Jetzt stellen sich auch die Koblenzer Genossen gegen die Haltung der Landes-SPD
Kippen die Straßenausbaubeiträge? Jetzt stellen sich auch die Koblenzer Genossen gegen die Haltung der Landes-SPD
Wenn Straßen wie hier der Plankenweg in Koblenz-Neuendorf ausgebaut werden, werden die Anlieger (noch) an den Kosten beteiligt.
Jens Weber

Rheinland-Pfalz. Im Streit um die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen weht der Landes-SPD ein immer stärkerer Wind aus den eigenen Reihen ins Gesicht. Auch in der SPD Koblenz wächst jetzt der Widerstand gegen die Linie der Landesregierung, an den umstrittenen Beiträgen festzuhalten. SPD-Stadtverband und Stadtratsfraktion haben sich nach kontroverser Debatte für die Abschaffung ausgesprochen. Das sagte der Koblenzer SPD-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Detlev Pilger im Gespräch mit unserer Zeitung.

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Wenn Straßen wie hier der Plankenweg in Koblenz-Neuendorf ausgebaut werden, werden die Anlieger (noch) an den Kosten beteiligt.
Jens Weber

„Für uns ist es eine missliche Lage. Wir haben das Problem, dass wir uns damit gegen die Landesregierung stellen“, erklärten Pilger und die SPD-Fraktionschefin im Stadtrat, Marion Lipinski-Naumann. Sie sagen aber auch: „Wir können die Bürgersorgen gut verstehen.“ Auch in Koblenz sei der Unmut in den vergangenen Wochen gewachsen, seitdem die Landes-CDU den Vorschlag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gemacht habe. Sollte das Land dem nicht folgen können, will die SPD wiederkehrende Beiträge für Koblenz befürworten. Dies hält die Partei für die Bürger für verkraftbar.

Neben der CDU hat auch die im Land mitregierende FDP angekündigt, das Thema Straßenausbaubeiträge für den Kommunalwahlkampf auf die Agenda zu setzen. Die AfD plädiert ebenfalls für die Abschaffung der Beiträge, die sich oft auf fünfstellige, im Einzelfall sogar auf sechsstellige Beträge belaufen können. Stattdessen soll der Straßenausbau aus Steuermitteln finanziert werden.

Baden-Württemberg, Hamburg, Bayern und Berlin haben die Straßenausbaubeiträge bereits gestrichen. Auch in Thüringen sollen seit dem 1. Januar 2019 keine Beiträge mehr erhoben werden, weil die rot-rot-grüne Koalition sie rückwirkend abschaffen will. Im schwarz-grün regierten Hessen und in Nordrhein-Westfalen kämpft die SPD-Opposition derzeit für die Abschaffung der Beiträge.

Bei Innenminister und SPD-Parteichef Roger Lewentz hingegen herrscht angesichts des Koblenzer Vorstoßes vermutlich wenig Begeisterung. Die SPD-Landtagsfraktion hält bislang an den Ausbaubeiträgen fest. Man habe „ein gutes und gerechtes System gefunden“, sagte jüngst Martin Haller, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD. Das System habe sich in Jahrzehnten bewährt, meinte er – und sieht dabei auch die kommunalen Verbände auf seiner Seite.

Detlev Pilger (SPD)
SPD

Der rheinland-pfälzische Bund der Steuerzahler hingegen begrüßte den Vorstoß aus dem Koblenzer SPD-Stadtverband. „Es ist nachvollziehbar, dass der Widerstand aus der Basis größer wird“, sagte Geschäftsführer René Quante. Immerhin sei „die überwältigende Mehrheit der SPD-Landesverbände in Deutschland aus guten Gründen gegen Straßenausbaubeiträge“. In der ausgezeichneten Haushaltslage müsse für eine finanzielle Kompensation der Kommunen auch gar nicht an anderer Stelle im Landeshaushalt gespart werden, ergänzte Quante angesichts eines jetzt verkündeten Haushaltsüberschusses von rund 868 Millionen Euro für das Jahr 2017. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Ampel-Koalition „keinen einzigen Cent zur Entlastung der Bürger übrig hat, aber bald 1 Milliarde an Rücklagen hortet“.

Nach Schätzungen des Steuerzahlerbundes würde die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge das Land rund 50 Millionen Euro pro Jahr kosten. „Insofern würden 900 Millionen Euro ausreichen, um die Kompensation fast zwei Jahrzehnte lang bezahlen zu können“, rechnete Quante vor. Der Gemeinde- und Städtebund hingegen kalkuliert mit Kosten von bis zu 500 Millionen Euro und fordert, statt einer Abschaffung das vorhandene System zu modifizieren.

Die SPD Koblenz ist eine wichtige, aber längst nicht einzige Stimme, die sich gegen die Linie der Landes-SPD stellt. Auch die SPD im Stadtrat Idar-Oberstein (Kreis Birkenfeld) hat einem Antrag zugestimmt, die Straßenausbaubeiträge komplett abzuschaffen.

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