Vereinsgründung in RLP
Naturgärten fürs Klima und die Artenvielfalt
Zu einem Garten gehört mehr als Rollrasen und ein Pool, sagt Werner Ollig, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Natur im Garten Deutschland. Wer seinen Garten naturnah gestalten möchte, schafft auch Lebensraum für Tiere.
Frank Rumpenhorst/dpa

Mehr Arten- und Klimaschutz durch weniger Gartenarbeit: Das, so Werner Ollig, ist die Grundidee eines Naturgartens. Der einstige Leiter der Gartenakademie will mit „Natur im Garten“ einen Verein in Rheinland-Pfalz gründen, der solche Gärten fördert.

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Weniger ist mehr. Auf diese Formel lassen sich die Prinzipien eines naturnahen Gärtnerns verdichten. Wer mehr Umwelt- und Klimaschutz sowie mehr Artenvielfalt erreichen will, der könne getrost weniger im Garten arbeiten, rät Werner Ollig. „Einfach mal ein bisschen wachsen lassen“, sagt der Ruheständler und einstige Leiter der Gartenakademie Rheinland-Pfalz. Gärtnerisch aktiv ist Ollig allerdings nach wie vor – unter anderem als stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Natur im Garten Deutschland“. In mehreren Bundesländern ist der Verein bereits aktiv – nun strebt Ollig auch eine Vereinsgründung in Rheinland-Pfalz an.

Die Bewegung „Natur im Garten“ kommt aus Österreich, wo sie 1999 gegründet wurde. Sie will eine ökologische Gestaltung und Pflege von Gärten fördern und damit „eine bunte Vielfalt“, wie der deutsche Ableger in einem Info-Flyer schreibt. Was dabei nicht zum Einsatz kommen darf: Torf sowie chemisch-synthetische Dünger und Pestizide. Gärten, die darüber hinaus weitere Kriterien eines Naturgartens erfüllen, zeichnet der Verein mit einer eigenen Plakette aus. Und wer gerade erst auf dem Weg hin zu einem naturnahen Garten ist, dem stehe die Gartenbewegung mit Infos und Beratung zur Seite, erklärt Werner Ollig.

Ein Pool und Rollrasen allein, bieten keinen Lebensraum für Tiere

Doch was ist das überhaupt, ein naturnaher Garten? Ollig zählt auf, was ein solcher Garten haben, aber auch nicht haben sollte: „Keine breiten Wege, nicht nur Rollrasen und einen Pool, sondern auch Stauden, Obstgehölze, ein bisschen Gemüse, Sträucher, Bäume, die Schatten geben, im günstigsten Fall eine Hecke in Form einer Wildhecke, beispielsweise mit blühendem Charakter, – und keine Doppelstabmattenzäune mit Plastikapplikationen drin.“

Der Mensch greife ständig in die Natur ein, versuche zu regulieren. Ein Naturgarten sei dagegen ein Raum, in dem der Gärtner sich mehr zurückhalte – der Umwelt und den Tieren zuliebe, für mehr Klimaschutz. Es gehe auch darum, Lebensräume zu schaffen. „Menschen wundern sich, wenn sie nur einen Doppelstabmattenzaun drumherum haben, einen Rollrasen und einen Pool, dass keine Tiere, keine Insekten, keine Vögel mehr in ihrem Garten sind“, sagt Ollig. Aber: „Wo sollen die denn leben, und wovon sollen die leben? Die haben ja gar nichts zu fressen.“

Werner Ollig, stellvertretender Vorsitzender von Natur im Garten Deutschland
Heike Boomgaarden

Der Gartenexperte ruft dazu auf, sich von dem Gedanken zu lösen, im Garten müsse es überall aufgeräumt und sauber sein. Wer ein „wildes Eck“ im Garten habe, mit einer höher gewachsenen Wiese und einer Hecke, unter der man die Pflanzen einfach mal wachsen lasse, schaffe Bereiche, in denen Tiere sich verstecken können und auch Nektar, Pollen und Samen als Nahrung finden.

