Forderungen werden lauter
Rollen doch noch Personenzüge quer durch den Hunsrück?
Die Sicherung des Bahnübergangs (hier bei Rheinböllen) erfolgt per Flatterband und Personal, dass den Straßenverkehr anhält, wenn ein Zug heranrollt.
Thomas Torkler

An der Hunsrückquerbahn wird zurzeit geschuftet, damit dort wieder Güterzüge rollen können. Doch um die Strecke für den regulären Personenverkehr zu reaktivieren, genügen die Maßnahmen nicht. Das wird in der Region immer kritischer gesehen.

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Die Deutsche Bahn (DB) will bis Ende des Jahres die eingleisige Zugstrecke zwischen Langenlonsheim (Kreis Bad Kreuznach) und Büchenbeuren (Rhein-Hunsrück-Kreis) wieder in einen befahrbaren Zustand versetzen. Dazu ist die DB gerichtlich verpflichtet worden, nachdem ein privates Schienenverkehrsunternehmen, das beabsichtigte, auf der 60 km langen Strecke Güterverkehr abzuwickeln, dies eingeklagt hatte. Doch sollen dort wirklich nur Güterzüge fahren? In der Region wird diese Entwicklung immer kritischer gesehen, Forderungen nach einer Sanierung, die auch regulären Personenverkehr ermöglicht, werden immer lauter – zumal landesweit Bahnstrecken reaktiviert werden sollen. Doch wer würde dafür dann die Kosten tragen? Einblicke in eine unübersichtliche Situation.

Laut Angabe der DB sind für die Herrichtung für den Güterverkehr die Instandsetzung der Gleisanlagen (Schiene, Schwellen, Schotter), die Erneuerung von 45 Bahnübergängen sowie elf Durchlässen und die Instandsetzung von Entwässerungsanlagen notwendig. Start der Sanierung war am 1. Februar. Nachdem über Jahre hinweg jeglicher Schienenverkehr auf der Hunsrückquerbahn ruhte, gilt zurzeit höchste Vorsicht für Autofahrer. Denn an den unbeschrankten Bahnübergängen ist jederzeit, auch nachts, mit Zugverkehr zu rechnen. An der Strecke wird rund um die Uhr gearbeitet, auch an Sonn- und Feiertagen. Beschäftigte der beauftragten Unternehmen arbeiten zwölf Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche.

Jede einzelne Gleisschraube wird manuell mit dem Maschinenbohrer herausgedreht (hier bei Büchenbeuren), um die alten Schienen anschließend mit dem Schienenbagger auszubauen.
Thomas Torkler

Die Arbeiten erfolgen abschnittsweise zwischen Simmern und Büchenbeuren (nahe Flughafen Hahn) und werden mit Schienenbaggern ausgeführt. Denn sogenannte Umbauzüge, die in einem Arbeitsgang Schwellen, Schienen und Schotter erneuern können, eignen sich nicht für die Sanierung des Gleiskörpers – die eingleisige Strecke im Hunsrück ist dafür zu steil und zu kurvenreich. So gehen die Arbeiten entsprechend langsam voran, was Alexander Neubauer, Prokurist der ZL-Traktion GmbH, die für den Jahresfahrplan für 2026 Güterverkehr und touristischen Personenverkehr angemeldet hat, bezweifeln lässt, dass InfraGO die Sanierung bis Jahresende schafft. Mehrere Unternehmen hätten Güterverkehre bei der DB angemeldet. Touristikfahrten wolle neben ZL-Traktion auch die IG Nationalparkbahn anbieten, so Neubauer.

Laut InfraGO und DB könne dies aber nur mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 20 km/h erfolgen. Die Angabe stützt sich dabei auf einen Bescheid des Eisenbahnbundesamts (EBA) vom 6. August 2013. Das EBA bestätigte auf Anfrage, dass seinerzeit auf Antrag der damaligen DB Netz AG (heute DB InfraGO AG) die Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Teilstrecke Langenlonsheim–Büchenbeuren auf 10 beziehungsweise 20 km/h genehmigt worden sei. „Grundlage war eine entsprechende betriebswissenschaftliche Untersuchung der DB Netz AG. Diese hatte zum Ergebnis, dass bei unterstellten 10 km/h im Abschnitt Stromberg–Büchenbeuren sieben Züge pro Tag verkehren können.

