Ein Leben über den Wolken: Ralf Stephan und Sabine Beutner haben ein Haus mit Weitblick gebaut
Lust aufs Land: Ein Logenplatz über dem Rheintal
Traumblick aufs Welterbe: Ralf Stephan und Sabine Beutner haben sich in Perscheid (Rhein-Hunsrück-Kreis) ihr Traumhaus mit unverbautem Ausblick aufs Rheintal gebaut. Bei gutem Wetter können sie 40 Kilometer weit bis in den Westerwald schauen. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Leben über den Wolken: Ralf Stephan und Sabine Beutner haben im Hunsrück ihr Traumhaus mit Weitblick gebaut.

Lesezeit 4 Minuten

Traumblick aufs Welterbe: Ralf Stephan und Sabine Beutner haben sich in Perscheid (Rhein-Hunsrück-Kreis) ihr Traumhaus mit unverbautem Ausblick aufs Rheintal gebaut. Bei gutem Wetter können sie 40 Kilometer weit bis in den Westerwald schauen. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Wer wissen will, warum Ralf Stephan und Sabine Beutner ihr Haus genau an dieser Stelle in Perscheid (Rhein-Hunsrück-Kreis) gebaut haben, muss nur auf ihre Terrasse gehen. „Unser Traum war es, Aussicht zu haben“, sagt Beutner. Und was für eine: Bei gutem Wetter können die beiden 40 Kilometer weit über das Welterbe Mittelrheintal bis in den Westerwald hinein schauen. Unverbaut. Selbst Herbsttage haben auf 435 Metern so ihre Reize. Dann ist das Rheintal in Nebel gehüllt, während auf der Höhe die Sonne scheint. „Wir wohnen also quasi über den Wolken“, schwärmt Ralf Stephan.

An der Feuerstelle lassen sich auch kältere Tage ertragen. Den beiden Riesenschnauzern Max und Paso ist das Wetter ohnehin weitestgehend schnuppe. Hauptsache draußen. Die Landschaft beginnt ja gleich hinterm Haus. Und wenn sie den Hunsrück ins Wohnzimmer holen wollen, müssen sie nur die Balkontür öffnen. Elektrisch. „Zum Aufschieben ist die zu schwer“, sagt Stephan. Dann setzen sich 600 Kilogramm langsam mit einem leisen Surren in Bewegung.

Wir haben es noch keinen einzigen Tag bereut. Wir sind heute unabhängig und fast autark.

Sabine Beutner

Kein Wunder, dass die Verwandtschaft gern zum Kurzurlaub vorbeischaut. Stephans Mutter etwa. Und sogar die Tochter aus Köln. „Die ist eigentlich eine Stadtpflanze“, sagt er. Aber zum Grillabend im Sommer zieht es sie immer gern in den Hunsrück, um den Logenplatz über dem Rheintal zu genießen. Immer wieder bleiben auch Spaziergänger für ein Schwätzchen vor dem Garten stehen. Denn direkt hinter dem Rasen verläuft ein Wanderweg. Da fällt auch schon mal eine Bratwurst ab. „So bekommt man schnell Kontakt“, sagt Sabine Beutner.

Haben auf der Rheinterrasse ihr Glück gefunden.
Sascha Ditscher

Das ist den Kölnern wichtig. Denn in dem 450-Einwohner-Dorf kannten sie vorher keinen Menschen. Die Zugezogenen mischen sich deshalb gern unter die Einheimischen. „Wir machen etwa beim Umwelttag mit“, sagt die Neu-Perscheiderin. Ein bisschen exotisch sind sie im Dorf nämlich schon. Und das nicht nur, weil sie keine Hunsrücker sind. Auch ihr Haus ist nicht unbedingt im ortstypischen Stil gebaut. Ein moderner Bungalow – mit einer braunen Fassade. Da muss Sabine Beutner lachen. „Wir haben sicher etwas polarisiert“, sagt sie. Zumindest am Anfang. Mittlerweile haben sich die Nachbarn an das Haus gewöhnt, das übrigens fast komplett mit erneuerbaren Energien auskommt.

Wärmepumpe und Solarflächen machen das Haus fast autark

Zumindest im Sommer, wenn die Solarflächen auf dem Dach so viel Strom liefern, dass sie ihn ins Netz einspeisen können. Eine Wärmepumpe haben sie auch. Und zwar eine besonders effiziente, für die Stephan eigens einen Handwerker aus Mecklenburg-Vorpommern in den Rhein-Hunsrück-Kreis geholt hat. Alles andere haben Firmen aus der Region erledigt.

