Fahrkarten-Finanzierung unklar
Politisches Gezerre um D-Ticket nervt Verkehrsverbünde
Eine Information zum Kauf des Deutschlandtickets ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. Das Deutschlandticket ist bundesweit im öffentlichen Nahverkehr gültig und wird häufig digital über Apps erworben.
Julian Stratenschulte. Julian Stratenschulte/dpa

Wird der Preis des beliebten Deutschlandtickets noch einmal erhöht? Aktuell kostet der bundesweit gültige ÖPNV-Fahrschein 58 Euro. Die Finanzierung der Fahrkarte in der Zukunft ist aber unklar. So äußern sich Verkehrsverbünde aus unserer Region. 

Lesezeit 5 Minuten

Dass Bund und Länder über das Geld und die Finanzierung von Aufgaben streiten, ist keine Seltenheit. Auch bei der Frage der Zukunft des beliebten Deutschlandtickets hält der Finanzstreit zwischen Bund und Ländern an. Es geht darum, wie genau die bundesweit gültige Fahrkarte im Nah- und Regionalverkehr vom kommenden Jahr an finanziert werden soll. Fraglich ist, ob der Ticketpreis von derzeit 58 Euro pro Monat auch 2026 stabil bleibt.

Der neue Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) antwortete in einem Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ kürzlich auf die Frage, wie zuversichtlich er ist, dass man aus dem jährlichen Hickhack herauskomme: „Das ist unser Ziel, das haben wir so vereinbart, das wollen wir erreichen.“ Ob und wie das gelinge, „darüber müssen wir uns jetzt auseinandersetzen“, so der Eifeler Bundesminister. Bei einer Sonder-Verkehrsministerkonferenz der Länder mit Schnieder am 27. Juni in Berlin soll es um die Zukunft des Deutschlandtickets gehen. Für Rheinland-Pfalz wird Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) an der Konferenz teilnehmen.

Land will seinen Beitrag zur Fortführung des Tickets im Jahr 2026 leisten

Eine Sprecherin ihres Ministeriums erklärt auf Anfrage: Es sei normal, dass derzeit über die Finanzierungsfrage diskutiert werde. Dass dabei das Deutschlandticket in Gänze infrage gestellt werde, tue der Sache jedoch nicht gut. Nun gelte es, eine gute Lösung zu finden, so die Sprecherin. Das Land Rheinland-Pfalz sei bereit, „unseren Beitrag zur Fortführung des Deutschlandtickets im Jahr 2026 zu leisten“.

Für Stephan Pauly, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM), ist das politische Gezerre um die Finanzierung des Deutschlandtickets nicht nachvollziehbar. Rund 14 Millionen Bürger würden das Deutschlandticket nutzen – für Pauly eine beachtlich hohe und positive Zahl. Allein vor diesem Hintergrund sei es „äußerst bedenklich“, dass die öffentliche Diskussion um die Finanzierung des Fahrscheins nicht enden wolle, sagt der VRM-Geschäftsführer unserer Zeitung. Pauly ergänzt: „Das trägt zweifelsfrei nicht zum Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Verkehrspolitik bei.“

Stephan Pauly, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM).
Timo Börner, VRM GmbH, Koblenz

Pauly ist der Ansicht, dass angesichts des Verursacherprinzips der Bund zuerst in der Pflicht sei, das Deutschlandticket ausreichend zu fördern. Da aber auch zweifelsfrei die Länder dauerhaft durch eine Entlastung des Straßenverkehrs profitierten, hält der VRM-Geschäftsführer auch eine „maßvolle“ Beteiligung der Länder für sinnvoll.

Eine gute Lösung würde darin bestehen, endlich eine gesetzlich verankerte Festlegung zur jeweils anteiligen Finanzierung von Bund und Ländern inklusive einer Dynamisierung zu finden. Pauly verweist auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Dort haben sich Union und SPD auf die Fortführung des Tickets geeinigt – bis einschließlich 2029. Der Anteil der Nutzerfinanzierung werde ab 2029 „schrittweise und sozialverträglich erhöht“, heißt es im Vertrag. Die Kosten würden nach einem festen Schlüssel aufgeteilt.

„Bedenkt man also, dass der Steuerausfall des Bundes jährlich beinahe doppelt so hoch ausfällt, wie die für die Finanzierung des Deutschlandtickets derzeit erforderlichen 3 Milliarden Euro, wird einmal mehr deutlich, wie einseitig und engstirnig die Diskussion über die Finanzierung der Kosten tatsächlich geführt wird.“
VRM-Chef Stephan Pauly über die Kosten des sogenannten Dienstwagenprivilegs.

