Der Landesrechnungshof sieht bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) ein Einsparpotenzial beim Personal in Höhe von 13 Millionen Euro: 59 Stellen kurzfristig, weitere 108 Stellen mittelfristig. Was sagen Sie dazu?
Der Landesrechnungshof hat die Einsparpotenziale für alle Mittelbehörden einschließlich der ADD in Trier ermittelt und gesagt, dass die Einsparziele der Landesregierung mit der Verwaltungsreform aus dem Jahr 2000 nicht umgesetzt worden seien. Für die SGD Nord kann ich sagen, dass diese Einsparziele erreicht wurden. Wir haben seitdem 71 Stellen eingespart, aber auch in diesem Zeitraum neue Aufgaben hinzubekommen. Alles zusammengerechnet, kommen wir auf die Einsparziele, die damals von der Landesregierung beabsichtigt worden waren, und überschreiten sie sogar.
Was sind das für neue Aufgaben seit 2000?
Jüngstes Beispiel ist die Industrie-Emissionsrichtlinie der EU. Wir werden in Gewerbebetrieben regelmäßig kontrollieren und dies auch dokumentieren müssen. Hierfür haben wir einen Personalbedarf von 7,8 Stellen ermittelt. Wie viele Stellen wir letztendlich von den Ministerien bewilligt bekommen, ist noch offen. Weiteres Beispiel ist der Vollzug des Treibhausemissionshandelsgesetzes. Wir haben das mal summiert: Zwischen 2004 und 2013 haben wir für diese zusätzlichen Aufgaben einen Personalzusatzbedarf von 44 Stellen festgestellt, von denen wir nur zehn tatsächlich erhalten. Das zeigt, welchen Umfang diese zusätzlichen Aufgaben haben. Diese Stellen müssen bei den Einsparpotenzialen entsprechend berücksichtigt werden.
Das ist es wohl, was der Rechnungshof als „fiktive Einsparung“ kritisiert. Wie bewerten Sie das damalige Versprechen, dass die Behördenreform 180 Millionen Euro Personalkosten sparen soll?
Die Einsparung, die wir erreicht haben, ist nicht fiktiv, sondern real. Wir haben 71 Stellen seit dem Jahr 2000 eingespart, das sind 15 Prozent. Man kann doch nicht außer Acht lassen, dass in der Zwischenzeit auf der einen Seite Tariferhöhungen stattgefunden haben, auf der anderen Seite zusätzliche Aufgaben auf uns zugekommen sind.
Wie kommt der Rechnungshof zur Schlussfolgerung, dass 71,5 Stellen bei der SGD Nord, das sind noch einmal 17,4 Prozent des Personalbestands, entbehrlich seien?
Der Rechnungshof sagt selbst, dass er keine genauen Personalbedarfsberechnungen und keine Organisationsuntersuchung vorgenommen hat. Seine Aussagen zum Beispiel zum IT-Einsatz oder zur Schließung von Regionalstellen basieren zum Teil auf pauschalen Annahmen, die dann aber in der Öffentlichkeit als feststehende Zahlen für Einsparpotenziale verkauft werden, und das kritisieren wir.
Es gibt elf organisatorisch selbstständige Regionalstellen der SGDn, laut Landesrechnungshof mit weniger als zwei Besuchern pro Tag. Ist das noch zeitgemäß?
Als die SGDn gebildet wurden, wurden die damals eigenständigen Staatlichen Ämter integriert. Im Bereich der SGD Nord gibt es drei Regionalstellen in Montabaur, Idar-Oberstein und Trier. Wir halten es für falsch, nur den Besucherverkehr als Bewertungsgrundlage zur Schließung zu nehmen. Ich bin sicher, dass ähnliche Zahlen herauskämen, wenn man bei den Außenstellen des Landesrechnungshofs Besucherlisten auslegen würde. Wir sind keine Führerscheinstelle, sondern ein Dienstleister, der insbesondere bei den Betrieben und Kommunen tätig ist, dort müssen wir bei Beschwerden schnell vor Ort sein. Ich bin sicher, dass der Rechnungshof gute Argumente hat, seine Außenstellen aufrechtzuerhalten. Auch wir haben gute Argumente, weiterhin in der Region vertreten zu sein.
Der Rechnungshof sieht keine abgestimmte IT-Infrastruktur bei den SGDn, keine übergreifende IT-Planung. Wie zufrieden sind Sie mit dem IT-Bereich?
Unsere Behörde ist für verschiedene Ministerien tätig, deshalb werden traditionell unterschiedliche IT-Anwendungen verwendet. Wie jeder aus dem privaten Bereich weiß, ist es sehr schwierig, Softwareentwicklung mit entsprechenden Anwendungen kompatibel zu machen. Es gibt spezielle Anwendungen in der Gewerbeaufsicht und andere in der Wasserwirtschaft. Man kann natürlich darüber diskutieren, das alles zusammenzuführen. Aber damit sind sicher nicht solche Einspareffekte zu erzielen, wie sie der Rechnungshof in den Raum stellt.
Mehr Aufgaben auf der einen Seite, weniger Personal auf der anderen: Wie geht es dem typischen Mitarbeiter der SGD Nord im Alltag?