Ralf Stephan und Sabine Beutner haben sich dabei schrittweise aus der Großstadt aufs Land herangetastet. Köln, Frechen, Heimerzheim. Endstation Perscheid. Mit dem Hunsrück hat sie lange Zeit nur die A 61 verbunden. „Eigentlich sind wir da immer nur durchgefahren“, erinnert sich Sabine Beutner, die in der Werbebranche arbeitet. „Nach dem Tod meiner Eltern und unseres ersten Riesenschnauzers haben wir überlegt, ganz neu anzufangen“, erklärt Sabine Beutner den Umzug in den Hunsrück. Von Perscheid hatten die beiden da noch nie gehört. „Ein Bekannter erzählte uns von der tollen Lage und Aussicht“, erinnert sie sich. Es war Liebe auf den ersten Blick. Und dann trat ein potenzieller Käufer auch noch überraschend zurück.

Wir wohnen quasi über den Wolken.

Ralf Stephan

Das Paar griff sofort zu. Ihr Haus in Heimerzheim war schnell verkauft. Fast schon zu schnell. „Das hat gerade mal drei Wochen gedauert“, erinnert sie sich. Gleich der dritte Interessent machte Nägel mit Köpfen. „Das Haus ist uns quasi aus den Händen gerissen worden.“ Und so mussten sie noch ein paar Monate zur Zwischenmiete nach Laudert. Quasi um die Ecke von Perscheid. In Nordrhein-Westfalen hatten die beiden selbst gar nicht erst gesucht. „In der Peripherie von Köln können Sie heute kein Haus mehr bezahlen“, sagt Ralf Stephan. „Da sind für ein Einfamilienhaus schnell mal 1 Million Euro fällig.“ Und die Quadratmeterpreise fingen bei 300 Euro Bauland gerade erst an. In Perscheid waren es nur 69 Euro. Noch ein überzeugendes Kaufargument.

Immerhin zweimal in der Woche kommt der Bäcker vorbei

So wie die nahe Autobahn. Und das schnelle Internet natürlich. Glasfaser. Das war beiden sehr wichtig – dem IT-Experten und der Werbespezialistin. Ach ja: Für Dienstreisen sind die Flughäfen Frankfurt, Hahn und Köln auch nicht weit weg. Was fehlt, sind Geschäfte. Montags und donnerstags kommt immerhin noch der Bäcker aus Rheinböllen vorbei. Die letzte Gaststätte im Dorf hat ebenfalls vor ein paar Jahren geschlossen.

Und so begeben sich die beiden bevorzugt auf kulinarische Erlebnisreise ins Rheintal. Das lässt sich auch prima mit einem Spaziergang mit den Hunden verbinden. Knapp eineinhalb Stunden sind sie zu Fuß bis nach Oberwesel unterwegs. Praktischerweise fast immer bergab. „Zurück fahren wir dann mit dem Bus“, sagt Sabine Beutner. Für längere Touren geht es auch mal bis nach Bacharach. Oder an die Loreley. An Restaurants und Winzern, bei denen müde Wanderer einkehren können, herrscht im Rheintal ohnehin kein Mangel.

Knapp ein Jahr wohnen sie jetzt auf der Rheinterrasse. „Und wir haben es noch keinen einzigen Tag bereut“, sagt Sabine Beutner. „Wir sind heute unabhängig und fast autark.“ Und sie hatten ein Riesenglück: Ihr altes Haus in Heimerzheim ist in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli vollgelaufen, als der Bach Swist zum Fluss anschwoll. Hochwasser müssen sie in Perscheid nicht fürchten.

Mittlerweile sind aber auch im Hunsrück die Preise regelrecht explodiert. Denn Lust aufs „Gelobte Land“, wie sich der Rhein-Hunsrück-Kreis nicht ohne Selbstironie vermarktet, verspüren immer mehr Städter aus den Ballungsräumen. Einige sind schon zu ihren Nachbarn geworden. „Sogar viele alte Häuser im Ortskern sind verkauft worden“, sagt Ralf Stephan. Auch die beiden wollen bleiben. Ihr Traumhaus ist vorsichtshalber schon mal seniorengerecht ausgebaut worden.

Top-News aus der Region

Weitere regionale Nachrichten