Doch schon ohne dieses Szenario trifft der Energiepreisschock viele Haushalte derzeit mit voller Wucht – schwarz auf weiß. Denn die EVM hat Tausenden Kunden jetzt mitgeteilt, dass Gas und Strom zum 1. August teurer werden. Um eine etwa 100 Quadratmeter große Wohnung mit Gas zu heizen, muss ein Haushalt künftig 2235 Euro plus den Grundpreis von 190,80 Euro bezahlen – also etwa 1000 Euro im Jahr mehr als bisher. Hinzu kommen in einer Familie mit zwei Kindern 250 Euro mehr an Stromkosten pro Jahr.
Kunden leiden schon jetzt
Wie Sprecher Marcelo Peerenboom berichtet, melden sich in den Kundenzentren viele verzweifelte und ratlose Kunden. Sie berichten, wie sie bereits leiden – unter den hohen Spritkosten als Pendler. Außerdem würden Grundnahrungsmittel teurer, an denen kaum zu sparen sei. Da helfe die zu versteuernde Energiepreispauschale von 300 Euro kaum, zumal sie Rentner und Studenten ohne Job auch nicht vom Staat erhalten.
Die Tarife in der Grund- und Ersatzversorgung steigen ab 1. August, wie das kommunale Unternehmen mitteilt. Eine Kilowattstunde Strom wird fast 19 Prozent teurer. Auch die Grundpreise steigen.Grundversorgung wird teurer: EVM kündigt höhere Strom- und Gaspreise an
Bisher ist bei der EVM nur die Grund- und Ersatzversorgung von aktuellen Preissteigerungen betroffen – 95 000 Haushalte (26 000 Gas- und 69 000 Stromkunden): Zum 1. August erhöht sich der Strompreis von 30,25 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 35,90 Cent. Der Grundpreis erhöht sich auf 15,90 Euro pro Monat. Der Erdgaspreis steigt von 8,10 Cent pro kWh auf 14,90 Cent pro kWh, der Grundpreis erhöht sich auf 18,90 Euro pro Monat.
Die EMV rechnet vor: Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von rund 3500 kWh Strom ergeben sich Mehrkosten von rund 21 Euro im Monat. Beim Jahresverbrauch von durchschnittlich 15 000 kWh Erdgas sind es rund 91 Euro im Monat mehr. Es handele sich jeweils um Bruttopreise inklusive Mehrwertsteuer.
Keine Prognosen möglich
Wie Peerenboom sagt, nutzen die meisten Kunden allerdings die meist günstigeren Laufzeit- und Sondertarife. Die sind von der aktuellen Preiserhöhung nicht betroffen – noch nicht. Peerenboom kann keine Prognose wagen, wie lange dies noch der Fall ist. Die Strompreise für Elektroheizungen und Wärmepumpen werden dagegen wegen der Senkung der EEG-Umlage zum 1. Juli günstiger (3,723 Cent pro Kilowattstunde statt 4,43 Cent pro Kilowattstunde). Derzeit liefert das Unternehmen Strom für gut 14 000 Elektroheizungen und Wärmepumpen.
Die EVM habe als größtes kommunale Energie- und Dienstleistungsunternehmen von Rheinland-Pfalz zwar die Preise bisher stabil halten können, länger als manches Stadtwerk oder auch Vattenfall. Noch Mitte Dezember hatte der Versorger seinen Kunden verkündet, dass die Preise stabil bleiben. Aber mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine änderte sich die Lage im Februar dramatisch. Die weltweit stark steigende Nachfrage nach Energie sowie der Krieg treiben die Preise immer weiter nach oben, wie das Koblenzer Unternehmen erklärt. Der Anteil von Ökostrom liege bundesweit noch bei etwa 45 Prozent. Aber 2021 sei auch ein schlechtes Wind- und Sonnenjahr gewesen, stellt Peerenboom fest.
Geplante Solarparks verzögern sich
Die Bundesregierung erklärte es zwar zur nationalen Aufgabe, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Aber dann müssten die Genehmigungsbehörden in Rheinland-Pfalz „auch einmal den Turbo einschalten“, betont Peerenboom. Zwei von der EVM geplante Solarparks in der Verbandsgemeinde Adenau (Kreis Ahrweiler) sowie ein Windpark auf der Schneifelhöhe bei Prüm verzögerten sich teils bereits seit Jahren. Allein die beiden Solarparks könnten zusammen 42 Millionen Kilowattstunden Energie pro Jahr erzeugen. „Das reicht, um 28 000 Menschen ein ganzes Jahr mit Strom zu versorgen“, rechnet Peerenboom vor. Das EVM-Einzugsgebiet reicht vom Westerwald über den Hunsrück und die Eifel bis hin zur Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen. Das Unternehmen versorgt 213 000 Strom- sowie 124 000 Erdgaskunden.
Schmitt: Industrie strengt sich an
„Der Industrie ist es bisher gelungen, die Produktion trotz hoher Energiepreise konkurrenzfähig zu halten“, sagt Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Energieintensive Branchen hätten große Anstrengungen unternommen, mit weniger Strom oder Gas zu arbeiten. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung ein Unterstützungspaket für Unternehmen auf den Weg gebracht hat.“ Zinsgünstige KfW-Kredite, Bürgschaften und der Energiekostenzuschuss seien praktikable Instrumentarien, um zumindest größte Verwerfungen abzufedern. Man setzte alles daran, Strukturbrüche zu vermeiden, betont Ministerin Schmitt.