Schneepflugfahren im Spätsommer? Das klingt reichlich skurril. Doch Rudolph und Assenmacher trainieren für die Deutsche Meisterschaft, die am Samstag, 16. September, auf der ADAC-Fahrsicherheitsanlage in Koblenz stattfindet. Für das Fahrer-Duo liegt die Messlatte hoch. Die beiden Straßenwärter von der Autobahnmeisterei Emmelshausen sind nicht nur die Lokalmatadoren. Sie sind auch Titelverteidiger. Bei der jüngsten Deutschen Meisterschaft im Schneepflugfahren im Jahr 2019 haben sie alle Konkurrenten hinter sich gelassen. Damit qualifizierte sich das Erfolgsduo sogar für die Europameisterschaft in Österreich. „Da haben wir den siebten Platz geholt“, sagt Rudolph stolz. Die Spitzenplätze sicherten sich die Gastgeber. „Die haben ihren Heimvorteil genutzt“, sagt Rudolph und grinst.
Disziplinen sind nah dran am Alltag
Für viele hört sich das alles vor allem nach einer Riesengaudi an. Ist es auch. Aber nicht nur. Rudolph und Assenmacher nehmen den Wettbewerb sehr ernst. Denn die auf den ersten Blick recht kuriosen Disziplinen seien recht nah an ihrem Arbeitsalltag. „Gefragt ist eine Mischung aus Genauigkeit und Schnelligkeit“, erklärt Rudolph. Im Winterdienst mit dem Unimog rückwärts über die Autobahn zu fahren, geht natürlich nicht. „Aber je nachdem, wie die Lastwagen auf den Autobahnparkplätzen stehen, ist tatsächlich Slalomfahren angesagt“, betont der Deutsche Meister.
An diesem Morgen hätte es wohl eher nicht zur Titelverteidigung gereicht. Denn auch bei der nächsten Disziplin läuft es nicht ganz rund. Zwei der drei PVC-Rohre, die die beiden mit dem Schneepflug punktgenau auf ein markiertes Feld bugsieren müssen, landen kurz vor der roten Linie. Auch die Übung ist praxisnah. Denn im Job müssen sie den Schnee ebenfalls oft präzise um Hindernisse herum zu den Abladestellen schieben.
Das Salzlager ist jetzt schon halbvoll
Aber das Bremsmanöver sitzt. Ruckartig kommt der Unimog exakt an der roten Linie zu stehen. Ein Kollege misst genau nach. Je weiter der Abstand, desto größer sind die Abzüge. Volle Punkzahl. Die Disziplin „Anhalten an einem Hindernis bei Rückwärtsfahrten“ hat ebenfalls einen realen Hintergrund. Beim Beladen mit Streugut müssen die Unimogfahrer zentimetergenau ans Salzsilo ranfahren. Das ist in der Außenstelle Rübenach übrigens schon gut gefüllt. Das Lager ist halbvoll. Denn im Sommer sind die Salzpreise niedriger.
Gewisse Abstriche an den Arbeitsalltag gibt es bei der nächsten Disziplin dann aber doch. „Über Rampen fahren wir normalerweise nicht“, sagt Rudolph. Schon gar nicht in Schräglage. Dafür hat die Station etwas von „Wetten dass..?“: Während die Räder des Unimogs vorsichtig über den Stahlträger balancieren, müssen sie mit dem Pflug die oberen Holzklötze einer Pyramide umwerfen. Die unteren müssen stehenbleiben. Jetzt ist Maßarbeit gefragt. Geklappt. Zwei Tage haben sie jetzt noch, um an der A48 zu üben, bevor es dann ernst wird. Aber die beiden sind eben eine Turniermannschaft.
31 Teams treten gegeneinander an
Doch die Konkurrenz ist groß. Am 16. September werden in der ersten Runde 31 Teams gegeneinander antreten. Die besten zwölf kommen ins Finale, um auf dem 450 Meter langen Geschicklichkeitsparcours mit zwölf Disziplinen den Meister unter sich auszumachen. Ob es für Rudolph und Assenmacher wieder reicht? Mal sehen. Auf jeden Fall hat die beiden der Ehrgeiz gepackt. Sie wollen sich natürlich wieder für die nächste Europameisterschaft in München qualifizieren. Und wer weiß: Vielleicht schaffen die beiden es ja sogar noch bis zur Weltmeisterschaft nach Frankreich...
Bei der Autobahn GmbH West mit Hauptsitz in Montabaur, unter deren Ägide der Wettbewerb organisiert wird, hat man vor allem das Image des Berufs im Auge. „Es geht um die Wertschätzung ihrer wichtigen Arbeit für alle Auto- und Lastwagenfahrer“, betont Pressesprecherin Stephanie Kühr-Gilles gegenüber unserer Zeitung. Schließlich leisteten die Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit, der nicht immer von allen ausreichend gewürdigt werde. Und zwar mitten in der Nacht, wenn die meisten Pendler noch selig schlafen.
Die 3. Deutsche Meisterschaft im Schneepflugfahrten findet am Samstag, 16. September, von 8 bis 18 Uhr auf dem Gelände der ADAC-Verkehrssicherheitsanlage in der Hans-Böckler-Straße 7 in Koblenz statt. Der Eintritt ist kostenlos.
Idee der Meisterschaft kommt aus Frankreich
In Frankreich werden schon lange nationale Meisterschaften der Schneepflugfahrer ausgetragen. Dort entstand die Idee, den Wettbewerb auszudehnen. 2010 gab es schließlich in Kanada die ersten Weltmeisterschaften. Damals waren noch keine deutschen Teams am Start. Auch ansonsten war die Resonanz noch recht verhalten. Erst zur WM 2018 in Polen waren auch deutsche Fahrer beteiligt. Die drei besten Teams hatten sich im Jahr zuvor bei den ersten Deutschen Meisterschaften in Brandenburg qualifiziert. 2019 kämpften dann auch zum ersten Mal Duos aus Rheinland-Pfalz um den Titel mit. Und prompt landeten Matthias Rudolph und Luca Assenmacher auf dem ersten Platz. Insgesamt setzen sie sich gegen 31 Teams aus neun Bundesländern durch. Die nächste Europameisterschaft soll übrigens 2024 in Deutschland stattfinden.