Koblenz
Kommentar zum geplanten Gender-Verbot in Bayern: Markus Söder ist ein Feind der Redefreiheit
Finn Holitzka
Finn Holitzka
Jens Weber. MRV

Unser Kommentator meint: Niemand muss gendern - aber es wie Markus Söder an Schulen in Bayern verbieten zu wollen, ist ein radikaler Angriff auf demokratische Grundrechte. Warum Söders Stil an ungute deutsche Tradition erinnert, schreibt RZ-Redakteur Finn Holitzka.

Finn Holitzka
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Jens Weber. MRV

Nein, niemand sollte gendern müssen. Und wer nicht gendert, wie die Mehrheit der Deutschen, der ist deswegen ganz sicher kein schlechter Mensch. Jede*r kann das selbst entscheiden. Aber wenn Regierungen sich rausnehmen, Schulen und Redaktionen den Sprachgebrauch vorschreiben zu wollen, dann hört der Spaß auf.

„Forschung und Lehre sind frei“, das ist einer der fundamentalen Sätze der Bundesrepublik. Auch die Pressefreiheit ist in unserem Land unverbrüchlich. Markus Söder weiß das. Trotzdem gottschalkt er im Stile eines Bierzeltbarons von Sprechverboten, die vor keinem Gericht je Bestand hätten. Und zwar nicht flapsig im Eifer einer Talkshow. Sondern im Landtag.

Das ist nicht nur Maulheldentum, das offenbart auch, was für ein Feind der Freiheit Markus Söder in Wahrheit ist. Freiheit ist nämlich nicht das Gefasel vom „gesunden Menschenverstand“ oder das Recht des Stärkeren. Freiheit muss immer auch den Schutz der Wenigen meinen. Egal, was man davon hält.

Autoritärer Stil und Antisemiten-Bruder

Söder hat diesen autoritären Stiefel schon in der Corona-Pandemie gespielt, als in Bayern immer noch ein Stückchen härter gelockdownt wurde als im Rest des Landes. Mit einem Antisemiten-Bruder als Stellvertreter haben er und Bayern auch kein größeres Problem.

Freiheit ist nämlich nicht das Gefasel vom „gesunden Menschenverstand“ oder das Recht des Stärkeren. Freiheit muss immer auch den Schutz der Wenigen meinen.

Schlimm genug wäre es, wenn „nur“ der mächtigste Landeschef und mehrfache Kanzlerkandidaten-Kandidat so drauf wäre. Aber in Hessen macht die CDU unter Boris Rhein genau da weiter, und die SPD kuscht sich zur Komplizin. Dort will man sogar der Uni von Adorno und dem Hessischen Rundfunk reinsödern. Ständig wird behauptet, wir lebten in einer „zu linken“ Gesellschaft – zuletzt etwa von Hans-Georg Maaßen, der in Koblenz hofiert wurde. Ganz ehrlich: Was für ein Hohn.

Frühwarnsystem Gender-Diskussion

Am Ende wird nicht entscheidend sein, wer in diesem Land welche Sonderzeichen benutzt. Sondern, ob wir uns für die Freiheit einsetzen, oder nach unguter deutscher Tradition dem Autoritarismus verfallen. Das Gendern taugt da mindestens als Frühwarnsystem.

Alle, die zuletzt „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ auf den Lippen hatten, sollten nun Tacheles reden: Ging es euch wirklich um Redefreiheit? Oder nur um die Freiheit der Stammtische? Niemand muss gendern. Lasst es meinetwegen alle bleiben. Aber ein Verbot wäre ein demokratisches Armutszeugnis für dieses Land.

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