DRK steigt aus Kliniken aus
Nach dem DRK-Beben: „Insolvenz-Tsunami weitet sich aus“
Das DRK Rheinland-Pfalz will sich künftig auf Bereiche wie den Rettungsdienst konzentrieren. Aus der Krankenhausversorgung steigt der Träger indes aus. Die Trägergesellschaft hat ein Insolvenzverfahren für alle Krankenhäuser im Land eingeleitet.
Hannes P Albert/dpa

Wie geht es weiter, nachdem das Deutsche Rote Kreuz angekündigt hat, sich aus der Klinikversorgung zurückzuziehen? Krankenhausgesellschaft, Ärztekammer und die oppositionelle CDU stellen klare Forderungen ans Land – und an Gesundheitsminister Hoch.

Es war die nächste Hiobsbotschaft für die rheinland-pfälzische Krankenhauslandschaft: Am späten Donnerstagnachmittag teilt der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mit: Das DRK zieht sich ganz aus der Krankenhausversorgung in Rheinland-Pfalz zurück. Als Grund nannte das Rote Kreuz hohe wirtschaftliche Belastungen sowie unklare gesundheitspolitische Zukunftsaussichten. Mit dem Beschluss der Krankenhausreform spitze sich die wirtschaftliche Situation für kleinere Kliniken, wie sie das DRK mehrheitlich vereine, weiter zu, hieß es in einer Mitteilung.

Die Folge: Die DRK-Trägergesellschaft weitet das Insolvenzverfahren auf sechs weitere Klinikstandorte aus, darunter die Tageskliniken Bad Kreuznach, die Fachklinik in Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie die DRK-Kamillus-Klinik Asbach (Kreis Neuwied). Die Patientenversorgung bleibe erst mal unverändert gesichert, versprach das DRK. Erst im Dezember hatte das DRK für fünf andere Krankenhäuser Insolvenz beantragt.

Wie wird die Nachricht bewertet? Kommt die Entwicklung überraschend? Sind dauerhafte Krankenhausschließungen jetzt noch abwendbar? Was muss die Landesregierung und Landesgesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) tun? Wir haben nachgefragt.

Andreas Wermter, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, die die Interessen der Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz vertritt, spricht davon, dass sich die Insolvenzwelle in Rheinland-Pfalz zu einem „Insolvenz-Tsunami“ ausweitet. Die Politik müsse nun handeln. Die Zeit des Wegduckens sei vorbei. Wermter sagt: „Minister Hoch macht es sich zu leicht, die Verantwortung für die Finanzmisere der Kliniken ausschließlich auf die Bundesebene zu schieben.“ Die Krankenhausgesellschaft fordert „eine aktive Landespolitik“. Aus Wermters Sicht wäre ein Rettungsschirm, der den von der Insolvenz bedrohten Häusern direkte finanzielle Unterstützung leistet, oder Landesbürgschaften zur Absicherung von Krediten denkbar und wünschenswert.

Krankenhausgesellschaft: Land muss sich für Brückenfinanzierung einsetzen

Wermter fordert außerdem, dass sich die Landesregierung gegenüber dem Bund unverzüglich für eine kurzfristig wirksame Brückenfinanzierung der Kliniken bis zur Umsetzung der Krankenhausreform einsetzen müsse – um so eine Fortsetzung des kalten Strukturwandels zu verhindern. Die Kliniken bräuchten eine sofortige Erhöhung ihrer Erlöse, landesweit gehe es um mindestens 150 Millionen Euro, erklärt der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft. Es sei zusätzlich unumgänglich, dass das Land die Investitionskosten der Kliniken für Neu- und Umbauten auskömmlich finanziere. Mit einer Investitionsquote von 2,6 Prozent liegt Rheinland-Pfalz laut der Krankenhausgesellschaft „weit entfernt“ von der in der Fachwelt geforderten Quote von 8 Prozent. Auch die vom Land geforderte Eigenbeteiligungsquote in Höhe von mindestens 10 Prozent müsse sofort wegfallen.