Wir haben sehr viele engagierte Mitarbeiter, die auch weit über das normale Maß hinaus tätig sind. Gerade für die Leistungsträger ist es ein Schock, und es demotiviert sie, wenn sie lesen müssen, dass die SGD zu viele Stellen habe. Der Alltag sieht anders aus. Wir haben inzwischen eine wachsende Zahl von Burnout-Erkrankungen, weil die Vollzugsdefizite jetzt schon enorm sind. Zum Beispiel gibt es einen Stau von 200 Rechtsverordnungen zu Wasserschutzgebieten, die noch zu überarbeiten sind, weil die alten Verordnungen ausgelaufen sind. In der Gewerbeaufsicht sind Mitarbeiter jetzt schon überlastet, schieben einen Berg von Arbeit vor sich her und sehen jetzt noch die Emissionsrichtlinie auf sich zukommen. Zunehmend verlieren wir auch viele Mitarbeiter an die freie Wirtschaft, weil der öffentliche Dienst zunehmend an Attraktivität verliert.
Zur Entlastung schlägt der Rechnungshof vor, die Lenk- und Ruhezeiten für Lkw- und Busfahrer nicht mehr direkt bei den Fuhrunternehmen zu überwachen. Es genügt das Prüfen von Unterlagen.
Wir hatten erst vor Kurzem gemeinsam mit der Polizei eine größere Vor-Ort-Kontrolle bei einem Paketdienstleister. Dabei sind erhebliche Verstöße festgestellt worden, die man nicht vom Schreibtisch aus hätte feststellen können, das ging auch durch die Medien. Gerade Paketdienstleister bedienen sich selbstständiger Unternehmer, und wenn man nicht direkt an Ort und Stelle überprüft, werden nicht alle Verstöße festgestellt. Insofern ist es notwendig, auch vor Ort zu kontrollieren.
Der Landesrechnungshof hat die SGDn 13 Monate lang geprüft. Was halten Sie von der fachlichen Qualität des abschließenden Berichtes?
Ich habe mich gewundert, dass man vier Monate gebraucht hat, um mit Mitarbeitern ein Eröffnungsgespräch zu führen und dann nach 13 Monaten einen Bericht mit 55 Seiten ohne belastbare Angaben vorlegt. Ich denke, dass man das sicherlich professioneller hätte machen können, und frage mich auch: Wer prüft die Prüfer? Gibt es eine gegenseitige Kontrolle der Landesrechnungshöfe, um die Effizienz ihrer Prüfmethoden zu durchleuchten? Ich habe jedenfalls in den 13 Monaten erlebt, dass das Vorgehen nicht besonders effizient war.
Braucht man zur Analyse der Wasserproben wirklich drei Labore, von denen zwei nicht ausgelastet sind?
Der Landesrechnungshof hat kurioserweise das Labor in Trier als das effizienteste benannt und es als Maßstab für die beiden anderen angelegt, genau dieses aber zur Schließung vorgeschlagen. Das passt nicht zusammen. Der Rechnungshof hat auch nicht betrachtet, dass sich der Transportaufwand erhöht, wenn Proben aus Gewässern nach der Entnahme ins Zentrallabor nach Koblenz gefahren müssen. Letztendlich wird es eine Entscheidung im politischen Raum sein, ob man eine regionale Vertretung oder regionale Labore aufrechterhalten will.
Sie waren noch zu Zeiten der Bezirksregierung Beigeordneter im Kreis Neuwied. Wie haben Sie damals die Zentralisierung der Mittelbehörden gesehen?
Ich habe hautnah die Auflösung der Bezirksregierung und die Bildung der SGD Nord verfolgt. Ich muss sagen, es ist eigentlich eine sehr gelungene Reform – trotz meiner anfänglichen Skepsis. Ich fand die Bündelung der Fachbehörden mit den früheren Aufgaben der Bezirksregierung zu einer übergreifenden Umweltbehörde sehr sinnvoll und würde diese Struktur auch weiterhin als Erfolg bezeichnen.
Mit dem Vorgehen des Landesrechnungshofes sind Sie offenkundig nicht glücklich. Was würden Sie davon halten, die Mittelbehörden von einem Beratungsunternehmen durchleuchten zu lassen?
Die Arbeit der SGD ist nur sehr schwierig in feste Kennzahlen zu fassen. Wahrscheinlich würde auch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen nicht zu grundlegend anderen Erkenntnissen kommen. Viele Vorgänge passen einfach nicht in ein Benchmark. Am Beispiel der Biogasanlage in Anhausen, die massive Bürgerproteste wegen Gewässerverunreinigungen und Geruchsbelästigungen ausgelöst hat, kann man sehen, wie wichtig es ist, dass eine Behörde mit den Bürgern gemeinsam an der Ursachenforschung wirkt und vielleicht etwas mehr tut, als dies normalerweise gefordert wäre. Wenn man das mit irgendwelchen Kennziffern versehen hätte, wäre es natürlich unwirtschaftlich. Aber das ist Bürgernähe, und so verstehen wir uns auch. Die Frage ist politisch zu sehen: Will man eine bürgernahe, dienstleistungsorientierte Verwaltung?
Das Gespräch führten Christian Lindner und Claudia Renner