Interview zur Weitefelder Tat
Mannweiler: Die Polizei geht an die Belastungsgrenze
Mario Mannweiler, Chef der Staatsanwaltschaft Koblenz
Sascha Ditscher. picture alliance/dpa/Sascha Ditscher

„Dass der Täter flüchtig ist, ist natürlich für alle unerträglich, aber auch ein Ansporn, ihn zu finden“, sagt Mario Mannweiler. Der Leitende Oberstaatsanwalt ordnet im RZ-Interview die Lage bei der Suche nach dem Dreifachmörder von Weitefeld ein.

Seit Sonntag läuft im nördlichen Rheinland-Pfalz die wohl größte Fahndungsaktion nach einer einzelnen Person seit Jahren: Gesucht wird Alexander Meisner, der 61-Jährige wird dringend verdächtigt, drei Menschen in Weitefeld (Kreis Altenkirchen) getötet zu haben. Geleitet wird die Ermittlung von Mario Mannweiler. Seit Anfang 2023 ist er der Chef der Koblenzer Staatsanwaltschaft. Wir haben am Freitagnachmittag mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt über die Jagd nach dem mutmaßlichen Dreifachmörder gesprochen – am Ende einer Woche, die auch an dem erfahrenen Strafverfolger und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht spurlos vorübergegangen ist.

Herr Mannweiler, seit Sonntag leiten Sie eine der größten Ermittlungsaktionen im nördlichen Rheinland-Pfalz seit Jahren. Wie fassen Sie die Situation jetzt zum Ende der Woche zusammen?

Es ist zwar richtig, dass die Sachleitungsbefugnis in diesem Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft liegt. Die ist aber angesichts der besonderen Dynamik der Lage auf die professionelle Expertise der Polizei angewiesen. Deshalb arbeiten Staatsanwaltschaft und Polizei in so einem Fall besonders eng verzahnt zusammen. Ich wurde am Sonntagmorgen gegen 10 Uhr über die schreckliche Tat informiert. Zuvor war die diensthabende Bereitschaftsstaatsanwältin schon eingebunden worden. Es war sofort klar, dass eine ganz besondere Lage besteht, weil der Täter unbekannt und flüchtig war, was bei einer derart brutalen Tat immer eine besondere Herausforderung für Polizei und Staatsanwaltschaft darstellt. Die Polizei hat sich sofort in entsprechendem Umfang personell und organisatorisch aufgestellt, um alle notwendigen Sofortmaßnahmen zu treffen. Als sich dann in der Nacht von Sonntag auf Montag klare Hinweise auf die Person des Tatverdächtigen ergaben, war dies zum einen eine Erleichterung, weil jetzt klar war, nach wem gesucht werden muss. Alle Maßnahmen wurden sofort in die Wege geleitet, die Öffentlichkeitsfahndung wurde direkt veranlasst, Fahndungsmaßnahmen und Tatermittlungen laufen seitdem parallel. Sie dürfen davon ausgehen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in einem solchen Fall rund um die Uhr alles aufbieten, was möglich ist, um den Tatverdächtigen zu fassen und die Tat aufzuklären. Aber Fakt ist, der Verdächtige ist noch immer auf der Flucht. Das lässt allen, die mit dieser Ermittlung befasst sind, natürlich keine Ruhe.

Am Donnerstag gab es offenbar gezielte Durchsuchungen des Wohnhauses des Tatverdächtigen in Elkenroth. Haben sie etwas Verwertbares ergeben?

Ich weiß, dass die andauernden Maßnahmen vor Ort in Elkenroth, Weitefeld und Umgebung für Unruhe sorgen. Es trifft zu, dass auch mehrere Durchsuchungen stattgefunden haben. Es ist aber durchaus üblich, eine Objektdurchsuchung in mehreren Schritten durchzuführen. Dies hängt auch immer von der Entwicklung der Erkenntnis- und Hinweislage ab. Sie werden aber verstehen, dass wir zu Ziel und Ergebnis von einzelnen Maßnahmen während der laufenden Ermittlungen keine Auskunft geben können. Im Moment wird nach allen Mosaiksteinen gesucht, um mehr Erkenntnisse zu erlangen und ein Gesamtbild zu formen.

Wie haben Sie ganz persönlich diese Woche erlebt? Auch an Ihnen dürfte die Grausamkeit, die Brutalität der Tat nicht spurlos vorbeigehen.

