Frau Klöckner, drei Bauernweisheiten – welche trifft auch heute zu? a) Bauer werden ist nicht schwer, Bauer bleiben ist eine Ehr. b) Bauernleben ist am fröhlichsten und voller Hoffnung. c) Je kleiner das Dorf, desto bissiger die Hunde.
(lacht) Alle drei Bauernregeln enthalten viel Wahres. Sonst hätten sie sich ja nicht bis heute gehalten.
Welche gefällt Ihnen am besten?
Die zweite mit der Fröhlichkeit und der Hoffnung. Es geht um Lebensmittel und Zukunft.
Worin fühlen Sie sich wohler: in Gummistiefeln oder im Galakleid?
Alles zu seiner Zeit. Ich gehe nicht mit Gummistiefeln auf einen Ball und auch nicht mit einem Ballkleid in den Kuhstall. Ich besitze beides, und ich kann schnell das Schuhwerk wechseln.
Fehlt Ihnen das Leben auf dem Land, wenn Sie jetzt als Ministerin auf Berlin festgelegt sind?
Ich werde an den Wochenenden auch noch rauskommen. Es kann ja nicht sein, dass ich für den ländlichen Raum zuständig bin, aber in Berlin wie in Tupperware eingemacht lebe.
Der Bauernverband beklagt, dass der Ausbau des Glasfasernetzes für schnelles Internet bis 2025 zu lang dauert. Haben Sie da mehr Ehrgeiz?
Wir wollen deutschlandweit Lücken im Mobilfunk schließen und den neuen G 5-Standard einführen. Das ist besonders für die ländlichen Räume wichtig. Die Kommunen haben bereits die Zusagen für den Breitbandausbau – die Mittel müssen jetzt abgerufen werden. Vielerorts führt das zu einer starken Auslastung im Baubereich und deshalb zu Verzögerungen. Hier müssen wir noch schneller werden. Ich bin im vergangenen Jahr einen GPS-gesteuerten Mähdrescher gefahren. Oder schauen Sie sich die technische Präzision an, mit der heute Pflanzenschutzmittel und Dünger ausgebracht werden können. Nicht mit der Gießkanne, sondern ganz gezielt. Eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Sprit auf ein Minimum ist dadurch möglich. Auch die Versorgung und das Melken von Kühen im Stall kann durch eine digitale Steuerung so optimiert werden, dass sich die Tiere wohlfühlen und der Bauer bei Problemen über eine App alarmiert werden kann. Ohne schnelles Internet nützt die ganze Technik aber nichts.
Der Bauernverband fordert auch, dass Noten für Fleischwaren vergeben werden sollen, je nachdem, wie gut die Schweine gehalten wurden. Was halten Sie davon?
Die Verbraucher wollen wissen, woher ein Tier kommt und wie es gehalten wurde. Es gibt dazu bereits verschiedene Initiativen aus der Branche und von Supermärkten. Für mich steht fest: Verlässlichkeit und Übersicht für die Verbraucher gibt es nur mit einem staatlichen Label, an dessen Einführung wir bereits arbeiten. Wir müssen darauf achten, dass wir den Verbrauchern eine klare Orientierung an die Hand geben. Das staatliche Tierwohllabel wird klare, einheitliche Kriterien haben. Das ist transparent und eine wirkliche Hilfe bei der Kaufentscheidung.
Wenn wir bald vor der Supermarkttheke stehen, erkennen wir auf den Salamipackungen, wie das Tier gelebt hat, dessen Wurst da liegt?
Das ist das Ziel eines staatlichen Tierwohllabels. Und die Verbraucher können entscheiden, was ihnen Tierwohl auch im Preis wert ist.
Werden die Fleischpreise steigen?
Es wird immer noch so sein, dass es auch preiswertes Fleisch gibt. Die Verbraucher sollen sich künftig aber bewusst dafür entscheiden können, zu den Waren zu greifen, die aus Ställen mit mehr Tierwohl kommen. Ich werde niemandem Vorschriften machen, was er kauft und isst, aber ich sehe, dass das Bewusstsein bei diesem Thema wächst.
Was unternehmen Sie, dass die Tiere nicht mehr unter grausamen Umständen zum Schlachter transportiert werden?
Wir sind Spitzenreiter in der EU beim Tierschutz, aber wir wollen natürlich noch besser werden. Gerade Tiertransporte treffen die gesamte EU. Gemeinsam mit unseren dänischen und niederländischen Nachbarn haben wir uns schon 2014 für mehr Tierschutz beim Transport starkgemacht. Im vergangenen November hat mein Amtsvorgänger den zuständigen EU-Kommissar aufgefordert, nicht hinnehmbare Verhältnisse bei Tiertransporten zu beenden – da bleibe ich dran. Bei unserem Tierwohllabel werden wir Zeiten festlegen, wie und wie lang Tiere zum Schlachten transportiert werden dürfen.
Sollte der Ökolandbau weiter ausgeweitet werden?
Wir haben uns das Ziel gesetzt, Ökolandbau bis 2030 auf 20 Prozent auszubauen. Heute sind wir bei etwa 8 Prozent Anteil. Die Nachfrage bei Verbrauchern nach Ökoprodukten steigt. Viele Verbraucher setzen aber auch auf einen Mix aus Öko- und konventionellen Produkten. Ich halte daher nichts davon, Öko und konventionellen Anbau gegeneinander auszuspielen.
Was halten Sie von Flüchtlingen als Erntehelfer?
Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive bei uns haben, müssen auch eine Chance haben, dauerhaft in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Hilfe in der Erntezeit ist von Natur aus nur für kurze Dauer angelegt. Damit erreichen wir unser Ziel nicht. Es kann eine Möglichkeit sein, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Die Erfahrungen vor Ort sind sehr unterschiedlich, es kommt eben immer auf die handelnden Menschen an, auf beiden Seiten.
Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Im Jahr 2021 wird Merkel . . .
… drei Jahre älter sein.
Das Gespräch führten Eva Quadbeck und Kristina Dunz