Mainz
Lars Reichow ausgeladen: Warum ist er in diesem Jahr nicht bei „Mainz bleibt Mainz“ dabei?
Generalprobe «Mainz bleibt Mainz wie es singt»
Das "Fastnachs Journal" fällt in diesem Jahr aus: Lars Reichow ist bei "Mainz bleibt Mainz" 2024 nicht dabei.
Andreas Arnold. picture alliance/dpa

Obermessdiener, Till, Protokoller, Moguntia: Sie alle werden am Freitag in der Liveübertragung der Fastnachtssitzung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" ein Millionenpublikum zum Lachen, vielleicht auch zum Nachdenken bringen. Einer fehlt: Lars Reichow hat überraschend keine Einladung zur Fernsehfastnacht erhalten, zum ersten Mal seit 2013. Warum? Wir haben das ZDF gefragt.

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Generalprobe «Mainz bleibt Mainz wie es singt»
Das "Fastnachs Journal" fällt in diesem Jahr aus: Lars Reichow ist bei "Mainz bleibt Mainz" 2024 nicht dabei.
Andreas Arnold. picture alliance/dpa

Mit gewisser Spannung haben sich viele Stammzuschauer von „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ bereits auf den neuen Vortrag des „närrischen Nachrichtensprechers“ Lars Reichow gefreut – im vergangenen Jahr hatte der Mainzer Kabarettist für einige Aufregung gesorgt, unter anderem weil er die AfD-Bundestagsfraktion als „Haufen ungehobelter Arschlöcher“ bezeichnet hatte. Die Vorfreude wird in diesem Jahr enttäuscht werden: Wie jetzt bekannt wurde, ist Reichow bei der nächsten Ausgabe des Fernsehklassikers am kommenden Freitag nicht dabei. Andere politische Redner hatten bei der Vorauswahl „letztendlich die Nase vorn“, teilt das übertragende ZDF auf Anfrage unserer Zeitung zu den Gründen mit.

„Die Zusammenstellung des Programms variiert von Saison zu Saison. Es gab dieses Jahr eine große Auswahl an politischen Vorträgen, die es alle verdient gehabt hätten“, teilt eine Sprecherin des Mainzer Senders mit, der sich bei der Übertragung von „Mainz bleibt Mainz“ (MbM) jährlich mit dem SWR abwechselt. Die Wurzeln der Sendung reichen bis in die 50er-Jahre zurück.

Hat Entscheidung etwas mit Aussagen zur AfD zu tun?

Hatte Reichows Auftritt aus dem vergangenen Jahr, der zu kontroversen Diskussionen und sogar Anzeigen gegen ihn aus AfD-nahen Kreisen führte, etwas mit der Entscheidung zu tun? Gab es gar Anwürfe oder Forderungen ans ZDF, Reichow auszuladen? Dazu gibt es keine Antwort vom Lerchenberg.

Die Sprecherin erklärt lediglich, dass sich die ZDF-Redaktion die Aktiven der beteiligten Mainzer Vereine MCV, MCC, KCK, GCV bei den Sitzungen vorab live anschaut und das Programm für die Fernsehsitzung dann „in enger Absprache mit den vier Vereinen“ zusammenstellt. Ein mitunter auch diplomatischer Balanceakt, wie Insider schildern – es gilt, diverse Interessen gegeneinander abzuwägen und dabei auch die Mischung aus politischer Rede, Kokolores und Musik zu treffen. „Das ist jedes Jahr ein Eiertanz“, sagt einer, der die Abläufe kennt. Und: Reichow ist durchaus nicht unumstritten – allein schon, weil er im Gegensatz zu anderen Akteuren der Sitzung Bühnenprofi ist.

Jedenfalls: „Es gibt keinerlei Einflussnahme von außen. Die politischen Redner werden auch dieses Jahr alle Facetten der aktuellen Lage im In- und Ausland kritisch und treffsicher betrachten“, betont die Sprecherin, die auch die Frage unbeantwortet lässt, ob es beim ZDF möglicherweise Sorgen gab, Reichow könnte wie im vergangenen Jahr Details seines Vortrags in der Livesendung ändern. Das Wort „Arschlöcher“ hatte er 2023 in der Generalprobe noch nicht benutzt – bewusst, wie er damals im Interview mit unserer Zeitung sagte.

Reichow: „Schade um den schönen Vortrag“

Nun also unerwartet freie Tage für Reichow. Er sei „sehr traurig“, sagt er unserer Zeitung. Erfahren hat er es aus seinem Büro. Wie fiel seine Reaktion aus? „Erstmal dachte ich: Oh, schade. Schade um den schönen Vortrag, der in der finalen Fassung in meinem Heimatverein GCV in Gonsenheim und im Staatstheater Mainz bei der dreimal ausverkauften ,Symphonie fastnachtique' sehr gut ankam.“ Insgesamt dreimal hat er seinen Vortrag allein beim Gonsenheimer Carneval Verein gezeigt – das ZDF war nicht da, um sich die letzte Fassung anzuschauen.

