Millionen für Wärmewende
Land fördert Nahwärme aus verschiedenen Töpfen
Auf dem Weg zu Klimaneutralität sollen Heizungen mit Öl und Gas mittelfristig ausgedient haben. Als Alternative sind unter anderem Nahwärmenetze denkbar.
Sina Schuldt. picture alliance/dpa

Das Prinzip ist ähnlich wie eine Zentralheizung im Mehrfamilienhaus: Eine nah gelegene Heizanlage versorgt mehrere Gebäude im Umkreis mit Wärme, die zum Beispiel durch Brennwertkessel, Blockheizkraftwerke oder Holzhackschnitzelheizungen erzeugt wird.

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Um den Ausbau von Nahwärmenetzen zu unterstützen, hat die rheinland-pfälzische Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren im Rahmen des Förderprogramms „Zukunftsfähige Energieinfrastruktur“ (ZEIS) rund 1,73 Millionen Euro bewilligt und davon bis heute rund 984.000 Euro ausbezahlt. Dies ist der Antwort von Staatssekretär Michael Hauer aus dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Andreas Hartenfels zu entnehmen. Im Rahmen von ZEIS sind vom Jahr 2020 bis heute elf Projekte mit einem Fördervolumen von rund 3,2 Millionen Euro beantragt worden. Bewilligt sind die oben erwähnten 1,73 Millionen Fördergelder für sieben Projekte.

Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt das Ministerium, dass Wärmenetze aber auch über andere Möglichkeiten wie beispielsweise den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert würden. So seien in den zurückliegenden fünf Jahren 18 Wärmeprojekte, insbesondere mit Schwerpunkt Nahwärme, bei Gesamtausgaben von 48,9 Millionen mit rund 16,7 Millionen Euro von der Landesregierung unterstützt worden. Zusätzlich dazu würden Teilprojekte, die im Zusammenhang mit dem Auf- oder Umbau beziehungsweise der Erweiterung von Wärmenetzen stehen, im Kommunalen Investitionsprogramm für Klimaschutz und Innovation mit rund 3,4 Millionen bezuschusst. Davon seien 1,6 Millionen Euro bereits ausgezahlt.

„Wärmesektor ist nach wie vor ein zentraler Problembereich der Energiewende.“

Beispiele für über ZEIS und EFRE geförderte Projekte sind nach Angaben des Umweltministeriums mehrere Ausbaustufen eines Nahwärmenetzes in Landscheid sowie die Nahwärmenetze der Ortsgemeinden Altenahr und Rech (beide im Ahrtal). Hauptadressat für die Förderung von Nahwärmenetzen, insbesondere größerer Natur, sei jedoch nicht das Land, sondern der Bund, erklärt die Pressestelle des Ministeriums: „Der Schwerpunkt liegt hier insbesondere auf der milliardenschweren Bundesförderung BEW (Bundesförderung für effiziente Wärmenetze). Die Bundesförderung schließt eine Kumulierung mit weiteren Förderungen aus.“

Nach Meinung des Abgeordneten Andreas Hartenfels (parteilos) ist gerade der Wärmesektor nach wie vor ein zentraler Problembereich der Energiewende. Dies habe sich jüngst wieder im Fall der Gemeinde Mastershausen im Hunsrück gezeigt, „deren jahrelange Bemühungen zum Bau eines Nahwärmenetzes gestoppt wurden, da unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine wirtschaftliche Umsetzung nicht möglich ist“. Um die kommunale Wärmeplanung sinnvoll ausbauen zu können, schreibt der Abgeordnete in seiner Anfrage an die Landesregierung, sei die Weiterentwicklung von Nahwärmenetzen „ein wichtiger Faktor. Hierfür braucht es eine verlässliche Unterstützung durch das Land, damit das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Umsetzbarkeit der Ziele nicht enttäuscht wird.“

Stopp im Hunsrück

Das „Vertrauen“ in der Gemeinde mit knapp 1000 Einwohnern scheint jedoch nicht ganz so stark ausgeprägt zu sein. Laut einem Statement von Ortsbürgermeister Jörg Kabelitz auf der Mastershausener Internetseite hatten sich nur 110 Interessenten für das Projekt bei einer Umfrage gemeldet – mindestens 300 wären notwendig. „Aufgrund der hohen Investitionskosten wäre eine Fortführung“ des Vorhabens jedoch „nur möglich, wenn der Kommunalaufsichtsbehörde die Wirtschaftlichkeit des Projekts nachgewiesen werden könnte.“ Und dafür brauche es halt die erwähnten 300 Teilnehmer. Fazit des Ortsbürgermeisters: „Die derzeitigen Baukosten und die damit verbundenen Kosten pro Teilnehmer erscheinen uns als zu hoch.“

Dennoch: Mit dem Landesgesetz zur Ausführung des Wärmeplanungsgesetzes wird die Pflicht zur Wärmeplanung auf die kommunale Ebene übertragen. Es werde erwartet, so Staatssekretär Michael Hauer, „dass die verpflichtende kommunale Wärmeplanung zu einem weiteren Anstieg von Anträgen zur Förderung von Wärmenetzen führen wird“. Angesichts der prekären Finanzlage vieler Städte und Gemeinden werden diese jedoch auch bei der Nahwärme scharf kalkulieren und die Wirtschaftlichkeit prüfen müssen.

Hohe Anfangsinvestitionen

Neben vielen Vorteilen zählen zu den Nachteilen von Nahwärme häufig hohe Anfangsinvestitionen, wobei auch die Größe eines Ortes oder Stadtteils eine Rolle spielen kann. In urbanen Gebieten mit hoher Dichte, wo die Infrastruktur einfacher und kostengünstiger zu realisieren ist, sehen Experten größere Chancen für diese Art der Wärmeversorgung. Abzuwägen sind ferner die Investitionen für Installation, Betrieb und Wartung im Vergleich zu individuellen Heizsystemen. Für Hausbesitzer spielen dabei auch die Größe des Gebäudes und der Wärmebedarf eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung über die Nahwärmeoption. ms

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