Westerwaldkreis – War es Tierquälerei oder nur ein unglücklicher Unfall beim Spielen? Zwei Jungen sollen, wie erst jetzt bekannt wurde, an Pfingsten in einem Dorf im unteren Westerwald einen 22 Jahre alten Siam-Kater in einem Wassereimer ertränkt haben.
Die Familien der Kinder sprechen gegenüber der Polizei von einem Unfall, wenn es um den Vorfall an Pfingsten geht. Nur baden hätten die fünf und elf Jahre alten Jungen das Tier wollen. Doch die Besitzer des betagten Katers sehen dies anders. Die Polizeiinspektion Montabaur ermittelt zwar in dem Fall wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, wird die Akte aber mit Blick auf das Alter der Kinder vermutlich bald schließen.
„Es handelt sich um ein Lebewesen, das grausam getötet wurde. Man darf nicht darüber hinwegsehen, wenn Kinder so etwas tun. Das ist nicht normal“, empört sich Marion Hofmann, die sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Stefan Schröder um Kater Shirkan gekümmert hat. Doch was ist an jenem Pfingstsonntag geschehen? Der zahme und kinderliebe Kater, der nach einem Unfall nur noch drei Beine hatte, sei von einem Spaziergang nicht zurückgekehrt, erzählt Marion Hofmann. „Am Nachmittag brachten Nachbarn dann unser Tier in klatschnassem Zustand in ein Handtuch gewickelt. Das Tier war tot. Zwei Jungen hatten den Kater in einem Wassereimer grausam ertränkt“, sagt sie fassungslos.
Eine Nachbarin habe den Vorfall vom Schlafzimmerfenster aus beobachtet und wollte eingreifen, um das Schlimmste zu verhindern, schildert Hofmann die Ereignisse. Doch zu spät – der Siam-Kater war bereits tot. Die Nachbarin habe gesehen, wie die Kinder die Katze in den Eimer geworfen hätten, erzählt Hofmann entsetzt. „Das Tier wurde laut Aussage anderer Kinder dreimal in den Eimer gedrückt. Dies ist an Grausamkeit kaum zu überbieten. Unser Kater konnte sich gegen die Kinder nicht wehren und ist jämmerlich ertrunken“, sagt sie traurig. Der Fall ist für sie um so unverständlicher, als beide Kinder öfter mit dem Kater gespielt haben. Nach dem Vorfall verständigte das Paar sofort die Polizei.
Die Beamten der Polizeiinspektion Montabaur haben im Zuge ihrer Ermittlungen inzwischen mit den Eltern und den beiden Jungen gesprochen, bestätigt Sprecher Klaus Laube auf WZ-Anfrage. „Aus unserer Sicht ist der Fall nicht spektakulär. Natürlich handelt es sich um einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Doch Eltern wie Kinder haben den Kollegen geschildert, dass die Katze nur gebadet werden sollte“, sagt Laube. Deshalb hätten die Kinder das Tier auch in ein Handtuch gewickelt. Der Sachverhalt sei für die Beamten eindeutig. Wegen des Alters der Kinder werde die Akte wohl bald geschlossen, vermutet der Sprecher. Dennoch appelliert Laube eindringlich an die Eltern, mit ihren Kindern zu sprechen. „Die Kinder haben die Tragweite ihres Handelns nicht erkannt. Zum Glück ist ein solcher Vorfall die absolute Ausnahme“, betont Laube.
Ob Unfall oder Tierquälerei – die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen. Doch warum tun Kinder so etwas? Und wie sollten Eltern reagieren? „Ich kenne die familiären Hintergründe und die Lebenssituation der Kinder nicht, um mich dazu äußern zu können. Das wäre spekulativ, und das würde ich mir nicht anmaßen“, sagt die Sozialpädagogin Christel Kaiser vom Kinderschutzbund Westerwald in Höhr-Grenzhausen. Dennoch kennt sie ähnliche Fälle aus den „Sorgenbüros“, die der Kinderschutzbund für Kinder und Jugendliche anbietet. „Die Hintergründe einer solchen Tierquälerei können sehr vielschichtig sein. Es kann Eifersucht sein. Möglich ist auch, dass das Kind selbst Gewalt erfährt oder vernachlässigt wird und auf sich aufmerksam machen möchte“, weiß Kaiser aus Erfahrung.
„Wir gehen davon aus, dass ein Kind einem Tier nicht wehtut, weil es ihm Spaß macht, sondern weil es selbst in einer schwierigen Situation ist“, betont die Sozialpädagogin. Umso wichtiger sei es, nicht mit dem Kind zu schimpfen, sondern es auf der Gefühlsebene anzusprechen. „Die Eltern sollten sich von ihrem Kind erzählen lassen, was geschehen ist und warum es das getan hat“, rät Kaiser. Wichtig sei es zu fragen und gemeinsam zu besprechen, wie sich das Tier in der Situation gefühlt haben mag. „Eine solche Tat ist immer ein Hilferuf, ein Schrei nach Aufmerksamkeit, den wir ernst nehmen müssen“, ist Kaiser überzeugt.
Von unserer Redakteurin Stephanie Kühr