„Es wird sich an jedem Klinikstandort etwas ändern müssen“ – das ist die Leitlinie, die das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium bei der Vorstellung eines wichtigen Gutachtens zur Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz herausgibt. Das vom Beratungsunternehmen Partnerschaft Deutschland erstellte Gutachten, das die Grundlage für die weitere Krankenhausplanung sowie die Umsetzung der Krankenhausreform bildet, wurde zunächst im Gesundheitsausschuss des Landtags vorgestellt, später bei einer Pressekonferenz. Und es ist seit Mitte März Thema auf sogenannten Regionalkonferenzen.
Bei diesen Regionalkonferenzen kamen Kommunen, Krankenhausträger, die Kassenärztliche Vereinigung sowie das Gesundheitsministerium von Clemens Hoch (SPD) zusammen. Die Tagung für die Großregion Koblenz fand am 31. März statt. Nach Angaben des Hoch-Hauses gehe es darum, die Träger zu sensibilisieren, das Gutachten vorzustellen und Transparenz über die aktuelle Situation herzustellen. Das große Ziel dürfte sein, bei der Umgestaltung der Klinik- und Versorgungslandschaft möglichst einvernehmliche Lösungen zu finden. Gab und gibt es bei den Zusammenkünften aber auch konkrete Ergebnisse? Wie konstruktiv empfanden die Teilnehmer die Konferenzen? Und was folgt nun daraus? Wir haben uns umgehört.
Keine Handlungsanleitung für Klinikfusionen
Wie der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach (CDU) im Gespräch mit unserer Zeitung darlegt, wurde in der Regionalkonferenz für die Versorgungsregion Mittelrhein-Westerwald zunächst mal der Status quo erhoben. Eine Handlungsanleitung, etwa dazu, auf welche Weise Kliniken zu fusionieren sind, enthalte das Gutachten nicht.

Eckert: „Wir können ein Stück weit Zuversicht geben“
Wie geht es mit den Krankenhäusern weiter, die von der Insolvenz der DRK-Krankenhausgesellschaft betroffen sind? Im großen RZ-Interview verbreitet der vorläufige Insolvenzverwalter, Rainer Eckert, Zuversicht.
Dafür hält Hallerbach den Ansatz des Landes für sinnvoll, nun zunächst die Träger von Krankenhäusern ins Spiel zu bringen, „anstatt allen Beteiligten ein am grünen Tisch entworfenes Konzept überzustülpen“. Es brächte schließlich nichts, „wenn sich die Träger dann zurückziehen, wie es mit der DRK-Krankenhausgesellschaft geschehen ist“, so Hallerbach. Diese hatte im Dezember für fünf Kliniken in Altenkirchen, Kirchen, Hachenburg, Neuwied und Alzey Insolvenz angemeldet.
Die Träger sind nun aufgefordert, bis September zu sagen, welche Schwerpunkte und Leistungsgruppen sie für ihre Kliniken haben möchten. Ab dem 30. September soll der Medizinische Dienst dann überprüfen, ob die Kliniken die Vorgaben der Krankenhausreform, insbesondere mit Blick auf die Vorgaben bei Leistungsanforderungen und Personal, erfüllen können. Ende 2026 muss der neue Krankenhausplan für Rheinland-Pfalz stehen. Inkrafttreten soll die Krankenhausreform in Rheinland-Pfalz zum 1. Januar 2027.

„Es wird sich an jedem Standort etwas ändern müssen“
Die Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz ist in Bewegung – und wird es bleiben. Das Land muss die auf Bundesebene beschlossene Krankenhausreform umsetzen. Im Gesundheitsausschuss wurde ein hierfür wichtiges Gutachten vorgestellt.
Hallerbachs Einschätzung lautet: Klar sei, dass es zu viele kleine Krankenhäuser gebe, für die bestenfalls eine Zusammenlegung angestrebt werde. Das, so Hallerbach, wird wahrscheinlich nicht in jedem Fall gelingen. Vor diesem Hintergrund erscheint ihm auch der Ansatz des Landes gut und richtig, das Konzept der Regiokliniken zu verfolgen.