Ein weiteres Naturgartenelement könne ein Totholzhaufen sein, „der eigentlichen ein Lebensholzhaufen ist, denn viele Insekten leben davon“, betont Werner Ollig. Auch ein paar Brennnesseln könne man ruhig mal stehen lassen. Den Begriff „Unkraut“ hält Ollig für unpassend: „Die Brennnessel ist eine Heilpflanze, das hat Hildegard von Bingen schon proklamiert“, sagt der Agraringenieur, „und die Brennnessel ist ganz, ganz wichtig für mehr als 30 heimische Falter und Schmetterlinge.“

Wie die Natur den Pflanzenschutz von selbst regelt

Auch ein natürlicher Pflanzenschutz stelle sich in einem naturnahen Garten ein. Als Beispiel nennt Ollig den Buchsbaumzünsler. Dessen Raupe hatte in Deutschland zunächst keine natürlichen Fressfeinde. Doch inzwischen haben auch heimische Vögel wie der Spatz die Raupe als Nahrungsquelle entdeckt, berichtet Ollig. Statt Buchsbäume zu spritzen, könne man die Raupen herausschütteln und sie den Vögeln in einer Schale bereitstellen. „Dann kommen die immer wieder, fliegen da rein und suchen sich die“, sagt Ollig. „Sie betreiben Pflanzenschutz, und man braucht nichts zu machen – ist das nicht sensationell?“

Ein Naturgarten diene zudem direkt dem Wohlbefinden des Menschen. Denn Pflanzen produzieren Sauerstoff, Bäume spenden nicht nur Schatten, sie lagern CO2 in ihrem Holz ein, kühlen durch die Verdunstung von Wasser die Umgebungstemperatur, filtern die Luft und schlucken Schall. Herabfallendes Laub trägt wiederum zur Bildung von Humus bei, der Wasser und CO2 speichert. „Alle diese Wohlfahrtswirkungen sind elementar, gerade in den heißen Sommern, die wir erwarten“, sagt Ollig.

Zu einem Garten gehört mehr als Rollrasen und ein Pool, sagt Werner Ollig, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Natur im Garten Deutschland. Wer seinen Garten naturnah gestalten möchte, schafft auch Lebensraum für Tiere.
Werner Ollig

Die Gartenfläche in Rheinland-Pfalz werde auf rund 45.000 Hektar geschätzt. Laut Ollig ein riesiges Potenzial, um Biodiversität und ein klimagerechtes Gärtnern zu fördern. Daher will er über den Verein „Natur im Garten“ das Wissen darüber noch mehr in die Breite tragen. Um den Verein in Rheinland-Pfalz gründen zu können, sucht der Agraringenieur noch aktive Mitstreiter für den Vorstand. „Da braucht man die ganze Besetzung: vom Vorsitzenden bis zum Kassenwart“, erklärt Ollig.

Erst, wenn ein Verein gegründet ist, ließen sich Fördergelder beantragen, wie beispielsweise über das Leader-Programm der EU – etwa um die Prüfer auszubilden, die Naturgärten zertifizieren können. Eine weitere Einnahmequelle, so Ollig, sollen moderate Mitgliedsbeiträge sein. Gartenbesitzer sollen von praktischen Seminaren und Workshops profitieren.

Für Vereinsgründung in Rheinland-Pfalz werden auch junge Leute gesucht

Auch Gemeinden werde eine Zertifizierung angeboten. Ebenso könnten interessierte Gartenbaubetriebe die Philosophie an ihre Kunden weitertragen. Angedacht sei auch ein Austausch mit Gartenfreunden auf europäischer Ebene. Denn „Natur im Garten“ ist neben Österreich und Deutschland auch in Südtirol, Tschechien, der Slowakei, Liechtenstein und der Schweiz aktiv.

Ollig hofft nun auf Resonanz von Gartenfreunden – auch von jungen Gartenfreunden. Zwar ist der Agraringenieur weiter für „die grüne Sache“ unterwegs, wie er betont. Allerdings „hätte ich das gern auf jüngere Schultern gebracht“, sagt der 68-Jährige. „Das sollen junge Menschen machen, die das auch die nächsten Jahre weitermachen können.“

Wer Interesse hat, bei der Vereinsgründung mitzuwirken, kann Werner Ollig per E-Mail an werner.ollig26@googlemail.com kontaktieren. Weitere Informationen finden Sie unter www.naturimgarten.at sowie unter www.naturimgarten.international

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