Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert kämpft für iranischen Fußballer, der zum Tode verurteilt worden ist
Nach dem Todesurteil der Mullahs: Mainzer Arzt will Fußballer vor dem Galgen retten
Amir Nasr-Azadani ist im Iran ein Fußballidol. Dass sich der 26-Jährige mit den Protesten gegen die Mullahs solidarisiert hat, könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden. Dem jungen Mann droht der Tod am Galgen. Der Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert will sein Leben retten. Foto: privat

Der Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert kämpft um das Leben des Iraners Amir Nasr-Azadani, der hingerichtet werden soll. Dazu hat er auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um Hilfe gebeten. 

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Auf einem Platz im Zentrum von Isfahan haben sie einen Galgen aufgebaut. Nicht als historische Kulisse für ein Mittelalterspektakel. Irans Mullahs wollen in der historischen Altstadt ein Exempel statuieren. Auf dem Shahid-Alikhani-Platz nahe einer belebten Metrostation soll eines der bekanntesten Fußballidole des Landes hingerichtet werden, fürchten seine Fans und die Familie. Öffentlich. Terror gegen die eigene Bevölkerung. Im Namen Gottes.

Das Todesurteil über Amir Nasr-Azadani ist schon gefällt. Dem Ex-Nationalspieler wird vorgeworfen, am Tod von drei Sicherheitskräften beteiligt gewesen zu sein. Nasr-Azadani soll die Tat schon gestanden haben, wie staatliche Medien berichten. Unter Folter, vermuten seine Anhänger. Ob das Urteil tatsächlich vollstreckt wird, ist unklar. Und wann. Zermürbende Ungewissheit. Auch das gehört zur grausamen Strategie der Mullahs im Gottesstaat.

Das Todesurteil hat auch Gerhard Trabert in Mainz erschüttert. Der Sozialmediziner zögerte nicht lange, als ihm vor gut einer Woche die Patenschaft für den 26-Jährigen angetragen worden ist. Zumal er von der Unschuld des jungen Mannes fest überzeugt ist. „Die Begründung für das Urteil ist fadenscheinig“, sagt Trabert gegenüber unserer Zeitung. „Dass er etwas mit dem Tod der Sicherheitskräfte zu tun hatte, ist von allen Augenzeugen bestritten worden.“ Trabert vermutet vielmehr politische Motive hinter dem Richterspruch. „Amir Nasr-Azadani hat sich sehr früh mit der Protestbewegung solidarisch erklärt“, sagt Trabert.

Für den Sozialmediziner ist es ein Kampf gegen die Zeit. Denn das Todesurteil könnte im Willkürstaat Iran jederzeit vollstreckt werden. „Die Angst ist schon da“, sagt Trabert. „Ich bin gerade dabei, ein Netzwerk aufzubauen.“ Sein Ziel ist es dabei, den Druck auf das Regime in Teheran zu erhöhen. Seine Waffe ist das Wort. „Deshalb bin ich um jede Öffentlichkeit dankbar“, erklärt Trabert. Eine Gratwanderung, weiß er. „Wie kann ich zu Solidarität aufrufen, ohne sein Leben zu gefährden?“

Der Ex-Kandidat der Linken für das Amt des Bundespräsidenten hat seine Fühler dazu schon mal zum Schloss Bellevue in Berlin ausgestreckt. „Ich habe Frank-Walter Steinmeier geschrieben“, sagt er. Bisher habe das Staatsoberhaupt, zu dem Trabert während der Wahl einen sehr guten Draht aufgebaut hat, zwar noch nicht geantwortet. Der Mainzer hofft aber, dass das Leben von Nasr-Azadani über diplomatische Kanäle gerettet werden könnte. Hinter den Kulissen.

Auch ansonsten lässt der 66-Jährige seine Kontakte spielen. Etwa zu Mainz 05. „Co-Trainer Babak Keyhanfar ist ja auch Deutsch-Iraner“, sagt der Arzt, der selbst in seiner Jugend ein hoch talentierter Fußballer gewesen ist. „Ich habe damals in der Hessenliga gespielt, bevor ich mich dann auf die Leichtathletik konzentriert habe.“ Keyhanfar hat sich bereits zuvor klar gegen das Regime im Iran positioniert – dem Land seiner Eltern. Eine Kooperation mit dem Fußballklub könnte Traberts Reichweite für sein Anliegen erweitern.

Trabert selbst hat keine großen persönlichen Verbindungen in den Iran. Vor rund 15 Jahren war er mal im Land. „Ich habe schon damals den tiefen Willen der Menschen nach Freiheit gespürt“, sagt er. In der Zwischenzeit ist es immer schwieriger geworden, Kontakt zu Iranern aufzunehmen. „Da wird alles von den Mullahs überwacht“, sagt Trabert. Dennoch bemüht er sich weiter darum, einen Draht zu Nasr-Azadanis Familie in Isfahan herzustellen, die in ständiger Angst vor der Hinrichtung des 26-Jährigen lebt. Trabert hofft jetzt, dass Rahim Schmidt ihm dabei helfen kann. Denn auch der Zweite Vorsitzende von Traberts Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ hat seine Wurzeln im Iran. „Wir sind da noch am Anfang“, sagt Trabert. „Wir werden einen langen Atem brauchen.“

Aber er steht damit nicht allein. Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat eine Patenschaft für die 16-jährige Sheno Ahmadian übernommen, die im Iran inhaftiert ist. „Ich fordere die Freilassung der Schülerin und fordere den iranischen Botschafter auf, über den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand zu informieren“, schreibt Dreyer auf Twitter. „Ich möchte dazu beitragen, die Opfer des Protestes sichtbar zu machen.“

An der Aktion haben sich auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD), Familienministerin Katharina Binz (Grüne) und SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler beteiligt. Hering sagte, Europa müsse die Diktatur im Iran mit harten Sanktionen treffen. Deutschland solle seinen wirtschaftlichen Einfluss nutzen, um die Gewalt zu beenden. „Nicht Wirtschaftsinteressen, sondern zuerst die Frage der Menschenrechte muss unser Handeln leiten.“

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