Der 27-jährige Ghanaer Samuel Yeboah überlebt den Hausbrand am 19. September 1991 nicht, zwei Flüchtlinge brechen sich beim Sprung aus einem Fenster die Knochen, 18 weitere können den Flammen glücklicherweise unverletzt entkommen.
Peter S. soll 1991 „heimtückisch“ gehandelt haben
Fast drei Dekaden nach dem Brand tauchen plötzlich hochbrisante neue Hinweise zu der Tragödie auf, die am 4. April dieses Jahres schließlich zur Verhaftung des Beklagten führen: 2019 gibt eine Frau bei der Polizei zu Protokoll, dass Peter S. bei einem Grillfest damit geprahlt habe, die Flüchtlingsunterkunft angezündet zu haben. Fakt ist, dass die Saar-Polizei sich bereits für Defizite bei der damaligen Aufklärungsarbeit entschuldigt hat.
Wegen Mord, versuchten Mordes in 20 Fällen und Brandstiftung mit Todesfolge muss sich der Beklagte, der weiter in U-Haft sitzt, in den kommenden Wochen vor dem Staatsschutzsenat des Koblenzer Oberlandesgerichtes verantworten. Laut einer Pressemitteilung des Gerichtes bestreitet er die Vorwürfe indes.
Nach wie vor kommt es in Deutschland zu rassistischen Anschlägen und Tötungen – und viele Attentate aus den 1990ern sind noch nicht aufgearbeitet. In Koblenz muss sich nun zumindest ein Mann verantworten, dem vorgeworfen wird, eine Flüchtlingsunterkunft mit Benzin angezündet zu haben.31 Jahre nach Brandanschlag auf Geflüchtete: Mordprozess in Koblenz beginnt
Es folgt ein Abriss der Anklageschrift der Generalbundesanwaltschaft: Peter S. soll 1991 „heimtückisch“ gehandelt haben, von „niedrigen Beweggründen“ und „tiefer Menschenverachtung“ ist ferner die Rede. Der Beklagte vertrete nationalsozialistische und rassistische Ideologien, stehe Ausländern, Juden und Muslimen ablehnend gegenüber. In den 90ern sei er Teil einer berüchtigten Skinheadgruppe in Saarlouis gewesen.
Verteidiger kritisierte die Anklageschrift
In der Nacht vom 18. auf den 19. September 1991 soll Peter S. – damals 20-jährig – mit seinen Skinheadkameraden in einer Gaststätte in Saarlouis darüber fantasiert haben, eine lokale Flüchtlingsunterkunft in Brand zu stecken. Im Anschluss an das Treffen habe Peter S. ebendiesen Gedanken selbst in die Tat umgesetzt, sich einen Benzinkanister besorgt und nachts gegen 3.30 Uhr aufgrund seiner rassistischen Gesinnung den Brand gelegt. Sein Verteidiger Guido Britz kritisierte die Anklageschrift am Mittwochmorgen aufs Schärfste. Sie zeichne ein auf Mutmaßungen basierendes Bild seines Mandanten, welches die politische Dimension des Verfahrens absichtlich weiter befeuere.
Der Beklagte werde auf eine solche Art und Weise dargestellt, dass er haargenau als denkbarer Täter zum angeklagten Geschehen passe. Dabei sei Peter S. weder Nazi, noch habe er etwas gegen Juden oder Muslime. Ja, er sei in den 90er-Jahren Teil der Skinheadszene in Saarlouis gewesen – doch diese Zeit liege 30 Jahre zurück. Der 51-Jährige sei heute ein fürsorglicher Familienvater und Ehemann. Britz kritisierte ferner, dass einzig Peter S. auf der Anklagebank sitze: Eigentlich müssten auch seine alten Skinheadkameraden nach Koblenz zitiert werden.
Nach der Verhandlung präzisierte Britz in einem Interview seine zuvor geäußerten Gedanken: Man könne von einem möglichen Motiv nicht auf eine mögliche Tatbeteiligung schließen, so der Jurist. Einen Antrag auf Nichteröffnung oder gar Einstellung des Verfahrens hatte Britz trotz aller Kritik indes nicht im Gericht gestellt. Er kündigte am Mittwochmorgen an, dass sein Mandant grundsätzlich zu einer Aussage bereit sei. Acht weitere Verhandlungstage sind im Prozess um Peter S. anberaumt. Der Prozess wird am 28. November am Koblenzer Oberlandesgericht fortgesetzt.
Rheinland-Pfalz. Lässt sich der mörderische Brandanschlag auf ein Asylbewerberwohnheim in Saarlouis vom 18. September 1991 heute noch aufklären? Und kann der Angeklagte Peter S. (51) als Täter überführt werden?Mörderisches Feuer in Asylwohnheim 1991: Angeklagter spricht über seine Kindheit