Generalprobe von Mainz bleibt Mainz
Das "Fastnachs Journal" fällt in diesem Jahr aus: Lars Reichow ist bei "Mainz bleibt Mainz" 2024 nicht dabei.
Andreas Arnold. picture alliance/dpa

„Schade ist aber vor allem, dass ich nun dieses Fenster nicht nutzen kann, um die Themen anzusprechen, die mir wichtig sind. Vor allem die Unterstützung für die Ukraine – ich hätte Millionen von Menschen erreichen können und daran erinnern können, was dort gerade geschieht und was wir für dieses Volk tun können und meiner Meinung nach auch müssen. Dass es diese Chance nun nicht gibt, ist ein großer Verlust an Reichweite.“ Über die Entscheidung des ZDF wundere er sich. Mehr nicht.

“Fastnacht ist ein Fest für Demokraten„

Ob sie etwas mit seinen Aussagen zur AfD zu tun hat? „Um Gottes willen – es täte mir wahnsinnig leid, wenn dieser Verdacht aufkäme“, sagt er – und man hat den Eindruck, er benutzt den Konjunktiv ganz bewusst. Sollte es nun so sein, dass sich die AfD freuen kann, dass ein für sie unbequemer Redner nicht dabei ist, wäre das „ein verheerendes Signal“. Fastnacht, meint Reichow, ist ein Fest für Demokraten, nicht für Faschisten.

Der Kabarett- und Entertainment-Vollprofi unter Fastnachtsamateuren, darüber wird in der Mainzer Szene sowieso diskutiert, seit Reichow dabei ist – seit 2013 übrigens ununterbrochen. Der Auftritt bei „Mainz bleibt Mainz“ ist ihm wichtig: „Da stehe ich vor einem Publikum, das ich sonst nicht erreiche – und das ich mit meiner Art des Vortrags trotzdem erreichen konnte. Viele hatten sich an mich gewöhnt!“ Deshalb will er auch im nächsten Jahr gern wieder dabei sein – in den Schmollwinkel zieht er sich nicht zurück. Bis dahin wünscht er allen Rednern, die in der Sitzung auftreten, einen Riesenerfolg.

Generalprobe von Mainz bleibt Mainz
Feiert sein Comeback als "Obermessdiener": Sitzungspräsident Andreas Schmitt
Andreas Arnold. picture alliance/dpa

Wer bei “Mainz bleibt Mainz„ in diesem Jahr dabei ist

Lars Reichow wird fehlen bei der Liveübertragung aus dem Kurfürstlichen Schloss am Freitag, 9. Februar, 20.15 Uhr. Freuen dürfen sich die Zuschauer auf ein neues Bühnenbild und auf das Comeback des “Obermessdieners„ Andreas Schmitt, den Abschied von Protokoller Erhard Grom und zwei Newcomer, wie es in einer Mitteilung des übertragenden ZDF heißt. “Ich verneige mich vor Ehrhard Grom, der ein wundervoller Protokoller war„, sagte Reichow unserer Zeitung. Weitere Stars bei “Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht„ sind demnach Johannes Bersch als “Moguntia„ und Florian Sitte erstmals als Till. Als “Mann im Mond„ feiert Petter Gottron seine “MbM„-Premiere.

“Zum typischen Mainzer Mix gehört neben der politisch-literarischen Fastnacht der echte Meenzer Kokolores„, betont das ZDF. Dafür sorgen Jürgen Wiesmann alias “Ernst Lustig„, Alexander Leber als Meenzer Polizist und Marcus Schwalbach als urkomischer Gardist. “Das Duo Martin Heininger und Christian Schier ist inzwischen Kult„, jubelt das ZDF. Die beiden beantworten als Unternehmensgründer für künstliche Intelligenz skurrile Fragen.

Auch Musik gehört zur Mischung des Sitzungsklassikers. Debütant Markus Schönberg und DobbelBock sind dabei. Die Brüder Matthias und Andreas Bockius werden vom Gardeballett der Füsilier-Garde begleitet. Getanzte Fastnacht präsentiert zudem das “Till-Ballett„ des MCC. Neue Musik gibt es von der Band Handkäs und sei Mussig. Thomas Neger und die Humbas feiern 60 Jahre “Humba tätärä". Die Schnorreswackler gestalten die Eröffnung, die Mainzer Hofsänger das Finale.

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