Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz benachteiligen örtliche Unternehmen durch besonders hohe Grundsteuern. Zu diesem Schluss kommt die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern Rheinland-Pfalz (IHK-AG) nach ihrer Auswertung von Hebesätzen der Grundsteuer B in Städten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern. Besonders im Fokus hat die IHK-AG dabei Kommunen, die unterschiedliche Hebesätze für Gewerbegrundstücke auf der einen und Wohngrundstücke auf der anderen Seite eingeführt haben – wobei die Sätze für das Gewerbe jeweils deutlich höher ausfallen.
Anfang des Jahres wurde die rechtliche Grundlage für gesplittete Sätze in RLP geschaffen. Wie die IHK-AG in einer Pressemitteilung informiert, machte fast jede dritte größere Kommune im Land von der Neuregelung Gebrauch: In 12 von 41 Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern gelten inzwischen gesplittete Hebesätze bei der Grundsteuer B, darunter Bad Kreuznach, Neuwied, Lahnstein und Betzdorf. Die festgelegten Hebesätze für gewerblich genutzte Grundstücke sind laut IHK-AG mitunter etwa doppelt so hoch wie jene für Wohngrundstücke – "obwohl die Wertentwicklung von Gewerbegrundstücken in den vergangenen Jahren geringer war“.
Den höchsten Hebesatz für Gewerbegrundstücke verzeichnet der Auswertung zufolge die Stadt Betzdorf mit 1560 Prozent, während er für Wohngrundstücke bei 840 Prozent liegt. In Neuwied und Bingen beträgt der Hebesatz für Gewerbeimmobilien mit 1400 beziehungsweise 1200 Prozent sogar mehr als das Doppelte gegenüber dem Hebesatz von 610 beziehungsweise 465 Prozent für Wohnimmobilien. In Idar-Oberstein und Bendorf gebe es Überlegungen, ebenfalls gesplittete Sätze einzuführen.
Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-AG, spricht von einer Steuererhöhungsspirale, die die Einführung der gesplitteten Sätze im Februar in Gang gesetzt habe: „Betriebe werden in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage weiter geschwächt, die Planungssicherheit sinkt“, wird Rössel in der Mitteilung zitiert. Er fordert: „Die Einführung gesplitteter Hebesätze war ein Fehler, der rückgängig gemacht werden sollte. Moderate Realsteuer-Hebesätze sind ein wichtiger Standortvorteil.“

Die Auswertung zeige auch, dass die politisch in Aussicht gestellte aufkommensneutrale Wirkung der Grundsteuerreform nicht haltbar sei. Die Arbeitsgemeinschaft kritisiert, dass Kommunen oft Mehreinnahmen erzielen wollen und deshalb die Hebesätz über das Niveau hinaus erhöhen, dass rechnerisch zur Aufkommensneutralität nötig wäre. In Koblenz beispielsweise würde dieses Niveau bei 525 Prozent liegen, der Hebesatz liege aber tatsächlich bei 570 Prozent – allerdings für Gewerbe ebenso wie für Wohnen.
Rössel sagt: „Während auf Bundesebene Entlastungen für Unternehmen und die Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kommunen auf der Agenda stehen, steigen gleichzeitig auf kommunaler Ebene die Belastungen. Das zeigt auch die Notwendigkeit, die föderalen Finanzbeziehungen zu reformieren.“ tim