Regiokliniken sollen Mix aus ambulanten und stationären Leistungen anbieten
Regiokliniken sollen einen Mix aus ambulanten und stationären Versorgungsleistungen anbieten, eine Anlaufstelle für „Alltagsnotfälle“ sein, allerdings nicht für schwere Notfälle, wie der Gesundheitsminister zuletzt erläuterte. An den Regiokliniken könnten also ambulante Operationen, Kurzzeitpflege, geriatrische, also altersheilkundliche Leistungen, und eine Medikamentenabgabe angeboten werden. Sie können sich auch aus Medizinischen Versorgungszentren entwickeln. Landrat Hallerbach spricht von Medizinischen Versorgungszentren „de luxe“. Wie die Kliniken finanziell auszustatten sind, müsse sich das Land überlegen. Immerhin wären hierfür noch die Krankenkassen mit ins Boot zu nehmen, so Hallerbach.
Davon abgesehen beobachte er, dass unter Krankenhausbetreibern zunehmend das Thema Kooperationen kreist. „Offensichtlich muss es nicht immer nach dem bisherigen Vorbild laufen, dass da, wo ein Träger ausscheidet, ein neuer Träger gefunden werden muss.“
„Wir brauchen insgesamt wieder Vertrauen in die Stabilität unseres Gesundheitssystems.“
Peter Enders (CDU), Landrat des Kreises Altenkirchen
Hallerbachs Amtskollege Peter Enders (CDU), Landrat des Kreises Altenkirchen, hat aus der Regionalkonferenz nicht sonderlich viele neue Erkenntnisse ziehen können, da das Gutachten seit einiger Zeit bekannt sei. Der Neuigkeitswert des Treffens sei überschaubar gewesen, findet Enders. Gleichwohl hält er es für wichtig, dass eine transparente Kommunikation zu allen Planungen des Landes erfolgt. „Wir brauchen insgesamt wieder Vertrauen in die Stabilität unseres Gesundheitssystems“, erklärt Enders gegenüber unserer Zeitung.

Es ist Zeit, den Bürgern reinen Wein einzuschenken
Die Klinikreform startet. Gefordert ist jetzt „eine mutige Gesundheitspolitik, die den Bürgern reinen Wein einschenkt“, kommentiert Christian Kunst.
Enders gibt Einblicke, was die Zukunft des Klinikstandorts Kirchen betrifft: Demnach klärt ein potenzieller Träger – die Diakonie in Südwestfalen – Details mit dem Insolvenzverwalter und dem Land. Der Kreis Altenkirchen hatte kürzlich beschlossen, den neuen Träger in diesem und im nächsten Jahr mit insgesamt fast 16 Millionen Euro zu unterstützen. Generell – auch mit Blick auf das Gutachten – befürwortet Enders eine Zentralisierung und Schwerpunktbildung in der Krankenhauslandschaft: „Folgerichtig wäre dann auch ein zentrales Klinikum für den nördlichen Westerwald.“ Hierüber wird seit Jahren diskutiert. Der Landrat fordert: „Hier muss das Land Farbe bekennen.“
Auch der benachbarte Westerwaldkreis nahm an der Regionalkonferenz am 31. März teil, laut der Kreisverwaltung war Regierungsdirektorin Lilo Kohl vor Ort. „Eine unmittelbare Folge für den Klinikstandort Westerwald ergab sich aus der Konferenz zunächst nicht“, teilt die Kreisverwaltung mit. Es gelte, die bis September geforderten Meldungen der Krankenhausträger zu den Leistungsgruppen abzuwarten.
Konferenzteilnehmer: „Treffen war Zeitverschwendung“
Ein weiterer Konferenzteilnehmer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, geht mit dem Kongress hart ins Gericht. Da ist von keinen Nachrichten, mit Blick auf das vorgestellte Gutachten von „Binsenweisheiten“ und bezüglich der Konferenz von „Zeitverschwendung“ die Rede.
