Der Hintergrund ist simpel: Die garantierte Flusstiefe des Rheins liegt zwischen Mainz und St. Goar nur bei 1,90 Meter – auf der übrigen Strecke zwischen Basel und Rotterdam hingegen bei mindestens 2,10 Meter. 20 Zentimeter mehr, und der Nutzen wäre enorm. Demnach könnten mit der tieferen Fahrrinne die Kosten je Ladungstonne um rund 20 Prozent gesenkt werden. Ein einziges Frachtschiff könnte im Schnitt 200 Tonnen mehr Ladung pro Fahrt transportieren. 50.000 solcher Schiffe verkehren entlang der idyllischen Strecke am Mittelrhein.
Angesichts dieser Zahlen hatten die Anrainerländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen bereits im Juni die sogenannte Wiesbadener Erklärung an Bundesverkehrsminister An-dreas Scheuer (CSU) adressiert. Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) sprach von acht fehlenden Ingenieuren, ab 2019 sind es sogar 21. „Wenn das erklärte Ziel, die Binnenschifffahrt in Europa leistungsfähiger zu machen, erreicht werden soll, dann sind alle Akteure gefordert, das Projekt Rheinvertiefung gemeinsam mit einer hohen Priorität anzugehen“, betonte Arne Rössel, Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.
Was ist seitdem geschehen? Wenig bis nichts, geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage hervor. „Während wir in Rheinland-Pfalz die dringend benötigten Planungskapazitäten für den weiteren Ausbau unseres Verkehrswegenetzes geschaffen haben, bekommt das Unions-Verkehrsministerium in Berlin nichts auf die Beine“, sagte Wink. Er erwartet, dass nun „schnell das notwendige Personal für den weiteren Ausbau der Infrastruktur“ bereitgestellt wird. Der warme und trockene Sommer hat die Schwierigkeiten am Rhein noch einmal deutlicher gemacht. Denn gerade bei mittleren und niedrigen Wasserständen kommt es zu Problemen. Der Rhein wird allerdings trotz klimatischer Veränderung mittelfristig eine wichtige Rolle innerhalb der rheinland-pfälzischen Infrastruktur spielen: Laut der Studie KLIWAS (Klima, Wasser, Schifffahrt), die im Rahmen eines Bundesforschungsprogramms erstellt wurde, ändern sich die Abflussverhältnisse (also der Wasserstand) bis zum Jahr 2050 nur graduell.
Ein Extremereignis wie in diesem Sommer würde die Vertiefung allerdings nur abfedern können. Das Ministerium betont aber, dass die vorgesehene Baumaßnahme auch bei „mittleren Wasserständen positive Auswirkung“ haben wird. KLIWAS beinhaltet aber auch eine allarmierende Erkenntnis: Ab der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts wird die Binnenschifffahrt mit dauerhaft niedrigeren Pegelständen am Rhein rechnen müssen.