Der rheinland-pfälzische CDU-Landeschef Christian Baldauf will die Zusammenarbeit stärker verzahnen. „Eine echte Fusion der beiden Bundesländer ist natürlich erst einmal unrealistisch – dafür müsste das Grundgesetz geändert werden“, sagt Baldauf. „Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass wir in Zukunft mehr Verwaltungsabläufe über Ländergrenzen hinweg zusammenführen können und das auch tun sollten.“
Baldauf schlägt – wie Söder in Passau – etwa „eine Zusammenlegung der beiden Rundfunkanstalten“ vor. „Hier ließen sich ebenfalls enorme Kosten einsparen.“ Die SPD-geführte Saar-Landesregierung hatte den Vorschlag abgelehnt und kritisiert.
Schon jetzt viel Nähe
„Kein Problem verschwindet, wenn unsere Länder fusionieren würden“, sagt der saarländische Regierungssprecher Julian Lange. Aus saarländischen Problemen würden dann rheinland-pfälzische und umgekehrt. Zudem gebe es keine anderen Rundfunkanstalten, die so vielfältig kooperierten wie SR und SWR, sagt Lange – vom gemeinsamen Archiv bis zur Radiophilharmonie. Trotzdem seien und blieben sie „beide starke, eigenständige Anstalten in ihren Sendegebieten“.
Es gibt aber nicht nur die Sachebene. Pfälzer und Saarländer seien durch eine „herzliche Freund-Feindschaft“ verbunden, wie es der pfälzische Mundart-Comedian Christian „Chako“ Habekost ausdrückt. Keine Seite lasse derbe Witze über die Gegenseite aus. „Aber wir wollen ehrlich sein“, meint Habekost im Buch „Gebrauchsanweisung für die Pfalz“ augenzwinkernd. „Vielleicht sind sich Saarländer und Pfälzer gerade deshalb so spinnefeind, weil beide spüren, dass sie mehr Ähnlichkeiten verbindet, als ihnen lieb ist.“
Es gibt viele Beispiele bilateraler Zusammenarbeit. Stefan Kuntz aus Neunkirchen war einst Vorstandsvorsitzender des 1. FC Kaiserslautern, des Kronjuwels pfälzischen Fußballs. Und Margret Wintermantel aus dem Westerwald amtierte von 2000 bis 2006 als Präsidentin der Universität des Saarlandes. Die Saarländerin Margret Klein-Raber gewann im Januar zum wiederholten Mal die Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen in Weidenthal (Pfalz).
Das Thema einer möglichen Fusion von Rheinland-Pfalz und Saarland kehrt immer wieder. Vor einigen Jahren hatte Kurt Beck einen Vorstoß gewagt. „Das war eine völlig andere Situation“, sagt der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident (SPD) heute. „Es gab damals eine bundesweite Diskussion um mehr Effizienz in den Verwaltungen durch eine Länderfusion. Im Vordergrund stand etwa Berlin/Brandenburg. Ich habe gesagt, dass Rheinland-Pfalz bereit sei zu einer solchen Diskussion, aber dem müssten eine Verfassungsänderung und eine Bürgerbefragung vorangehen.“
Nachdem die Fusion von Berlin und Brandenburg gescheitert sei, sei „die Diskussion durch gewesen“, sagt Beck. „Heute gibt es viel zu viele andere Probleme, die im Vordergrund stehen – etwa die Herausforderungen aus Ukraine-Krieg, Klimawandel und Zuwanderung sowie die Bedrohung der Demokratie.“ Man stehe vor einer Europawahl und sollte sich darauf konzentrieren, Europa handlungsfähig zu halten. „Da braucht man keine innere Zerrissenheit in den Bundesländern. Denn das Thema Fusion würde zunächst eine intensive, lange und kritische Diskussion hervorrufen“, meint er.
„Schwenker“ kontra Saumagen
In Saarbrücken sagt Regierungssprecher Lange, die Kooperation sei „außerordentlich gut bei quasi allen Themen“. Das sei 2023 etwa mit einer gemeinsamen Kabinettssitzung in Brüssel sichtbar geworden. Inhaltlich zeige sich das zum Beispiel beim Thema Wasserstoffinfrastruktur, das für die Chemieindustrie in Ludwigshafen so wichtig sei wie für die Stahlindustrie in Dillingen und Völklingen. „Aber auch bei der Gesundheitsversorgung, beim Abbau von Hürden für den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt oder der Justiz.“
So findet der Vollzug der Sicherungsverwahrung für männliche Gefangene aus dem Saarland in Rheinland-Pfalz statt, und auch weibliche Häftlinge aus dem Saarland sitzen dort ihre Strafe ab. „Die Vereinbarungen bestehen für weibliche Gefangene seit 1987, für Sicherungsverwahrte seit 2010“, teilt das Justizministerium in Mainz mit. Das gemeinsame Vorgehen sei günstiger, als stets genügend Plätze bereitzuhalten. Das Saarland erstatte Personal- und Sachkosten. „Das Vorgehen hat sich bewährt.“
Natürlich gibt es regionale Unterschiede. Saarländer schätzen Gegrilltes vom „Schwenker“, Pfälzer lieben Saumagen. Oder Feiertage, etwa Mariä Himmelfahrt: Das pfälzische Zweibrücken veranstaltet dann einen „Saarländertag“, um konsumfreudige Nachbarn anzulocken.
Ohnehin dürfte in der Pfalz, die an das Saarland grenzt, das Thema leidenschaftlicher verfolgt werden als zum Beispiel in der Eifel oder in Rheinhessen. Dort elektrisiert die Frage, ob ein gemeinsames Bundesland etwa Rheinsaar-Pfalz heißen sollte, kaum die Massen.
Böse Zungen behaupten oft, das Saarland existiere nur, um bei Katastrophen einen Flächenvergleich zu besitzen – also wenn es etwa darum geht, die Größe eines Ölteppichs einzuordnen. Wer im Internet „so groß wie das Saarland“ googelt, findet aktuell rund 14.300 Treffer. Das Saarland ist demnach das Maß vieler Dinge. Und so könnte Söders Forderung am Ende das Schicksal vieler ins Bierzelt gerufener Parolen teilen: Sie bleiben folgenlos.