Nach dem Wahldebakel
Ist die FDP in Rheinland-Pfalz noch zu retten?
Die Liberalen in besseren Zeiten 2020: Kurz darauf gelang ihnen die erneute Beteiligung an einer Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz mit Daniela Schmitt und wenig später auch im Bund mit Volker Wissing (inzwischen parteilos).
Frank Rumpenhorst. picture alliance/dpa

Die Liberalen stehen unter Schock – durch die Wahlschlappe und den plötzlichen Tod ihres Justizministers. Wie die FDP die Nachfolge regeln will und warum sie auch um den Einzug in den Landtag bangen muss.

Nach der historischen Wahlschlappe steht die FDP mit dem Rücken zur Wand. Prägende Figuren wie Christian Lindner verlassen das sinkende Schiff. Für den rheinland-pfälzischen Landesverband ist das Ausscheiden aus dem Bundestag ein Jahr vor der Landtagswahl besonders brisant. Im Südwesten ist die FDP zwar noch an der Regierung beteiligt – daneben nur noch in Sachsen-Anhalt. Bei der Bundestagswahl verloren die Liberalen in Rheinland-Pfalz aber mehr als sieben Prozentpunkte, sackten unter die Fünf-Prozent-Hürde. 2026 geht es für die FDP deshalb ums politische Überleben.

Zunächst plagen die Landes-FDP aber Personalsorgen. Sie muss sich durch zwei Verluste prägender Figuren neu aufstellen. Schon Ende vergangenen Jahres verließ Bundesverkehrsminister Volker Wissing nach dem Ampel-Aus die Partei. Der Pfälzer fungierte als Gehirn und Kopf der Liberalen. Ähnlich wie im Bund bei Christian Lindner war die Partei nur auf ihn zugeschnitten – ohne viel Diskussion, ohne klare Nachfolge.

Nach Wissing: Noch immer ist der Parteivorsitz vakant

Die FDP tat sich nach Wissings Austritt deshalb schwer, die Parteispitze sofort neu zu besetzen. Die Frage wurde aufgeschoben auf den Parteitag Anfang April. Seit dem Austritt führen Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt sowie die Bundestagsabgeordnete Carina Konrad als Stellvertreter die Partei. Konrad verliert nun aber ihr Mandat. Und Schmitt? Sie machte bislang zwar keinen Hehl daraus, Verantwortung übernehmen zu wollen. Sie konnte sich allerdings auch nicht dazu durchringen, ihre Kandidatur anzukündigen. Schmitt hat keine klassische Parteikarriere hinter sich, ist im Grunde aber die einzige realistische Option. Zuletzt wurde Kritik laut, dass sie auf Tauchstation gegangen sei, als die FDP im Bundestag mit der AfD abgestimmt hatte.

Am vergangenen Freitag riss der plötzliche Tod des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin eine weitere Lücke bei der FDP auf – persönlich wie politisch. Der Schock sitzt noch immer tief bei den Liberalen. Unerwartet stellt sich deshalb nun eine neue Personalfrage. Intern laufen Gespräche über die Nachbesetzung, eine Entscheidung soll nach Informationen unserer Zeitung aber noch nicht gefallen sein. Bis zur offiziellen Verkündung wollen die Liberalen ohnehin die noch nicht terminierte Trauerfeier abwarten.

Mertin-Nachfolge: Vor allem zwei Namen werden diskutiert

Für Mertins Nachfolge liegen drei Optionen nahe. Entweder der Staatssekretär im Justizministerium, Matthias Frey, rückt auf. Es wäre die einfachste Lösung. Auch möglich, aber überraschender käme ein Wechsel des derzeitigen Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Andy Becht. Oder Philipp Fernis, FDP-Fraktionsvorsitzender im Landtag, übernimmt das Justizressort. Sein Wechsel wäre logisch: Vor seiner Zeit als Fraktionschef war er bereits Staatssekretär im Justizministerium. Dass er sich das Amt immer vorstellen konnte, ist ein offenes Geheimnis. Fraglich ist nur, ob auch unter diesem Umständen.

Denn Fernis‘ Wechsel würde eine neue Lücke bei der FDP aufreißen, die weniger leicht mit der dünnen Personaldecke gefüllt werden könnte. Der 42-Jährige ist eines der wenigen jüngeren politischen Talente, denen man auch über die Parteigrenzen hinweg mehr zutraut. Der zweite starke Mann der Gruppe, der Parlamentarische Geschäftsführer Marco Weber, hat mit dem Posten zwar schon einmal geliebäugelt. Allerdings ist der Eifeler zwischenzeitlich auch Bauernpräsident geworden. Verbandsvorsteher und Fraktionschef in einer Person: undenkbar. Schon die aktuelle Doppelrolle wird intern kritisch beäugt.

Spätestens nach Klärung der Personalfragen werden die Liberalen den Fokus auf die Landtagswahl legen müssen. In anderen Ländern waren sie zuletzt mehrfach aus Parlamenten geflogen oder verloren die Regierungsbeteiligung. Rheinland-Pfalz ist eigentlich FDP-Stammland. Trotzdem scheiterte die Partei 2011 an der Fünf-Prozent-Hürde, und auch 2021 landete sie nur knapp darüber. Die Liberalen wollen deshalb bis zur Wahl 2026 ihren schlechten Ruf aus Berlin loswerden. Es bleibt aber wenig Zeit, um die schwindende Basis zu mobilisieren.

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