Rheinland-Pfalz
Kommentar zum Klinikgutachten: Die Blaupause liegt vor, jetzt muss die Ampel endlich mutiger werden
Christian Kunst
Jens Weber. MRV

30 Prozent der Kliniken in Rheinland-Pfalz sind verzichtbar, ohne dass sich die Versorgung für die Menschen verschlechtert. Das steht in einem von den Kassen in Auftrag gegebenen Gutachten. Aus Sicht von Redakteur Christian Kunst ist das Gutachten Blaupause für die Klinikreform in Rheinland-Pfalz. "Jetzt ist Mut gefragt statt des für die SPD so typischen strukturkonservativen Zauderns und Wegduckens in der Gesundheitspolitik."

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Wer die lange Liste der Insolvenzen und Schließungen von Kliniken in Rheinland-Pfalz verfolgt, kann sich eine ketzerische Zuspitzung nicht verkneifen: Das Gesundheitsministerium sollte eine Etage in seinem Hochhaus in Mainz für die Sanierungsexperten von WMC Healthcare freiräumen.

Beginnend 2019 mit der Neuaufstellung der ViaSalus GmbH mit Häusern in Dernbach und Zell, jüngst die Sanierung der insolventen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mit zahlreichen Kliniken im Westerwald und jetzt der insolventen Franziskanerbrüder mit der Klinik St. Marienwörth in Bad Kreuznach: Überall war WMC am Werk. Sogar beim ebenfalls kriselnden Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein hat das Unternehmen seine Finger im Spiel.

Nicht Minister Hoch, sondern Berater gestalten die Krankenhauslandschaft

Ergo: Nicht Gesundheitsminister Clemens Hoch, auch nicht der selbst ernannte Klinikrevolutionär Karl Lauterbach, sondern Berater gestalten gerade die rheinland-pfälzische Krankenhauslandschaft neu – finanziert mit Millionen der Beitragszahler. Hoch und die Ampel machen sich derweil einen schlanken Fuß: Sie können für den von vielen Bürgern als Kahlschlag wahrgenommenen kalten Strukturwandel nicht in Haftung genommen werden. Schuld sind Sanierer und Krankenhausträger.

Dabei machen die nur das, wozu die Politik in Mainz keinen Mut hat, wofür es aber schon lange Konzepte und Ideen gibt. Allein, die Sanierer erledigen ihren Job eben nur für einzelne Standorte der Träger, die sie engagiert haben, nicht aber für Regionen oder gar länder- und trägerübergreifend. Dafür ist die Politik, konkret Clemens Hoch, zuständig. Der hat jetzt von einem weiteren Berater, dem renommierten Klinikexperten Boris Augurzky, eine Blaupause für die Umsetzung der Klinikreform in Rheinland-Pfalz frei Haus bekommen.

Lösungen für Brandherde in Westerwald, Eifel, Bad Kreuznach und Koblenz liegen lange vor

Kurios: Für all die Brandherde im Rhein-Lahn-Kreis, im Westerwald, in der Eifel, in Bad Kreuznach oder Koblenz finden sich darin Lösungen, die seit Langem auf dem Tisch liegen. Das Gutachten zeigt eindrucksvoll, wie sich die Gesundheitsversorgung auch in strukturarmen Gebieten mit landesweit 30 Prozent weniger Kliniken sicherstellen lässt. Kernelement sind Zentralkliniken, die vernetzt sind mit niedergelassenen Ärzten, in denen sich die immer rarer werdenden Fachkräfte konzentrieren und in denen immer mehr ambulant operiert wird. Das Ganze kostet sogar weniger, als Rheinland-Pfalz aus dem noch zu schaffenden 50-Milliarden-Euro-Transformationsfonds zusteht.

Jetzt ist Mainz am Zug, als Moderator und Gestalter. Jetzt ist Mut gefragt statt des für die SPD so typischen strukturkonservativen Zauderns und Wegduckens in der Gesundheitspolitik. Die Bürger sollten sich eines bewusst machen: Gerät ihr Krankenhaus in die Insolvenz oder schließt sogar, ist das nicht Folge der Raffgier von Klinikmanagern, sondern in erster Linie Resultat einer falschen Politik.

E-Mail: christian.kunst@rhein-zeitung.net

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