Alle, die mit dieser Ermittlung befasst sind, nimmt das mit. Auch mich. Wir sind alle nur Menschen. Man trainiert sich zwar Professionalität auch in solchen Lagen an, aber das geht nicht spurlos an einem vorüber. Und dass der Täter flüchtig ist, ist natürlich für alle unerträglich, aber auch ein Ansporn, ihn zu finden.

Können Sie – ohne ins Detail zu gehen und ohne die Ermittlungen zu gefährden – die Dimension der Fahndungsmaßnahmen umreißen?

Es wird mit einem internationalen Haftbefehl über die Grenzen Deutschlands hinaus gefahndet. Sie können davon ausgehen, dass die Polizei an die Belastungsgrenze geht und mit einem sehr hohen Kräfteansatz im Einsatz ist und nichts unversucht lässt, um die Ermittlungen zum Erfolg zu führen. Bei der Staatsanwaltschaft habe ich zwei erfahrene Oberstaatsanwälte mit den Ermittlungen betraut, die auch am Wochenende zur Verfügung stehen. Ob all dies zu einem kurzfristigen Erfolg führen wird oder wir einen längeren Atem benötigen, kann ich derzeit nicht prognostizieren.

Mit diesem aktuellen Passfoto fahndet die Polizei nach Alexander Meisner.
Polizei Rheinland-Pfalz/Fahndung

Konkrete Fahndungsmaßnahmen im Westerwald und darüber hinaus bekommen derzeit viele Menschen mit. Können Sie zumindest umreißen, was außerdem im Hintergrund geschieht? Werden etwa auch Onlineaktivitäten des Verdächtigen ausgewertet?

Ich kann verstehen, dass es die Menschen beunruhigt, wenn sie tagelang Polizeibeamte bei Ermittlungsmaßnahmen im Ort sehen, ohne zu wissen, was der konkrete Anlass dafür ist. Dennoch kann und darf ich über die konkreten Fahndungs- und Ermittlungsmaßnahmen im jetzigen Verfahrensstadium naturgemäß keine Angaben machen, da dies deren Erfolg gefährden und den Täter vorwarnen könnte. Natürlich werden auch etwaige Onlineaktivitäten überwacht. Sie können davon ausgehen, dass alle nach der Strafprozessordnung zulässigen Möglichkeiten bei Fahndung und Ermittlung ausgeschöpft werden.

Gleichzeitig ist das Aufkommen an Hinweisen aus der Bevölkerung laut Polizei ungewöhnlich hoch. Was rufen Sie den Hinweisgebern zu?

Die Polizei ist auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Jeder Hinweis kann wichtig sein. Und es wird jeder Hinweis ernst genommen, bewertet und überprüft. Deshalb kann es auch immer wieder zu neuen Maßnahmen vor Ort kommen, die von den Menschen wahrgenommen werden. Die Menschen dürfen keine Scheu haben, Auffälligkeiten zu melden, auch, wenn es vielleicht nebensächlich erscheint.

Die Fragen stellte Tim Kosmetschke

Drei Menschen starben an Schuss- und Stichverletzungen

Am frühen Sonntagmorgen kam es nach Erkenntnissen der Ermittler zu der ungeheuer brutalen Tat in einem Einfamilienhaus in der Gemeinde Weitefeld im Kreis Altenkirchen. Drei Menschen starben, nach den vorläufigen Ergebnissen der rechtsmedizinischen Untersuchung an Schuss- und Stichverletzungen. An den Leichen des Ehepaars seien jeweils sowohl Schuss- als auch Messer- und Stichverletzungen nachgewiesen worden, woran beide letztlich verblutet seien. Bei dem 16 Jahre alte Sohn sei eine tödliche Schussverletzung festgestellt worden. Dringend tatverdächtig ist der 61-jährige Alexander Meisner aus dem Nachbarort Elkenroth. Meisner ist auf der Flucht. Die Polizei sucht ihn mit Hochdruck per Öffentlichkeitsfahndung und geht jedem Hinweis nach. Noch gibt es keine neuen Erkenntnisse zu einer etwaigen Beziehung zwischen Tatverdächtigem und der Familie. Hinweise auf einen oder mehrere Mittäter gibt es laut Staatsanwaltschaft weiter nicht. tim, dpa

Hinweise an die Polizei unter Telefon 0261/10350399

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