Ein Prozess um ein im Oktober 2023 in Neuwied ausgehobenes Amphetaminlabor ist am Koblenzer Landgericht angelaufen. Auf der Anklagebank sitzen drei Männer im Alter von 48, 36 und 21 Jahren. Zwei von ihnen sitzen noch in U-Haft, der jüngste Angeklagte ist wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft legt dem 48-Jährigen und dem 36-Jährigen zur Last, zwischen April und Oktober 2023 gemeinschaftlich mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben und zudem unerlaubt Betäubungsmittel besessen zu haben.
Die Tatvorwürfe im Detail
Konkret sollen sie in einer großen angemieteten Lagerhalle in Neuwied ein Drogenlabor errichtet haben, um arbeitsteilig und gleichberechtigt Amphetaminöl und Amphetaminpaste für den gewinnbringenden Weiterverkauf herzustellen. Nach Inbetriebnahme des Labors sollen sie flüssiges Amphetamin in einer den Grenzwert zur nicht geringen Menge weit überschreitenden Menge hergestellt haben.
Dem 21-jährigen Mann wird vorgeworfen, den beiden Männern Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln geleistet zu haben. Er soll in Kenntnis der Betäubungsmittelgeschäfte einen von ihm angemieteten Sprinter zur Verfügung gestellt haben, um Grundstoffe zur Amphetaminsynthese, Laborgegenstände, Amphetamin und Syntheseabfälle zur Lagerhalle zu verbringen und abzutransportieren.
Diese Drogenwerte wurden in Neuwied aufgefunden
Laut dem Staatsanwalt waren in der Lagerhalle rund 10,5 Kilogramm flüssiges Amphetamin und weitere 13,1 Kilogramm flüssiges Amphetamin sichergestellt worden. Die Mengen, so der Jurist weiter, hätten sehr geringe Wirkstoffgehalte aufgewiesen. Die Anklage gehe nun davon aus, dass man daraus rund ein Kilogramm Wirkstoffamphetamin habe herstellen können.
Der älteste Angeklagte gab mit Blick auf das Kilo an, dass die Anklagevorwürfe im Wesentlichen zuträfen. Er sagte, dass Teile der gefundenen Drogen zum Eigenkonsum bestimmt gewesen seien.
Der 36-Jährige hat im Gericht angegeben, dass die Anklagevorwürfe nur teilweise zutreffend seien. Beihilfehandlungen wie Putzen, Aufräumen und Fahrdienste hat der Mann zugegeben. Der jüngste Angeklagte hat noch keine Angaben gemacht.
Eins der größten, je in Rheinland-Pfalz ausgehobenen Drogenlabore?
In einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Koblenz und des Polizeipräsidiums Koblenz hieß es Ende des vergangenen Jahres mit Blick auf erste Schätzungen und Hochrechnungen: „Bereits jetzt ist davon auszugehen, dass die Anlage in Neuwied zu den größten jemals von der Polizei in Rheinland-Pfalz festgestellten Laboren gehört.“
Zumindest mit Blick auf die oben genannten Kilo-Werte kann diese Aussage verwundern. Hier kommen die in Neuwied ebenfalls sichergestellten 11.500 Liter Flüssigkeit ins Spiel, bei der es sich um Synthese-Abfälle handeln könnte. Ein noch ausstehendes Expertengutachten des LKA und BKA soll für den Prozess errechnen, wie viel Amphetamin – mit Blick auf diese Restmenge – zuvor bereits in der Halle hergestellt worden sein könnte, wie der Staatsanwalt unserer Zeitung im Gespräch mitteilte.
In der Halle waren noch allerhand andere Utensilien gefunden worden. Der Staatsanwalt sprach unter anderem von rund 150 Kanistern und 37 Chemikalien-Tonnen. All dies weise auf einen großen Produktionsumfang hin, so der Jurist. Der ganze Aufbau der 325 Quadratmeter umfassenden Halle in Neuwied sei derart gestaltet gewesen, dass alles auf professionelle Drogenherstellung hinweise, resümierte der Staatsanwalt.
Schloss ausgetauscht
Der Vermieter der Lagerhalle gab als Zeuge im Gericht an, dass die Mieter das Schloss ausgetauscht hätten. Als die Polizei ihn bat, die Halle aufzuschließen, passte der Schlüssel nicht. Ein Mann, der die Räumlichkeiten neben der Drogenhalle angemietet hatte, gab als Zeuge an, dass er manchmal einen komischen chemischen Geruch dort wahrgenommen habe. Eines Abends sei die Polizei gekommen und habe allerhand Tests an einer Flüssigkeit, die aus der Halle nebenan gesickert sei, durchgeführt. „Und dann haben sie eben festgestellt, dass da ein Drogenlabor drin war“, sagte der Mann im Landgericht. Im Prozess soll auch noch ein LKA- und BKA-Fachmann als Experte geladen werden, um die gefundenen Utensilien, die Stoffe und die Mengen fachmännisch für Laien einzuordnen.