Ursula Samary zur Einigung zwischen Julia Klöckner und Michael Billen
Hat sie es also doch getan. CDU-Landeschefin und Spitzenkandidatin Julia Klöckner hat erkennen müssen, ob bei einem Frühstück oder einem Glas Wein: Es ist besser, mit dem selben Kopf nicht zweimal gegen dieselbe Wand zu rennen, wenn sich die Partei mit einem Sturkopf wie dem Kaschenbacher Abgeordneten Michael Billen vor einem Wahlkampf verständigen muss.
Verhindern konnte sie den Eifel-Rebell nicht, also muss sie mit ihm leben, um Ende März 2011 auch wichtige Stimmen im Billen-Land zu holen.
Billen pokert seit Monaten deshalb gelassen. Er wusste, wie schon in der Landtagsfraktion nach dem Auffliegen der Polizeidaten-Affäre vor knapp einem Jahr: Fraktionschef Christian Baldauf konnte ihm, dem freien Abgeordneten, nicht das Mandat nehmen, und für einen Rausschmiss aus der Fraktion war Baldaufs Mehrheit nicht sicher. Also trotzte Billen dem Pfälzer den Kompromiss ab, den ruhenden Abgeordneten, sprich ein Novum im Landtag, zu geben.
Nach dem gewaltigen Votum der Basis, die, Klöckners energischem Plädoyer zum Trotz, Billen mit 566 von 881 Stimmen wieder als Landtagskandidat aufstellte, wusste er: Die Parteichefin und Spitzenkandidatin kann die Macht der Basis und seine Mobilisierungskraft nicht völlig ignorieren. Und welche Partei will schon mit Fotos in den Wahlkampf ziehen, die Kampfkandidaturen zeigen und doch nicht die seit Jahrzehnten erreichte und beschworene Geschlossenheit demonstrieren?
Also haben Klöckner und Billen pragmatisch das Machbare vereinbart, egal, ob es als Schwäche oder Widerspruch ausgelegt wird. Intern ist offene Kritik ohnehin im Wahlkampf tabu, um der Spitzenkandidatin und der Partei nach dem Überraschungscoup nicht zu schaden.
Trotzdem sind nicht alle Parteistrategen glücklich mit der geheim ausgehandelten Lösung – zumal die Billen-Affäre die Partei weiter belastet, wenn das Gericht die Anklage annimmt und darüber verhandelt. Denn die SPD wird der CDU vorwerfen, dass sie 2006 ihren Wahlkampf illegal finanziert hat und sich nun einer ihrer Abgeordneten illegal Daten beschafft hat. Aber damit muss die Union leben, seit ihr Fraktionschef und früherer Parteichef Christian Baldauf samt dem Landesvorstand mit Klöckner sie in diese Zwickmühle gebracht hat. Schon bei Baldaufs vollmundigen Drohgebärden war vielen Beobachtern in Mainz klar, dass sie mit kleinlauten und zähneknirschenden Attitüden für ihn enden würden.
Mit dem Kompromiss, die als Geheimsache alle in Partei und Fraktion überraschte, haben jetzt aber allein die Wähler rund um Kaschenbach und Bitburg das Wort. Sie entscheiden, ob sie ihren im parteiinternen Kampf gestählten Patron und seine umstrittenen Methoden weiter haben wollen. Das ist trotz der vom Eifel-Landwirt wortgewaltig mobilisierten CDU-Basis noch nicht völlig ausgemacht, weil Billen auch dort für rigorose Politik seit einer gescheiterten Sparkassenfusion ja bestens bekannt ist. Deshalb hat der Mann, der gern den Volkstribun gibt, der CDU vor Ort zuletzt auch erdrutschartige Verluste eingefahren.
Für Billens Wahl und sein politisches Schicksal dürfte auch der Richterspruch in der Polizeidaten-Affäre entscheidend sein, in die Billens Tochter verstrickt ist. Und dies lasten auch viele Bürger, die die nicht zu klassischen Gegnern zählen, dem Eifeler vor allem an: dass er in seine Affäre auch noch ein Familienmitglied als Polizistin hineingezogen und ihr berufliche Probleme zugemutet hat.
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