Jörg Denninghoff (SPD), Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, nimmt aus der Konferenz mit: Die Studienergebnisse bestätigen, dass der Klinikstandort Nastätten mit dem Paulinenstift – es gehört zum krisengeschüttelten Klinikverbund Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) – eine zentrale Rolle für die Region spielt und auch weiterhin spielen soll. Basierend auf der Studie können nach Ansicht von Denninghoff „wichtige Parameter für die Erarbeitung des Zukunftskonzeptes Paulinenstift“ gezogen werden, teilt der Kreis auf Anfrage mit.
Von Trägern, die direkt in Koblenz Krankenhäuser betreiben, gibt es folgende Einschätzungen: Das GKM habe die Konferenz als „konstruktive Informationsveranstaltung“ wahrgenommen, heißt es vom Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD). Er ist Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des GKM mit seinen fünf Kliniken in Koblenz, Mayen, Nastätten und Boppard. „Das Land will sich jetzt mit allen Kliniken in Rheinland-Pfalz über künftige Versorgungsaufträge austauschen und will so den künftigen Landeskrankenhausplan entwickeln“, gibt Langner eine Aussicht.
Regionalkonferenz laut Ministerium die am besten besuchte Tagung
Im Katholischen Klinikum, mit zwei Klinikstandorten in Koblenz sowie einem in Montabaur, sei die Überprüfung intern vorgenommen worden und werde nun überarbeitet – sobald feststehe, welche Änderungen sich durch den aktuell in Verhandlung befindlichen Koalitionsvertrag einer zukünftigen Bundesregierung sowie durch die noch ausstehenden Rechtsverordnungen ergeben würden. „Parallel stimmen wir uns mit unseren unmittelbaren Nachbarn und Kooperationspartnern an den Standorten Koblenz und Montabaur weiter inhaltlich ab“, heißt es.
Und wie äußert sich das Gesundheitsministerium? Wie konstruktiv war das Ganze aus Sicht des Ministers? Hat die Konferenz einen Durchbruch gebracht? Pressesprecher David Freichel erklärt, dass die Regionalkonferenz Koblenz die am besten besuchte Tagung gewesen sei. Die Konferenzen seien bislang „sehr konstruktiv und von dem gemeinsamen Bestreben getragen gewesen, die Krankenhausreform zu einem guten Erfolg zu bringen“, so Freichel.
Die Regionalkonferenzen seien bewusst darauf ausgelegt, das Gutachten von Partnerschaft Deutschland vorzustellen, um in den Regionen Transparenz herzustellen. Und Träger sowie Kommunen „zu animieren, sich miteinander auszutauschen und gemeinsame Lösungen zu finden“, sagt Freichel. Zunächst würden noch mit allen Trägern Einzelgespräche geführt und spezifische Vorstellungen sowie Erwartungen besprochen.
Ministerium: „Ein ,Weiter so’ wird es an keinem Standort geben“
Die Frage, ob es zutreffend ist, dass die Zusammenkunft statt der vorgesehenen vier Stunden nur eineinhalb ging, beantwortet der Sprecher so: Nachdem alle Fragen der Teilnehmer beantwortet worden seien und kein gemeinsamer Gesprächsbedarf mehr bestanden habe, sei das Plenum aufgehoben worden. Danach habe es Einzelgespräche gegeben. Minister Hoch sei zweieinhalb Stunden dabei gewesen, so Freichel.

Clemens Hoch: „Brauchen alle Klinikstandorte im Norden“
Krankenhaus-Krise in Rheinland-Pfalz: Insolvenzen, Schließungen, Reformen – wie geht es weiter? Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) spricht über Ursachen, Herausforderungen und die geplante Neugestaltung der Kliniklandschaft.
Ansonsten schildert der Sprecher noch einmal, dass Hoch in jedem Gespräch betont habe, „dass sich alle Standorte verändern werden, wir aber auch weiterhin an allen aktuellen Krankenhausstandorten in Abhängigkeit von den Trägern und der kommunalen Familie zukünftig ein medizinisches Angebot anbieten wollen“. Ein „Weiter so“ werde es an keinem Standort geben. Freichel sagt: „In bisher jeder Regionalkonferenz wurde diese Haltung des Ministeriums von allen Teilnehmenden geteilt.“