Wermter erinnert aber auch daran, dass eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung im Rahmen der Daseinsvorsorge eine öffentliche Aufgabe sei. Sprich: Wenn kein frei-gemeinnütziger oder privater Träger gefunden wird, sei es die Aufgabe der örtlichen Kommune, zu übernehmen.

Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, berichtet, dass die Verunsicherung infolge der neuerlichen Schreckensmeldung beim gesamten Personal spürbar hoch sei. Das gelte nicht nur für die Ärzteschaft. Für Matheis kommt der DRK-Rückzug aus dem Krankenhausbereich nicht völlig überraschend, die Entwicklung sei vorhersehbar gewesen. Der Grund: Man habe es in der Vergangenheit verpasst, Lösungen für die angeschlagenen Krankenhäuser zu präsentieren, die für alle Beteiligten praktikabel gewesen seien. Und: Matheis sagt, es sei in der Vergangenheit keine Bereitschaft wahrnehmbar gewesen, wirkliche Restrukturierungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.

„Dauerhafte Klinikschließungen sind nicht vermeidbar.“
Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz

Wie geht es weiter? Sind dauerhafte Klinikschließungen abwendbar? Matheis’ nüchterne Einschätzung: „Dauerhafte Klinikschließungen sind nicht vermeidbar.“ Daher sei es nun an der Zeit, „gemeinsam unter Einbeziehung des Insolvenzverwalters ohne Rücksicht auf einzelne Befindlichkeiten eine sinnvolle Restrukturierung herbeizuführen, die Mitarbeitern und am Ende der betroffenen Bevölkerung auch wahrheitsgemäß und realistisch mit einer Stimme dargestellt werden muss“.

Ob der Landesärztekammer-Präsident dabei Gesundheitsminister Hoch in der Pflicht sieht? Matheis sagt jedenfalls, die Politik sei aufgefordert, zu moderieren und zumindest zeitlich begrenzt „die Regie über die betroffenen Häuser zu übernehmen, bis tragfähige Konzepte gefunden sind“. Diese würden sicher mit umfassenden Veränderungen eingehen.

„Das sind katastrophale Nachrichten für die rheinland-pfälzische Krankenhauslandschaft. In Rheinland-Pfalz vergeht kaum ein Monat, in dem nicht von neuen Krankenhausinsolvenzen zu hören ist.“
Christoph Gensch, gesundheitspolitischer Sprecher, sowie Torsten Welling, krankenhauspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion

Deutliche Worte findet auch die CDU-Opposition. Sie spricht von „katastrophalen Nachrichten“ für die Krankenhauslandschaft im Land. Christoph Gensch, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, sowie Kollege Torsten Welling, krankenhauspolitischer Sprecher, erklären: Mit der DRK-Rückzugsankündigung verliere das Fundament der Daseinsvorsorge im Land massiv an Stabilität.

Gensch und Welling fragen: „Wie lange will Minister Hoch bei den Insolvenzen und Schließungen weiter tatenlos zusehen? Wie viele Krankenhäuser müssen noch folgen? Wann sieht er ein, dass das Land den Kliniken mit starker finanzieller Unterstützung helfen muss?“ Die CDU erwarte von Hoch eine Bestandsgarantie für die betroffenen DRK-Häuser. Zu finalen Schließungen dürfe es nicht kommen. Gensch und Welling weiter: „Gesundheitsminister Hoch muss das DRK-Beben jetzt zur Chefsache erklären.“

Der mächtig in der Kritik stehende Gesundheitsminister hat für nächsten Freitag, 14. Februar, ab 9.30 Uhr zu einem Runden Tisch ins Mainzer Gesundheitsministerium eingeladen, wie sein Ministerium unserer Zeitung mitteilt. Eingeladen sind die betroffenen Städte und Kreise sowie Insolvenzverwalter und auch die Schwesternschaften als Mitträger der Einrichtungen. Hoch hatte am Donnerstag erklärt, dass man sich als Land mit aller Kraft dafür einsetzen werde, dass das Angebot erhalten bleibe. Man sei froh, dass die medizinische Versorgung auch während der Insolvenz vollumfänglich gesichert sei.

Top-News aus der Region