Rheinland-Pfalz
Papst weckt Ruf nach kirchlichen Reformen

Rheinland-Pfalz. Kirche und Kondom: Das Problem gehört zu den Klassikern, über das erbittert in und außerhalb der katholischen Kirche gestritten wird. Viele rheinland-pfälzische Christen freuen sich, dass Benedikt XVI. Bewegung in die starren Fronten gebracht hat.

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Rheinland-Pfalz. Die Kirche und das Kondom: Das Problem gehört zu den Klassikern, über das erbittert in und außerhalb der katholischen Kirche gestritten wird. Umsomehr freuen sich viele rheinland-pfälzische Christen, dass Papst Benedikt XVI. Bewegung in die starren Fronten gebracht hat.

„Es ist gut, wenn sich auf diesem Feld überhaupt etwas tut“, sagt Anja Peters, Chefin des Jugenddachverbands BDKJ im Bistum Trier. „Damit gewinnt die katholische Kirche ein Stück Glaubwürdigkeit.“

Hintergrund der Debatte: Benedikt XVI. spricht in dem am morgigen Mittwoch erscheinenden Interview-Buch „Licht der Welt“ des Journalisten Peter Seewald von „begründeten Einzelfällen“ etwa bei Prostituierten, in denen Präservative nützlich sind. In diesen Fällen könnten Kondome ein „erster Schritt zu einer Moralisierung“ sein. Diese Äußerungen haben in Rheinland-Pfalz eine Welle von Reaktionen ausgelöst.

„Der Papst macht es vor allem Priestern, Ordensleuten und kirchlichen Laien in der Entwicklungshilfe leichter, die bisher nur ungern auf dieses Thema angesprochen werden wollten“, so die Politologin Peters, die sich intensiv mit sogenannten Dritte-Welt-Ländern beschäftigt hat.

„Dieser Papst ist immer für eine Überraschung gut.“

Manfred Thesing, Vorsitzender des Katholikenrats im Bistum Trier.

Vorsichtig zustimmend äußert sich auch Stephan Hippler, ein aus Bitburg stammender Priester, der durch seine nicht besonders kirchenkonforme Aids-Aufklärungsarbeit in Afrika Furore machte. Der Dritte-Welt-Geistliche tritt offen für eine Revision der geltenden kirchlichen Sexualmoral ein und befürwortet HIV-Prävention durch Verhütungsmittel. Nachdem die Deutsche Bischofskonferenz seinen Vertrag im September 2009 nicht mehr verlängert hatte, sprang das Bistum Trier ein. Hippler kann seine Arbeit im südafrikanischen Erzbistum Kapstadt fortführen.

„Ein wirkliches Umdenken kann ich noch nicht sehen“, analysiert Hippler die Papst-Aussagen. „Trotzdem denke ich, dass es einen Haarriss in der Mauer gegeben hat – und Haarrisse werden bekanntlich größer“, hofft der streitbare Priester.

Der Katholikenrat des Bistums Triers hat eben noch Bundesregierung und Pharmakonzerne aufgefordert, mehr für Aids-Kranke in Entwicklungsländern zu tun. „Da hilft es, dass der Papst dazu beiträgt, dass die Kirche weniger Angriffsfläche bietet“, erklärt Katholikenrat-Vorsitzender Manfred Thesing. Und die Mainzer BDKJ-Chefin Bianka Mohr kommentiert: „Ich hoffe, dass die Worte des Papstes ein Anstoß sind, grundsätzlich über die kirchlichen Sexualnormen zu reden.“ Mohr sagte weiter: „In der Gesellschaft gilt eine ganz andere Sexualmoral. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.“

Von Rolf Seydewitz und Dietmar Brück

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