Pauly nennt das Gezerre um die 3 Milliarden Euro, die zur Finanzierung nötig sind, auch mit Blick auf die dem Bund entgehenden Einnahmen aus der steuerlichen Dienstwagenvergünstigung (Dienstwagenprivileg) in Höhe von circa 5,5 bis 6,1 Milliarden Euro für „nicht nachvollziehbar“. Der VRM-Chef wird deutlich: „Bedenkt man also, dass der Steuerausfall des Bundes jährlich beinahe doppelt so hoch ausfällt, wie die für die Finanzierung des Deutschlandtickets derzeit erforderlichen 3 Milliarden Euro, wird einmal mehr deutlich, wie einseitig und engstirnig die Diskussion über die Finanzierung der Kosten tatsächlich geführt wird.“

Bund und Länder schießen zur Finanzierung des Deutschlandtickets zurzeit je 1,5 Milliarden Euro pro Jahr hinzu, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Denn die meisten üblichen ÖPNV-Abos waren vorher deutlich teurer. Die Sprecherin des Mobilitätsministeriums sagt, eine Deckelung des Anteils der Länder auf 1,5 Milliarden Euro sei „aus unserer Sicht der zu gehende Weg“.

Pauly fordert Preismoratorium

Zudem zeige die „unselige Diskussion“ sowie die seit zwei Jahren andauernde „nervige Fortführung des Streits“ den Stellenwert des ÖPNV, äußert sich wiederum Pauly. Dabei trage der ÖPNV zu einer erheblichen Entlastung der CO2-Bilanz bei, zur Unfallreduzierung und einer Minimierung der daraus entstehenden volkswirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe, hebt er hervor.

Der VRM-Geschäftsführer fordert bezüglich des Preises ein Moratorium in Höhe der aktuell gültigen 58 Euro bis mindestens Ende 2026 – wenn nicht sogar bis zum Ende der Wahlperiode im Bund. Bei einer (weiteren) Preiserhöhung sei von einem Verlust von Nutzern auszugehen.

So wertet der Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund die Lage 

Die Geschäftsführerin des Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbundes (RNN), Silke Meyer, erklärt, dass die Preisfrage aus ihrer Sicht allein nicht ausschlaggebend für eine nachhaltige Steigerung der Fahrgastzahlen sei. Ein Zuwachs von rund 5 bis 8 Prozent sei zwar erfreulich, bleibe aber hinter den teils hochgesteckten Erwartungen zurück, so Meyer. Für die langfristige Bindung der Fahrgäste sei ein verlässliches, attraktives und flächendeckendes Angebot viel entscheidender. Dieses dürfe durch eine Preisdebatte nicht gefährdet werden.

Die RNN-Geschäftsführerin teilt – wie auch der VRM – die Einschätzung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, dass die von Bund und Ländern jährlich bereitgestellten 3 Milliarden Euro dauerhaft nicht ausreichen, um Verluste auszugleichen. Meyer erläutert, dass der ÖPNV schon vor der Einführung des Deutschlandtickets in hohem Maße auf eine öffentliche Finanzierung angewiesen gewesen sei.

Auch im RNN-Gebiet leisteten die Städte und Kreise schon heute erhebliche Finanzbeiträge, um ein zuverlässiges Angebot sicherzustellen – die Grundlage für eine gelingende Verkehrswende. Die Geschäftsführerin sagt: „Diese Basis darf nicht durch eine unterfinanzierte Preisvorgabe auf Bundesebene gefährdet werden.“ Auch sie sieht jetzt vor allem den Bund in der Verantwortung.

So viele Menschen in Rheinland-Pfalz nutzen das Deutschlandticket 

Dem rheinland-pfälzischen Mobilitätsministerium liegen Daten aus dem sogenannten Deutschlandticketmonitor vor, in den die Verkehrsunternehmen und Verbünde die Anzahl der verkauften Deutschlandtickets jeweils zum 20. des Folgemonats melden. Seit Einführung des Tickets im Mai 2023 wurden laut Ministerium von den Verkehrsverbünden in Rheinland-Pfalz bis einschließlich Dezember 2024 circa 8,7 Millionen verkaufte Tickets gemeldet. Für Januar bis einschließlich April 2025 wurden bisher 1,75 Millionen verkaufte D-Tickets von in RLP aktiven Verkehrsverbünden rapportiert.

Nach Angaben des Ministeriums besaßen Ende 2024 durchschnittlich 20,6 Prozent der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ein Deutschlandticket. Die Zahlen stammten aus einem bundesweiten Monitoring. Am Ende des Jahres 2023 waren es 14,4 Prozent, so das Ministerium. Die Zunahme von 6 Prozentpunkten sei  die höchste von allen Flächenbundesländern und spreche für den Erfolg des Tickets im Land. bas

Top-News aus der Region

Weitere regionale Nachrichten