Am Haltepunkt in Ellern sind neue Betonschwellen gestapelt, die auf ihren Einbau warten.
Thomas Torkler

Neubauer hält dagegen: „Die DB kann jederzeit sagen: Wir heben den Bescheid auf.“ Nach Abschluss der jetzigen Streckensanierung falle der Grund für den damaligen Bescheid weg, betont er, denn die technischen Voraussetzungen des Oberbaus für 80 km/h seien dann gegeben. Allerdings blieben die Bahnübergänge, die gesichert werden müssen. Das EBA erklärt, es überwache, ob die Sicherheitsstandards nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz eingehalten werden.

Neben Alexander Neubauer fordert auch die Politik die Aufhebung des EBA-Bescheids. Rhein-Hunsrück-Landrat Volker Boch (parteilos) hat dies gegenüber dem Präsidenten des Eisenbahn-Bundesamtes, Stefan Dernbach, klar zum Ausdruck gebracht. In Schreiben an den seinerzeit noch amtierenden Bundesverkehrsminister Volker Wissing (zuletzt parteilos), an die rheinland-pfälzische Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Katrin Eder (Grüne), sowie an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für Rheinland-Pfalz und Saarland, Klaus Vornhusen, machte Boch deutlich, dass eine Streckensanierung für 60 Millionen Euro – hinter vorgehaltener Hand wird eine noch höhere Summe genannt – nur dann einen Sinn ergäbe, wenn künftig nicht nur einzelne Güterzüge und ein paar Touristikfahrten auf dem Bahnabschnitt erfolgen würden: „Ziel der aktuellen Maßnahme muss sein, eine Aktivierung der Strecke für den Personenverkehr perspektivisch zu ermöglichen“, schreibt Boch. Diese Forderung erhoben in Resolutionen mittlerweile auch der Stadtrat Simmern, der Verbandsgemeinderat Simmern-Rheinböllen und das Jugendparlament der Verbandsgemeinde.

An mehreren Stellen im Hunsrück haben die Baufirmen Materiallager eingerichtet. Bei Argenthal wurde Anfang Februar ein Schotterzug entladen.
Thomas Torkler

Bei Ministerin Eder dürften die Aktivitäten der Kommunalpolitik auf Wohlwollen stoßen, schließlich gehört die Verlagerung von Verkehren von der Straße auf die Schiene zur DNA ihrer Partei Bündnis 90/Die Grünen – Stichwort: Klimawandel. Unabhängig vom politischen Willen liegt die Zuständigkeit beim Land. Hier müssen auch die Mittel für eine Reaktivierung bereitgestellt werden. Das macht der Konzernbevollmächtigte Vornhusen deutlich: Eine Ertüchtigung der Hunsrückquerbahn für den SPNV sei vom Land Rheinland-Pfalz beziehungsweise vom zuständigen Zweckverband zu initiieren.

Die DB erklärt dazu auf Anfrage: „Zur Wiederinstandsetzung für eine Nutzung durch den Personenverkehr wären umfangreiche Investitionen in die konstruktiven Bauwerke, die Leit- und Sicherungstechnik sowie ein entsprechendes Genehmigungsverfahren notwendig.“ Die Kosten dafür, so schätzt die Bahn, „dürften im dreistelligen Millionenbereich liegen“.

Betonschwellen lieferten die Züge der Bauunternehmen entlang der Strecke an. Am Bahnhof Simmern verfolgten einige Schaulustige die Zugbewegungen.
Thomas Torkler

Seitens des Landes wird eine Prioritätenliste erstellt, in der eine Kosten-Nutzen-Analyse für mehrere Bahnstrecken im Land bereits erfolgt ist. Einzig die Hunsrückquerbahn ist hier zurzeit noch außen vor. Man wartet mit der Bewertung der Strecke ab, bis die Sanierung durch die DB erfolgt ist. Ende März 2026 sind Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. Ministerin Eder ist Spitzenkandidatin ihrer Partei. Im Hunsrück machen sich die Befürworter einer Reaktivierung dafür stark, lauter als bislang politisch für eine Reaktivierung der Strecke einzutreten.

Alexander Neubauer macht deutlich: „Aus der Bevölkerung muss mehr Druck kommen für eine Reaktivierung.“ Letztere ergibt übrigens nur wirklich Sinn, wenn auch die Fortführung der Strecke über Büchenbeuren hinaus erfolgt. Von dort in Richtung Hermeskeil ist die Strecke stillgelegt. Neubauer hat für sein Unternehmen im Dezember 2023 den Antrag gestellt, diese Stilllegung aufzuheben. „Auf eine Antwort warten wir immer noch“, sagt Neubauer. Der Abzweig von Büchenbeuren zum Flughafen Hahn befindet sich übrigens nicht im Eigentum des Landes, auch nicht der DB, sondern ist Besitz des Flughafens.

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