San José/Bad Kreuznach – Die Rettung ist greifbar nah: Die Vorbereitungen für die spektakuläre Bergung der 33 verschütteten Kumpel in Chile sind so gut wie abgeschlossen. Am Montagmorgen wurden die letzten Rohre in das Bohrloch geschoben, die den Rettungsschacht stabilisieren sollen. Nun muss das Herablassen der Rettungskapsel vorbereitet werden. Mit der sogenannten Dahlbuschbombe werden die Bergleute wieder ans Tageslicht befördert. Was wenige wissen: Der Bad Kreuznacher Eberhard Au hat sie erfunden.
Die Rettungskapsel kam erstmals 1955 auf der Zeche „Dahlbusch“ in Gelsenkirchen zum Einsatz, als dort nach einem Grubenunglück drei Bergarbeiter in 855 Metern Tiefe gefangen waren. Der damals 34-jährige Wirtschaftsingenieur entwickelte in Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten das torpedoförmige Rettungsgerät, das durch das „Wunder von Lengede“ acht Jahre später auch bundesweit bekannt wurde. 14 Kumpel verdankten der Dahlbuschbombe ihr Leben.
Eberhard Au wurde 1921 in Bad Kreuznach geboren, als der Sprössling einer vor Ort bekannten Architektenfamilie. Nach den Kriegswirren holte er 1947 das Abitur nach und studierte an der Bergbauakademie in Clausthal-Zellerfeld. In Bad Kreuznach wird nun überlegt, ob eine Straße nach dem findigen Sohn der Stadt benannt werden soll. Au starb 1996.
In Chile soll seine Erfindung nun erneut Leben retten: Voraussichtlich morgen gegen 5 Uhr (MESZ) werden die ersten Kumpel an die Oberfläche gezogen. Da es jeweils eine Stunde dauern wird, einen Verschütteten aus der Tiefe hochzuziehen und die Kapsel wieder herabzulassen, wird die ganze Aktion wohl knapp zwei Tage in Anspruch nehmen. Hubschrauber müssen deshalb auch nachts starten und landen, um die Kumpel nach der Bergung in ein nahe gelegenes Krankenhaus zu fliegen. Schwierigkeiten könnte es geben, wenn einer der Bergleute während der Fahrt nach oben kollabiert oder in Panik gerät. Die Männer werden über Sensoren medizinisch überwacht. Bislang half ein ausgeklügeltes Beschäftigungs- und Fitnessprogramm, die belastende Zeit in der Tiefe zu überstehen.
700 Meter unter der Erde setzen die Eingeschlossenen derzeit ihre Vorbereitungen für den „Día D“, den Tag der Entscheidung, fort. Dazu zählt ein Kurs, in dem sie lernen, auf unangenehme Fragen von Journalisten zu reagieren. Die Geretteten sollten freundlich, aber bestimmt antworten, dass dies nicht der Augenblick für eine solche Frage sei, berichtet die chilenische Tageszeitung „El Mercurio“.
Das Drama unter Tage hatte am 5. August begonnen. Mehr als zwei Wochen dauerte es, bis die Verschütteten nach dem Einsturz entdeckt und über Schächte versorgt wurden. Noch nie waren Menschen so lange Zeit in so großer Tiefe gefangen. Die Aktion zu ihrer Rettung ist die längste und aufwendigste, die je im Bergbau vorgenommen wurde.
(cam/dpa)