Von unserem Reporter Dominic Schreiner
Es war ein besonderer Tag für die 250 jungen Rekruten des Luftwaffenausbildungsbataillons aus Germersheim. Denn sie legten auf dem Platz der Mainzer Republik in einer feierlichen Zeremonie ein öffentliches Gelöbnis ab. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) war unter den rund 500 geladenen Gästen.
Bei einer Demonstration am Rande der Veranstaltung mit etwa 150 Teilnehmern kam es zu Handgreiflichkeiten, als die Polizei die Kundgebung unterbinden wollte. Vier Demonstranten wurden verletzt und mussten ärztlich behandelt werden.
Dreyer bekennt sich zu Zeremonie
„Unsere Bundeswehr gehört mitten in die Gesellschaft. Das drücken wir mit diesem öffentlichen Gelöbnis aus.“ Mit diesem klaren Bekenntnis zeigte Dreyer unmissverständlich, dass sie hinter den Feierlichkeiten stand, die sich direkt vor Landtag und Staatskanzlei abspielten.
Dieses Gelöbnis, das immer nur einmal in der fünfjährigen Wahlperiode über die Bühne geht, sei „keineswegs ein Beitrag zur Militarisierung des öffentlichen Raums“. Dreyer: „Soldatinnen und Soldaten stehen weder über noch unter der bürgerlichen Gesellschaft, sondern sind ein Teil von ihr.“ Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD) betonte, dass die Soldaten „die demokratische Ordnung mit Meinungs- und Demonstrationsfreiheit letztlich auch für die verteidigen, die gegen das Gelöbnis demonstrieren“.
Doch bei aller demonstrativen Einigkeit im Rahmen der Feierstunde selbst – in ihrem Vorfeld war es auf landespolitischer Ebene zu einer emotional geführten Kontroverse gekommen, angeheizt durch die Aussage von sechs Landtagsabgeordneten der Grünen. Eine Gruppe um Pia Schellhammer und Gunther Heinisch hatte sich in einer Stellungnahme ausdrücklich von der Zeremonie distanziert. „Öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr dienen der Darstellung eines vermeintlichen gesellschaftlichen Konsenses, wo in der Gesellschaft ein tiefer Dissens besteht“, hatten die Parlamentarier verlauten lassen. Und mit dieser Aussage ein nachhaltiges Echo ausgelöst.
CDU-Landeschefin Julia Klöckner, die zum Gelöbnis kam, schrieb an Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler: „Es ist mehr als irritierend und ein fragwürdiges Parlamentarierverständnis, wenn grüne Parlamentarier gegen die Bundeswehr demonstrieren, die ihren Eid auf die Verfassung ablegen“, so Klöckner. Köbler nahm übrigens, genauso wie seine Parteifreundin, die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke, als Ehrengast an dem Gelöbnis teil.
Der frühere Landtagsabgeordnete der Grünen, Dietmar Rieth (Neuwied), hält die Debatte einiger Grüner für ziemlich „verquer“. Dabei erinnert er daran, dass der Völkermord in Ruanda durch ein robustes Mandat der Blauhelme im Vorfeld hätte verhindert werden können. Dass dies trotz vieler Hinweise nicht geschehen ist, kritisiert Rieth als „unterlassene Hilfeleistung“ der internationalen Gemeinschaft.
FDP-Landeschef Volker Wissing meinte, die Haltung einiger Grüner „ist nicht pazifistisch, sie ist nicht demokratisch, sie ist einfach nur feige“. Der Chef der rheinland-pfälzischen Jungliberalen, Tobias Huch, hatte zur Demonstration für das Gelöbnis aufgerufen, gemeinsam mit der Jungen Union Rheinland-Pfalz. Etwa 15 Menschen waren seiner Aufforderung gefolgt.
Beistand bekamen die Rekruten auch von ihren Angehörigen. „Es gibt immer jemanden, der etwas gegen solch ein öffentliches Gelöbnis hat. Wir versuchen, die Proteste gegen die Feierstunde aber auszublenden“, erklärte Ralf Kron aus Düsseldorf. Gemeinsam mit seiner Ehefrau war er gekommen, um dem Gelöbnis von Sohn Dennis beiwohnen zu können. „Eine weiße Taube macht noch keinen Frieden“, konnte sich Britta Kron einen spöttischen Seitenhieb auf die Gelöbnisgegner nicht verkneifen.
Die bekamen es nach einem bis dahin friedlichen Verlauf ihres Protests, der am Mainzer Hauptbahnhof begonnen hatte, mit der Polizei zu tun. Grund dafür: ein Lautsprecherwagen, mit dem sie das öffentliche Gelöbnis aus gut 100 Meter Entfernung beschallten. Als sie der mehrfachen Aufforderung der Polizei, die Lautstärke zu mindern, zunächst nicht nachkamen, entschloss sich die Polizeieinsatzleitung, die Versammlung mit Gewalt aufzulösen – just in dem Moment, als die Demonstranten der Aufforderung nachkommen wollten. Bei dem darauf folgenden Einsatz einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit kam es zu Gerangel und Schubsereien, ein Beamter setzte Pfefferspray ein. Vier Gelöbnisgegner trugen dabei Augenverletzungen davon.
Widerstand von 18 Gruppierungen
Via Internet hatte sich im Vorfeld der Veranstaltung auch reger außerparlamentarischer Widerstand gegen das Gelöbnis auf dem Platz der Mainzer Republik in einem Bündnis formiert. 18 Gruppen zeichneten bei „Gelöbnix Mainz“ als Unterstützer der Proteste, darunter auch die Mainzer Ortsgruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac.
„Kein anderer Berufsstand macht um seine Dienstverpflichtung so ein Brimborium“, begründete Attac-Mitglied Roman Haug seine ablehnende Haltung, „warum gibt es eine solche öffentliche Zeremonie nicht auch für Krankenschwestern oder Feuerwehrleute?“ Haug verwies auf die „historische Belastung“ Deutschlands, die militärische Zeremonien schnell in einen unerwünschten Kontext rücken könnte. „Außerdem schwören die Soldaten noch nicht mal auf das Grundgesetz“, ergänzte Haug.
Die Gelöbnisformel, festgeschrieben in Paragraf 9 des Soldatengesetzes, lautet: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“