Er raubte in Andernach einen Senior aus, verpasste in Weißenthurm (beides Kreis Mayen-Koblenz) einem Mann einen Kopfstoß – und brach dort nachts auch in einen Getränkeladen ein, um Alkohol zu stehlen: der 39-jährige Angeklagte, der sich derzeit vor dem Koblenzer Landgericht verantworten muss. Die drei Taten, die alle Ende 2024 passierten, hat der 39-Jährige bereits gestanden. Es muss indes noch geklärt werden, ob der Angeklagte während der Taten schuldfähig gewesen ist. Über den psychischen Zustand des Mannes hat in Koblenz nun ein Arzt aus der psychiatrischen Klinik berichtet, in der der Angeklagte derzeit bereits untergebracht ist.
Der behandelnde Arzt des 39-Jährigen sagte, dass der Angeklagte an paranoider Schizophrenie leide. Die Rede war von suizidalen Absichten, einer „deutlich wahnhaften Symptomatik“, aggressivem Verhalten und allgemeinem Misstrauen. Der 39-Jährige sei inzwischen medikamentös gut eingestellt – aber eine „komplette Remission“, so der Arzt, sei „nicht anzunehmen“.
Angst davor, als „verrückt“ zu gelten?
Wer an paranoider Schizophrenie leide, der teile die eigenen Wahrnehmungen seinem Umfeld nur selten mit, sagte der Experte weiter. Aus Angst davor, als „verrückt“ zu gelten. Der Arzt berichtete, dass auch die Mutter des Angeklagten an Schizophrenie leiden soll: „Die Vererbungskomponente scheint vorzuliegen.“ Der Angeklagte leide – womöglich aufgrund seines jahrelangen Alkoholmissbrauchs – zusätzlich bereits an einer „kognitiven Einschränkung“.
Und der Vater des 39-Jährigen? Soll nach Aussagen des Angeklagten ein gewalttätiger Trinker gewesen sein, der die Familie früh verlassen habe. In der Folge soll der Angeklagte dann von seinem Opa großgezogen worden sein. Und auch hier soll der Angeklagte Gewalt erfahren haben. Die Rede war zudem von „sexuellen Übergriffen“. Ob diese vom Großvater ausgegangen waren, dazu wurde nichts im Gericht gesagt.
Alkohol, Drogen, Spielhallen
Fest steht aber: Der Angeklagte hatte kein einfaches Leben. Das wenige Geld, das er hat, verzockt er in Spielhallen oder vertrinkt es. So schilderte der 39-Jährige es selbst in Koblenz. Und auch Drogen sind seine Welt: Cannabis, Spice, Amphetamin, sogar Kokain, Crack und Tilidin. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 39-Jährigen vor, den Raub auf den Senior zumindest im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen zu haben. Aufgrund einer wahnhaften Vorstellung soll er den 73-Jährigen für einen Anhänger eines Kinderpornorings – und sich selbst für einen Polizisten gehalten haben.
„Ich hatte keine Wahnvorstellungen“, behauptete der Angeklagte aber in Koblenz. Er habe aus Kalkül gerufen, dass er Polizist sei, um den Mann zum Stillhalten zu bewegen. Und den Verweis auf den Pädophilenring will er sich bloß ausgedacht haben. Er habe so etwas mal bei YouTube gesehen. Am nächsten Prozesstag soll ein Gutachter einordnen, ob für den 39-Jährigen mit Blick auf die Schuldfähigkeit die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik infrage kommen könnte. Am dritten Verhandlungstag soll dann auch das Urteil fallen.