Rheinland-Pfalz
Pächter: Die Politik muss raus aus dem Nürburgring
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Rheinland-Pfalz. Nein, resigniert sind sie nicht. Lediglich genervt von der Politik, manchmal auch von den Medien und ihren erbitterten Kritikern rund um den Nürburgring. Wer die beiden Ring-Pächter, Hotelier Jörg Lindner und Projektentwickler Kai Richter, dieser Tage trifft, dem präsentieren sie sich selbstbewusst.

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Rheinland-Pfalz. Nein, resigniert sind sie nicht. Lediglich genervt von der Politik, manchmal auch von den Medien und ihren erbitterten Kritikern rund um den Nürburgring. Wer die beiden Ring-Pächter dieser Tage trifft, dem präsentieren sie sich selbstbewusst.

So war es schon bei der Bilanzpressekonferenz vor wenigen Wochen an der Rennstrecke.

Der Hotelier Jörg Lindner und der Projektentwickler Kai Richter scheinen im Ringen mit der Landesregierung noch enger zusammengefunden zu haben. Beide wissen, dass ihr Ruf in Rheinland-Pfalz ramponiert ist. Vor allem Kai Richter hat Grund zu dieser Annahme. Noch immer schwebt im juristischen Raum, ob er sich wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken vor Gericht verantworten muss. Richter selbst ist von seiner Unschuld überzeugt. In Politik und Öffentlichkeit haben viele ihr Urteil schon gesprochen.

Jörg Lindner hält seinem Kompagnon die Treue. Beide eint die Überzeugung, am Nürburgring zum Opfer politischer Interessen zu werden. Dabei war es die frühere SPD-Regierung, die sie dazu aufforderte, das Geschäft am Ring ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien aufzuziehen. Von ihrem Modell sind Lindner und Richter nach wie vor überzeugt. Ihr Credo: Der Ring ist nur aus einer Hand gewinnbringend zu betreiben. Wie erfolgreich dies ist, belegen ihrer Ansicht nach steigende Umsatzzahlen – trotz viel Gegenwind.

Sie wollen in der Eifel bleiben

Bei einem Gespräch in Düsseldorf lassen sie keinen Zweifel daran: Sie wollen das Geschäft am Nürburgring nicht verlieren. Dafür muss der Einfluss der Politik zurückgedrängt werden. Beide glauben, dass der Streit mit dem Land unter Geschäftsleuten längst passé wäre. Die Politik ist für sie zum Risikofaktor geworden. Lässt man sich auf ihre Sicht der Dinge ein, hat die Landespolitik sich zu einem Grundsatz verschworen, bei dem unternehmerischer Erfolg keine Rolle spielt: Linder und Richter sollen weg vom Nürburgring!

Nahezu alle Politiker machen einen weiten Bogen um das Duo. Wer nicht unbedingt mit ihnen reden muss, tut es nicht. Am liebsten lässt man die Anwälte sprechen. In diesem Klima fallen Kompromisse schwer. Vielleicht ziehen sich auch deswegen die Verhandlungen am Nürburgring so in die Länge. Beide Seiten sind sich ja schon seit Wochen „im Prinzip einig“. Inzwischen umfasst der Vertrag, der den Weg für ein schiedsgerichtliches Verfahren frei machen soll, bereits 38 Seiten. Jüngst sollten sogar noch vier Aktenordner als Anlage hinzugefügt werden. Dabei geht es einzig und allein darum, zu vereinbaren, wie man sich anschließend streiten will. Denn die eigentlichen Fragen, wie die, wem die 3,2 Millionen Euro Spielbankabgabe im Jahr zusteht, werden erst im Schiedsverfahren geklärt.

Gehen und wiederkommen

Insolvenzverwalter, EU-Kommission – für Lindner und Richter ist mittlerweile fast alles besser als die Politik. Sie sind bereit, den Nürburgring im Herbst zu räumen und sind sich zugleich sicher, dass sie bei einem objektiven Verfahren am Ende wieder den Zuschlag bekommen. Dafür müssten sie allerdings einen Investor mitbringen, der viel Geld in die Hand nimmt.

Für die Männer aus Düsseldorf zählt allein das Geschäft. Sie wollen am Ring weiter Geld verdienen. In der Landespolitik hingegen spielen ihrer Ansicht nach zu viele sachfremde Motive eine Rolle: Politiker, die bei ihrer Klientel punkten wollen, die fürchten, am Ende den Schwarzen Peter in den Händen zu halten, die politisch und nicht ökonomisch kalkulieren. So haben die Gesellschafter der Nürburgring Automotive GmbH (NAG) den Eindruck, dass Rot und Grün in der Ring-Frage nicht automatisch in die gleiche Richtung ziehen. Historisch betrachtet, ist da was dran. Die Grünen haben in der EU den Hebel gesehen, um die jetzige Struktur aus den Angeln zu heben. Die SPD befand sich eher in einer Verteidigerposition. Das Freizeitparkkonzept ist ihr Kind.

Inzwischen hat Brüssel die Federführung übernommen. Dort wird entschieden, ob die klamme (fast staatliche) Nürburgring GmbH überlebt. Ansonsten rückt in der Eifel der Insolvenzverwalter an. So oder so ist es nicht mehr das Land, in dessen Händen die Zukunft der Rennstrecke liegt. Soll das Rot-Grün politisch entlasten?

Im Beihilfestreit mit der EU verteidigt das Land nach Informationen unserer Zeitung die bisherige Konstruktion am Ring. In einem einem Schreiben vom 27. Mai 2011 (Betrifft: Beihilfesache SA. 31550) heißt es: „Nur eine einheitliche Betriebsführung aus einer Hand war (. . .) geeignet, nachhaltig einen wirtschaftlichen Betrieb des Areals am Nürburgring sicherzustellen.“ Solche Stellen sind häufig in den Papieren zu finden. Zugleich spricht die rot-grüne Landesregierung längst von Teilverkäufen.

Die NAG-Gesellschafter haben sich mit teuren Wirtschaftsanwälten eingedeckt. Sie wundern sich, dass sie erst vor knapp drei Wochen Einblick in das EU-Verfahren erhalten haben, dass gut zwei Jahre läuft. Dabei kann allein die NAG ihrer Ansicht nach die Zahlenbasis liefern, um ein tragfähiges Zukunftskonzept zu erarbeiten.

Alternativen zu ADAC-Rennen

Den Dissens mit dem ADAC, der mit der NAG nicht mehr verhandeln will, sehen sie (nach außen hin) gelassen. 24-Stunden-Rennen und Truck Grand Prix sind nach Ansicht des Betreiber-Duos eigentlich nur am Ring möglich. An diesen attraktiven Wochenenden wollen zudem auch andere Veranstalter die Rennstrecke buchen.

Ernsthaft Sorgen machen sie sich eher um die Formel 1. Vor wenigen Tagen hat Jörg Lindner mit Chefvermarkter Bernie Ecclestone telefoniert. Noch steht sein Angebot, fünf Rennen in zehn Jahren am Nürburgring zu veranstalten, die das Land jeweils weniger als zehn Millionen Euro kosten. Doch Lindner und Richter sind sich sicher: Das Zeitfenster schließt sich.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

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