte sich gegen 35.000 Bewerber durch, um ein halbes Jahr bezahlt vom Leben auf einer paradiesischen australischen Insel zu berichten. Dort gab es allerdings auch giftige Quallen – auf Burg Sooneck gibt es die garantiert nicht!
Das Profil: Thomas Metz, Generaldirektor Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, sagt: „Wir suchen einen Menschen, der sich nicht über das Mittelrheintal erhebt, sondern sich auf diese Gegend einlässt – realistisch, aber auch mit einem Faible für die Thematik und einer Grundsympathie für die Mittelrheiner, die in dieser ebenso schönen wie strapazierten Region beheimatet sind.“ Derjenige sollte Erfahrung darin haben, wie sich im Netz mit seinen Möglichkeiten veröffentlichen lässt und auch mit Social Media vertraut sein. Altersvorgaben gibt es nicht.
Die Beiträge: Der Blogger sollte sich im Blog zumindest in Tagebuchform kurz täglich melden, mindestens einmal in der Woche gern lang. Für das, was dem Burgenblogger auffällt, sollte er nicht nur Worte, sondern auch Bilder finden – Fotos oder gern auch Videos. Gedacht ist daran, den Blog auch ins Englische zu übersetzen – durch den Blogger selbst oder mit Hilfe. Das Mittelrheintal ist schließlich weltweit ein Begriff. RZ-Chefredakteur Christian Lindner sieht den Blogger auch in einer wichtigen Funktion: „Der Mensch, der sich auf unser Tal und das halbe Jahr als Burgenblogger einlässt, leistet durch seinen Blick als Gast, sein Begleiten und sein digitales Publizieren einen wichtigen Beitrag für die Bewusstseinsbildung des Mittelrheintales für seine weitere Zukunft.“ Die Beteiligten meinen das „ebenso ernst wie optimistisch“, so Rainer Zeimentz, Vorstand Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz. Die Rhein-Zeitung wird Beiträge des Burgenbloggers über Rhein-Zeitung.de und Social Media verbreiten helfen.
Die Gastgeber: Der Burgenblogger wird gemeinsam gesucht von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), die Hüterin vieler Burgen am Mittelrhein ist, von der Rhein-Zeitung Koblenz als Leitmedium am Mittelrhein und von der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V. Das ist eine Denkfabrik, die Anstöße sucht und geben will für die Zukunft von Regionen in Rheinland-Pfalz. Die Partner helfen dem Blogger gerne, Türen zu öffnen. Ein Abnahmeverfahren für die Beiträge gibt es nicht. „Wir wollen da nicht reinreden oder beeinflussen“, so Metz.
Die Bewerbung: Bis zum 14. September ist Zeit, sich zu bewerben – bloß nicht mit einem klassischen Bewerbungsschreiben: Stattdessen interessiert uns, wie Sie sich die Aufgabe vorstellen, wie Sie herangehen wollen, was für eine Persönlichkeit Sie sind. In einer E-Mail an burgenblogger@rhein-zeitung.net, die gerne auf einen entsprechenden Blogbeitrag verlinken kann. Die Endauswahl erfolgt nach vertiefenden Gesprächen mit den interessantesten Bewerbern noch 2014.
Das Zuhause: Der Burgenblogger wohnt in Räumen, die rund 800 Jahre Geschichte atmen, aber bei seinem Einzug in einem wohnlichen und modernen Zustand sein werden. „Die Wohnung wird ausgebaut, der Burgenblogger kann sogar noch Einfluss nehmen“, sagt Metz. Die Burg diente Raubrittern als Domizil, sie wurde zerstört und mit Wiederaufbauverbot belegt. Erneuert, von den Truppen des französischen Truppen König Ludwig XIV. in Schutt gelegt und von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen des prachtvollen Blicks wegen wieder aufgebaut. Nach dem Ersten Weltkrieg ging sie in Staatsbesitz über. Wer dort auf dem Berg leben und arbeiten will, muss sich mit den Treppen anfreunden – aber dafür hat er den Überblick. (law)